10-12-2014
Im Focus
Saubere Luft ab 2030
von Corrie Dosh

Die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen ist zu einem Schlüsselaspekt in der Zusammenarbeit zwischen China und den USA geworden. Die Hoffnung wächst, dass ein globaler Rahmen für den Klimawandel erzielt werden kann. 

Verpflichtung zur Zusammenarbeit: Chinas Staatspräsident Xi Jinping und US-Präsident Barack Obama nahmen nach ihrer Vereinbarung über ein Klimaabkommen am 12. November gemeinsam an einer Pressekonferenz in Beijing teil Pang Xinglei

Saubere Energie: Ein Arbeiter kontrolliert Solarmodule in einem Solarkraftwerk in Xingtai (Provinz Hebei), das am 27. Dezember 2013 in Betrieb ging (XINHUA)

Es gibt viele Themen, bei denen sich China und die USA uneinig sind, aber die Senkung von Kohlenstoffemissionen ist zu einem positiven Beispiel für die bilaterale Zusammenarbeit und die Zukunft der Beziehung zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt geworden. US-Präsident Barack Obama und Chinas Staatspräsident Xi Jinping verkündeten am 12. November ihr intensives Engagement gegen den Klimawandel. Damit wächst die Hoffnung, dass die Grundlage für einen weltweiten Konsens zur Reduzierung der Treibhausgase erreicht werden kann, wenn sich Vertreter aus mehr als 190 Ländern in diesem Monat in Lima, Peru, zur UN-Klimarahmenkonferenz treffen.

Auch wenn die amerikanisch-chinesische Vereinbarung absolut freiwillig ist und bei  Nichterfüllung der Ziele keine Sanktionen drohen, bezeichnen Befürworter sie als historisch. China hat versprochen, in den kommenden 15 Jahren den Höhepunkt seiner Treibhausgasemissionen zu erreichen und den Anteil nicht-fossiler Brennstoffe auf 20 Prozent seines Gesamtenergieverbrauchs zu erhöhen. Die USA verpflichten sich, ihre Emissionen im Vergleich zu 2005 um 26 bis 28 Prozent zu senken.

"Es gab sehr viele Reaktionen darauf, sie reichten von "bahnbrechend" bis "nichts Besonderes " und es wurde viel darüber spekuliert, ob die Vereinbarung für Lima wirklich entscheidend sein wird", erklärte Joanna Lewis, außerordentliche Professorin beim Programm für Wissenschaft, Technologie und internationale Angelegenheiten an der Edmund A. Walsh School of Foreign Service der Georgetown University, während einer Telefonkonferenz am 24. November, die vom Nationalen Komitee für amerikanisch-chinesische Beziehungen gesponsert wurde.

Die Herausforderungen bei der Umsetzung der Klimaziele seien enorm, die „ehrgeizige" Ankündigung könne aber andere Nationen motivieren, diesem Beispiel zu folgen, erklärte Lewis.

Alex Wang, Dozent an der juristischen Fakultät der UCLA, geht noch einen Schritt weiter und nennt die Vereinbarung "monumental". "Das ist ein wichtiger Schritt nach vorn", so Wang. „Zusätzlich zu den Zielvorgaben gab es Folgeankündigungen. Die USA haben 3 Milliarden Dollar für den Green Climate Fund versprochen und China kündigte einen Energieplan an, der den Kohleverbrauch begrenzt. All dies sind wichtige Folgeerklärungen."

Die Umsetzung der Vereinbarung sei das brisanteste Thema, fügte er hinzu. Kritiker werfen China vor, dass viele Umweltgesetze nur auf dem Papier bestehen und aufgrund von regionalem Protektionismus und fehlenden Datenerhebungen nicht umgesetzt würden. Die jüngsten Verpflichtungen unterscheiden sich davon, sie sind Teil eines breiter angelegten wirtschaftlichen Wandels, weg von der Schwerindustrie hin zu einem saubereren, effizienteren Wachstum.

"Der Druck hat sich in den letzten zwei Jahren durch die Probleme mit der Luftverschmutzung erhöht", erklärte Wang. „Die Sorge wegen des Protektionismus ist da, aber die Wirtschaft hat jetzt neue Interessen. Mit sauberen Energien lässt sich eine Menge Geld machen."

China nähere sich der Einführung einer Kohlenstoffsteuer, erklärte er, ein wichtiger Schritt für die Umsetzung der Energieziele. Man könne von der Schwerindustrie keine Emissionsreduzierung fordern, wenn Kohle günstig und leicht zu bekommen sei, vor allem, wenn Überwachung und Durchsetzung fast unmöglich seien. Eine kosteneffektive Gestaltung von Energieeffizienz ist daher essenziell.

Die USA standen nach Wangs Angaben vor demselben Problem. Die steigenden Investitionen in Erdgas als eine bezahlbare und saubere Alternative zu fossilen Brennstoffen haben der Kohlelobby geschadet und dabei geholfen, Emissionsziele zu erreichen.

Die Vereinbarung schafft wichtige Anreize für technologische Lösungen zur Erzeugung sauberer Energie. Fossile Brennstoffe liefern immer noch rund 80 Prozent der weltweiten Energie und die Reduzierung von Kohle und Öl könnte in manchen Ländern zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch führen. Geschäftstüchtige Erfinder, die kostengünstige Lösungen auf den Markt bringen können, die den Regierungen bei der Erreichung ihrer Klimaziele helfen, werden große Vorteile haben.

Es geht vorwärts

Umweltthemen spielten im Kontext der amerikanisch-chinesischen Beziehungen seit fünf Jahren eine wichtige Rolle, erklärte Lewis. "Es schien überraschend, dass wir eine Vereinbarung wie diese haben könnten, da China und die USA so unterschiedliche Positionen zu vertreten schienen", sagte sie. „Wenn man die bilateralen Beziehungen aber in einem größeren Kontext betrachtet, hat sich der Klimawandel als ein Thema herausgestellt, bei dem wir viel mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen haben. Obwohl es grundlegende Meinungsverschiedenheiten gibt, haben wir dennoch dasselbe Ziel."

Auch wenn die Zusammenarbeit beim Klimawandel entscheidend für die Zukunft zwischen beiden Großmächten wird, gibt es weiterhin große politische Hindernisse. Der Zeitpunkt der Ankündigung und die Tatsache, dass es sich um keine durchsetzbare Vereinbarung handelt, sind bedeutsam. Es wäre für Obama fast unmöglich, den Vertrag zum Klimawandel durch einen feindlich gesinnten Kongress zu bringen, aber die hochrangige, öffentlichkeitswirksame Absichtsbekundung schaffe einen „Handlungsimpuls", auch wenn er nicht für Schlagzeilen sorge, meint Wang. Dieses Modell könnte in anderen Bereichen der bilateralen Beziehungen wie Terrorismusbekämpfung und Handel genutzt werden.

"Ich denke, die Vorstellung, dass die USA und China, die in der Vergangenheit auf entgegengesetzten Seiten standen und als größte Gegner galten, in der Lage waren, zusammen aufzustehen, ist eine große Sache", sagte Todd Stern, US-Klimasondergesandter, gegenüber Reportern bei einem Forum des Zentrums für amerikanischen Fortschritt.

Die nichtverbindliche Zusage könnte ebenso ein Vorbild für eine weltweite Vereinbarung bei der UN-Klimakonferenz in Paris im nächsten Jahr sein. Das Ziel dieser Konferenz ist es, erstmals nach 20 Jahren UN-Verhandlungen von allen Nationen der Welt eine bindende und universelle Klimavereinbarung zu erreichen.

"Die Vision von einer internationalen bindenden Vereinbarung ist falsch. Die Länder müssen begreifen, dass es um ihre eigenen Interessen geht und Emissionsreduzierung etwas Positives ist", erklärte Wang.

Die Vereinbarung macht China zudem zu einem wichtigen Akteur in der weltweiten Klimadebatte. Durch das Engagement der beiden größten Emissionsverursacher gehen anderen Ländern die Entschuldigungen aus. Chinas und Amerikas Emissionen machen 42 Prozent des Ausstoßes von Treibhausgasen aus, kleinere Staaten und Entwicklungsländer befürchteten bislang, dass ihre Emissionssenkungen sinnlos wären, wenn die Hauptverantwortlichen untätig blieben.

"Ich bin sehr neugierig, ob die Ankündigung weitere Auswirkungen hat. China ist klar der größte Verursacher von Emissionen. Es wird interessant sein zu sehen, ob sich auch Brasilien, Indien und Südafrika beeinflussen lassen", sagte Lewis.

Auch für die USA gibt es keine Entschuldigung mehr dafür, nicht aktiv zu werden. "Das Argument, die USA könnten nicht handeln, weil China nichts tun würde, beginnt zu bröckeln. Die sehr verständliche Sorge, dass Amerika seine Kohlenstoffemissionen nicht senken kann, solange der größte Konkurrent weiterhin umweltschädliche Energien nutzt, ohne dass ein Ende in Sicht ist, kann nun begraben werden", schrieb Fred Krupp, Präsident des Environmental Defense Fund im Wall Street Journal.