Trotz Konservierungsmaßnahmen sind Chinas Feuchtgebiete in den letzten zehn Jahren geschrumpft – muss die Regierung eingreifen
Starker Kontrast: Das obere Bild zeigt den Fujin Feuchtgebiets-Nationalpark in der Provinz Heilongjiang vor 2005, als das Gebiet noch als Anbaufläche diente. Das untere Bild, aufgenommen am 20.08.2014, zeigt den heutigen Nationalpark
Im Winter sieht der Xixi National Wetland Park in Hangzhou, der Hauptstadt von Chinas östlicher Provinz Zhejiang, aus wie in einem Gedicht. Hohes Schilf mit flaumigen, weißen Blüten wiegt sich im Wind, während kleine Blütenfetzen durch die Luft gleiten. Der Feuchtgebietpark liegt nur etwa 5km vom bekannten Westsee entfernt und bedeckt eine Fläche von 10km2, davon sind etwa 70 Prozent Gewässer wie Fischteiche, Flüsse und Seen, gibt die Parkverwaltung an.
Der Park strotzt vor Naturschönheiten und historischen Stätten. Vor vier- bis fünftausend Jahren war die Gegend ein tiefliegendes Land, das im Sommer von Schmelzwasser vom Berg Tianmu überflutet wurde. Vor über 1000 Jahren wurde dort eine Stadt gegründet.
In der Region siedelten sich in der Vergangenheit einige Literaten und Eremiten an, sie hinterließen der Nachwelt Gedichte und Skulpturen, die noch heute von ihrem Talent zeugen. Seit Jahrhunderten füttern Bauern der Region und ihrer Umgebung Fische und Seidenwürmer und pflanzen Gemüse und Tee an. In den letzten Jahrzehnten jedoch hat die zunehmende Urbanisierung zum starken Schrumpfen der Feuchtgebiete geführt, die lokale Regierung leitete daher Maßnahmen zur Erhaltung der Gebiete ein. Als erster Schritt wurde die Region zum Naturpark erklärt. Der Park gibt man gute Einblicke in das alltägliche Leben in den Wasserdörfern, zum Beispiel beim Füttern der Seidenwürmer oder bei der Seidenproduktion, die dort noch praktiziert werden.
Im März 2005 wurde der Park für Touristen geöffnet, mit einer täglichen Beschränkung von 3000 Menschen, um die Natur zu schützen.
Etwa 10,9 Prozent der Fläche Zhejiangs sind Feuchtgebiete. Im Dezember 2014 veröffentlichte die Provinz eine Liste ihrer 32 bedeutendesten Feuchtgebiete und Reservate mit dem Ziel, bis zum Jahr 2017 mindestens 60 Prozent dieser Gebiete unter Schutz zu stellen.
Schrumpfende Feuchtgebiete
Mit einem Anteil von zehn Prozent der weltweiten Feuchtgebietsflächen rangiert China auf Platz vier der Länder mit den größten Vorkommen, laut dem World Wildlife Fund (WWF).
Feuchtgebiete spielen eine große Rolle zur Erhaltung der Biodiversität, für die Flutkontrolle, für die Luftreinigung sowie für die Produktion von Reis und Fisch, das Transportwesen und für die Energiegewinnung durch Wasserkraft. Ungefähr 5,58 Prozent der Fläche Chinas sind Feuchtgebiete, davon befindet sich etwa die Hälfte in den Provinzen Qinghai and Heilongjiang und im Autonomen Gebiet Tibet und im Autonomen Gebiet Innere Mongolei. Dies geht aus der zweiten landesweiten Untersuchung zu Feuchtgebiets-Ressourcen hervor, die von 2009 bis 2013 durchgeführt und deren Ergebnisse im Januar 2014 veröffentlich wurden.
Zwischen 2004 und 2013 schrumpften Chinas Feuchtgebiete um 8,82 Prozent, wovon die natürlichen Feuchtgebiete, die immerhin 87,08 Prozent der Gesamtfläche ausmachen, um 9,33 Prozent schrumpften, so der Bericht. Die Daten des WWF zeigen, dass in den letzten 40 Jahren 13 Prozent von Chinas Seen verschwunden sind, die Hälfte der küstennahen Feuchtgebiete vom Meer zurückgewonnen wurden und 50 Prozent der chinesischen Städte kein Trinkwasser mit akzeptablen Hygienestandards haben.
Schutzmaßnahmen erweitern
Chinas erstes Feuchtgebietsreservat wurde im Jahr 1970 gegründet. Das Land unterzeichnete im Jahr 1992 die Internationale Konvention für Feuchtgebiete und erklärte sieben Gebiete zu „Feuchtgebieten von internationaler Bedeutung". Im Jahr 2000 veröffentlichte China einen Aktionsplan zur Konservierung seiner Feuchtgebiete, der Richtlinien zur zukünftigen Erhaltung und angemessenen Nutzung der Gebiete enthielt.
Die gegenwärtige Regierung Chinas hat sich der Förderung der nachhaltigen, ökologischen Entwicklung verschrieben, die Konservierung und Verwaltung der Feuchtgebiete befindet sich daher auf der nationalen Agenda. Inzwischen sind mehr Feuchtgebiete unter Schutz gestellt. Die zweite nationale Bestandsaufnahme von Feuchtgebiets-Ressourcen stellte fest, dass China am Jahresende 2013 insgesamt 577 Feuchtgebiet-Reservate und 468 Feuchtgebiet-Naturparks zählte. Die Untersuchung zeigte außerdem, dass zwischen den Jahren 2004 bis 2013 die Zahl der geschützten Feuchtgebiete von 30,49 auf 43,51 Prozent stieg.
Darüber hinaus rief die Regierung ein Projekt zur Rückwandlung von Ackerland in Feuchtgebiete ins Leben. In der Provinz Jilin im Nordosten Chinas trockneten viele Feuchtgebiete aufgrund von Wassermangel aus und wurden daraufhin von Farmern zur Getreideerzeugung genutzt. Im Jahr 2013 startete die Provinz dann das Projekt zur Rückwandlung der betroffenen Gebiete, in dessen Rahmen 1.650 Hektar Farmland in der Nähe des Xinlong Reservats bei Baicheng zurück in Feuchtgebiete gewandelt wurden. Da die Gegend Jahre zuvor ausgetrocknet war, mussten Kanäle und Gräben gegraben werden, um Wasser aus nahegelegenen Seen und Flüssen zurück in das Reservat und die umliegenden Gebiete zu leiten.
Lan Hongliang, Direktor des Forstamtes von Jilin, sagte in einem Interview mit Jilin TV, dass die Anwohner Geldmittel erhielten, um sich in der neuen Umgebung einzugewöhnen und um Fische sowie Fischerzubehör zu erwerben.
Einige Privatpersonen engagieren sich freiwillig für den Schutz der Feuchtgebiete. Wang Jianmin, ein Fotograf mittleren Alters aus der Stadt Tianjin, ist einer von ihnen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten fotografiert er die Feuchtgebiete und informiert Einwohner über deren Bedeutung und über den Schutz der dort einheimischen Vögel. Wang sagt, es sei sein Traum die Feuchtgebiete wieder so zu sehen, wie sie in seiner Kindheit waren.
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