20-01-2015
Im Focus
Chinas Smartphones auf Erfolgskurs
von Zhou Xiaoyan

Smartphones „Made in China" legen exponentiell zu, um es mit weltweiten führenden Unternehmen wie Apple und Samsung aufzunehmen.

Vorstoß auf den malaysischen Markt: Das chinesische IT-Unternehmen Huawei brachte am 13. November 2014 in Kuala Lumpur sein neues Smartphonemodell "Mate 7" auf den Markt.

 

Han Yu, ein 24-jähriger Doktorand aus Beijing, ist ein begeisterter Fan von Xiaomi Technology, einem Hersteller von Smartphones, Tablets und Fernsehern aus Beijing. Wie hunderttausende anderer Anhänger des Unternehmens verbringt er jeden Tag Stunden damit, die Bedieneroberfläche der Handys zu testen, um Bugs zu finden und dem Unternehmen Verbesserungstipps zu geben. Er ist verantwortlich für mehrere Bereiche im Online-Forum von Xiaomi, eine Plattform, auf der Fans mit dem heimischen Smartphone-Anbieter kommunizieren können. Täglich werden dort mehr als 200.000 neue Posts veröffentlicht.

Sein Leben drehe sich nur um Xiaomi, sagt Han, durch das Forum habe er viele neue Freunde kennengelernt. "Xiaomi hat bei seinem letzten Update meinen Tipp angenommen, einen Ordner für Privatfotos anzulegen. Das ist eine Ehre für mich. Ich bin wirklich froh darüber, dazuzugehören", erklärt er.

Xiaomi bedeutet auf Deutsch "Hirse", das Unternehmen wurde im April 2010 in Zhongguancun, Beijings Technologiezentrum, auch „Chinas Silicon Valley" genannt, gegründet. Der Name passt gut zum Unternehmen, denn es konnte ein bedeutendes Wachstum verzeichnen. In den vergangenen Jahren entwickelte es sich von einem wenig bekannten Handyhersteller zu einem der Top-Smartphone-Anbieter in China, dem größten Handymarkt der Welt, und hat eine gut organisierte Anhängerschaft, die das Unternehmen liebt und vergöttert.

Xiaomi ist nicht der einzige chinesische Smartphonehersteller, der sowohl im In- als auch im Ausland exponentiell wächst. Auch andere heimische Marken wie Lenovo, Huawei, Coolpad und Vivo nähern sich den Weltmarktführern Samsung und Apple an. Der Wettbewerbsvorteil der chinesischen Unternehmen liegt in ihren vernünftigen Preisen, einer leistungsfähigen Hardware und einer maßgeschneiderten Software. Das ist für viele chinesische Verbraucher sehr attraktiv, die sich ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis bei ihren Smartphones wünschen.

Ganz im Gegensatz zum Boom bei Chinas Smartphoneherstellern ist Samsungs Marktanteil rückläufig. Im dritten Quartal 2014 lag sein Anteil am Weltmarkt bei 23,8 Prozent, eine deutliche Abnahme verglichen zu den 32,5 Prozent des dritten Vorjahresquartals, so die International Data Corp. Nach Angaben des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Canalys schrumpfte Samsungs Anteil am chinesischen Markt im gleichen Zeitraum von 21 Prozent auf 14 Prozent.

 

Aufstieg chinesischer Marken

Xiaomis Aufstieg war ziemlich erstaunlich. Nur wenige Jahre nach der Ankündigung des ersten Smartphonemodells im August 2011 ist es nun der drittgrößte Smartphoneanbieter der Welt (nach Angaben der International Data Corp.) und laut Canalys der größte in China.

Nach eigenen Angaben verkaufte Xiaomi 2014 61,12 Millionen Mobiltelefone, ein Zuwachs von 227 Prozent. Die Umsatzerlöse erreichten 2014 insgesamt 74,3 Milliarden Yuan, 135 Prozent mehr als 2013. Das Unternehmen will 2015 weltweit 100 Millionen Smartphones verkaufen. Ende letzten Jahres meldete das Unternehmen, 1,1 Milliarden Dollar in einer weiteren Finanzierungsrunde aufgebracht zu haben, der Wert des Unternehmens erreichte damit 45 Milliarden Dollar, Rekord für ein nicht börsennotiertes Technologieunternehmen.

Trotz der hervorragenden Performance im vergangenen Jahr erklärte Xiaomi-Gründer und Geschäftsführer Lei Jun, dass man sich angesichts des „unglaublich brutalen" Wettbewerbs auf Chinas Handymarkt nicht auf dem erreichten Erfolg ausruhen dürfe. Denn Xiaomi ist verstärkt dem Wettbewerb durch einheimische Konkurrenten wie Lenovo und Huawei ausgesetzt.

Xiaomis Rivale Lenovo, der größte PC-Hersteller der Welt, konzentriert sich angesichts der nachlassenden Computer-Nachfrage auf die Expansion seiner Handysparte. Nachdem Lenovo im Oktober 2014 für 2,91 Milliarden Dollar Motorola von Google übernommen hatte, meldete das Unternehmen, dass es nun der drittgrößte Smartphoneanbieter der Welt sei und der Abstand zu den Weltmarktführern kleiner werde. Im Januar kündigte Lenovo an, im ersten Quartal nach mehr als zweijähriger Abwesenheit wieder Motorola-Telefone auf den chinesischen Markt zu bringen.

"Die Marke Motorola erfreut sich auf vielen Märkten großer Beliebtheit und wird genießt einen guten Ruf, vor allem, weil es eine amerikanische Marke mit langer Tradition im Handybereich ist", erklärte Jessica Kwee, Analystin beim Marktforschungsunternehmen Canalys in Singapur. „Das ist etwas, mit dem Lenovo Druck ausüben kann."

Die Smartphone-Lieferungen von Huawei, einem führenden Informations- und Kommunikationstechnologieanbieter mit Hauptsitz in Shenzhen, Provinz Guangdong, legten 2014 um 40 Prozent auf 75 Millionen zu. Huaweis jüngste Modelle Honor 6 und Honor 6 plus sind in China ganz groß rausgekommen. Der Verkauf dieser Flagship-Serie, mit der das Unternehmen Xiaomi Konkurrenz machen will, stieg nach Unternehmensangaben 2014 um das 30-fache.

In einer Studie prognostiziert Alan Chen, Analyst beim Marktforschungsinstitut TrendForce, dass Huawei, Xiaomi und Lenovo 2015 um die Position des führenden Smartphoneanbieters in China wetteifern werden. "Wie sich Lenovos Motorola-Übernahme auswirken wird und ob Xiaomi seinen Erfolg auf dem heimischen Markt auch im Ausland wiederholen kann, werden Schlüsselfaktoren dafür sein, wer das Topunternehmen in China wird", so Chen.

 

Aussichten

Der Erfolg einheimischer Marken resultiere aus ihren knappen Gewinnen, erklärte Wang Yanhui, Generalsekretär des Branchenverbands Mobile China Alliance.

"Grund für den sinkenden Marktanteil von Samsung ist die Standardisierung der Herstellungstechnologien für Smartphones. Nachdem chinesische Marken das entsprechende Knowhow erworben haben, werden sie mit ihrem außergewöhnlich guten Preisleistungsverhältnis definitiv große Erfolge auf preissensiblen Märkten feiern. Wenn Samsung nicht die Preise senkt, wird sein Marktanteil weiter abnehmen", so Wang.

Chinesische Smartphones könnten allerdings kaum die Weltbühne beherrschen. "Die Dominanz von Samsung liegt teilweise an seiner starken Lieferkette und der Erfolg von Apple an seinem IOS-System. Auch wenn Chinas Smartphonehersteller gewisse Fortschritte bei den Kerntechnologien erzielt haben, haben sie noch einen langen Weg vor sich", erklärte Wang. "Ihre Position als weltweite Topanbieter von Smartphones wird durch ihre enormen Umsätze in China gestützt. Der Gesamtanteil chinesischer Hersteller am Weltmarkt ist aber relativ begrenzt."

"Huawei hat eigene patentierte Chips entwickelt, aber die Lieferkette hinkt stark hinter Samsung zurück. Der Umsatzvolumen von Xiaomi wächst schnell, aber seine Gewinnspanne ist sehr dünn, deutlich niedriger als bei Samsung." Ein fehlendes globales Verkaufsnetz und fehlende Patente seien die wichtigsten Hindernisse für Chinas Smartphonehersteller bei ihrem Vorstoß ins Ausland, so Wang.

Als Xiaomi ins Ausland expandierte, begann das Unternehmen beispielsweise mit preissensiblen Schwellenmärkten wie Indien, Indonesien und Pakistan. Bei seiner Expansion nach Indien, dem Land mit der zweitgrößten Bevölkerung der Erde, wurde es im Dezember 2014 allerdings von Ericsson wegen Patentverletzungen verklagt.

Das Fehlen von Highend-Modellen ist ein weiterer Grund dafür, dass heimische Hersteller kaum weltweit mit Samsung konkurrieren können. Chinas Smartphoneproduzenten konzentrieren sich vor allem auf Modelle, die weniger als 2000 Yuan kosten. "Es ist kaum vorstellbar, dass ein Handyhersteller ohne Highend-Modell weltweit Erfolg haben wird", meint Wang. "Wenn sie Samsung überholen wollen, müssen sie zuerst drei Dinge tun: ein globalisiertes Verkaufsnetz aufbauen, das Patentproblem lösen und Samsung auf den Fersen bleiben", so Wang. „Bislang hat keiner der einheimischen Hersteller diese drei Aufgaben erfüllt."

Der Smartphonemarkt als Ganzes werde in den kommenden Jahren schrumpfen, erklärte Li Yi, Generalsekretär der China Mobile Internet Industrial Association. "Früher waren Computer beliebt, aber sie wurden durch Laptops ersetzt. Diese wiederum wurden ein paar Jahre später durch Tablets verdrängt. Jetzt lässt der Tablets-Markt nach. Einst beliebte Elektrogeräte werden regelmäßig nach drei bis fünf Jahren ersetzt", erklärte Li. „Das Smartphone wird da keine Ausnahme sein."

In einigen Jahren werden tragbare Geräte Smartphones ersetzen und der Smarthonemarkt als Ganzes wird schrumpfen, so Li. „Globale Player wie Apple und Samsung begreifen das und verändern sich. Anderenfalls hätten sie keine Entwicklungsspielräume in der Zukunft."

"Auch wenn Chinas Smartphonehersteller im In- und Ausland zulegen, kann ihre Blütezeit nur drei bis fünf Jahre dauern. Da sich die Technologie immer weiter entwickelt, wird es in Zukunft keine Smartphones mehr geben. Ihre Funktionen werden in eine Uhr oder eine Brille integriert", so Li.

 

Infokasten

 

Xiaomi

 Xiaomi Tech wurde im April 2010 von Lei Jun und seinen Freunden in Beijing gegründet. Das Unternehmen folgte über weite Strecken Apples Modell der Integration von Internet, Hard- und Software.

Am 16. August 2011 kam Xiaomis erstes Smartphone auf den Markt. 2014 verkaufte das Unternehmen 61,12 Millionen Handys, ein Zuwachs von 227 Prozent. 2015 sollen weltweit 100 Millionen Smartphones verkauft werden.

Das Produktportfolio wurde mittlerweile auf Smartphones, Tablets und Fernsehgeräte erweitert. Wegen des verblüffenden Unternehmenserfolgs wurde Lei von „Fortune China" zu „Chinas Geschäftsmann des Jahres 2014" ernannt.

 

 

Lenovo

 Lenovo wurde 1984 in Beijing gegründet und international als weltweit führender PC-Hersteller bekannt. 2005 übernahm Lenovo für 1,25 Milliarden Dollar die Computersparte von IBM. Seit dem dritten Quartal 2013 ist das Unternehmen durch die Übernahme von Hewlett-Packard (HP) der größte PC-Anbieter der Welt.

 Im April 2010 kam Lenovos erstes Smartphone auf den Markt. Im dritten Quartal 2014 war das Unternehmen mit einem Marktanteil von 5,2 Prozent der viertgrößte Smartphoneanbieter der Welt.

 Nachdem Lenovo im Oktober 2014  Motorolas Handy-Sparte von Google für 2,91 Milliarden Dollar übernommen hatte, war es eigenen Angaben zufolge weltweit die Nummer 3 beim Smartphone-Liefervolumen.

 Durch die Nutzung von Motorola als Sprungbrett für den nord- und südamerikanischen Markt will Lenovo 2015 mehr als 100 Millionen Smartphones verkaufen.

 

Huawei

 Huawei Technologies Co., Ltd. wurde 1987 in Shenzhen (Provinz Guangdong) gegründet. Das Unternehmen ist ein führender Anbieter für Informations- und Kommunikationstechnologielösungen. Seine Netzwerktechnik, IT-Produkte und –lösungen sowie Smart Devices werden in 170 Länder und Regionen verkauft.

 Mit der Übernahme von Ericsson AB wurde Huawei 2013 zum größten Telekommunikationsausrüster der Welt. Das Unternehmen hat stark in Smartphones investiert und besaß im dritten Quartal 2014 einen Anteil von 9 Prozent des chinesischen Smartphonemarktes.

(Zusammengestellt von der Beijing Rundschau)