Eine junge Generation von Comedians kombiniert auf der Bühne traditionelle und moderne Elemente.
Komisches Paar: Li Kuan (li.) und sein Partner bei einer Aufführung in einem Beijinger Theater am 14. November (Wei Yao)
Es ist Freitag, halb zehn Uhr abends. Mehr als 100 Leute nippen gemütlich an ihrem Tee und schauen sich eine typisch chinesische Comedy-Vorstellung an, Xiangsheng, ein komisches Wortgefecht zwischen zwei Darstellern. Li Kuan (28) und sein Partner scherzen mit dem Publikum und nehmen sich gegenseitig auf den Arm. Alle Aufmerksamkeit richtet sich dann auf Li Kuan, als er eine Arie eines berühmten Meisters der Peking-Oper imitiert.
Ein plärrender Popmusik-Klingelton unterbricht plötzlich seinen Auftritt. Li Kuan lässt sich davon nicht aus dem Konzept bringen und beendet seine Improvisation. „Seht ihr, auch wenn die Begleitmusik falsch war, war mein Rhythmus immer noch ziemlich gut, oder?", fragt er scherzhaft das Publikum.
Li Kuan ist ein typischer Vertreter der neuen Generation des Xiangsheng, einer chinesischen Form des komödiantischen Wortgefechts. Akteure und Publikum nicht immer die gleichen Ansichten über diese Kunstform. Aber das ist weder neu, noch besonders alarmierend. Diese Form der Comedy hat eine lange Geschichte und sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert.
Lampenfieber
Die komischen Wortgefechte haben eine Jahrhunderte alte Tradition. Sie waren ursprünglich eine Volkskunst aus dem Norden Chinas, die Gesang und Dialoge umfasste. Anfangs wurden die Sketche nur von einem Schauspieler aufgeführt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sich einige grundlegende Auftrittsmuster entwickelt. Der komische Schlagabtausch konnte von einem einzelnen Schauspieler als Monolog, als Dialog zwischen zwei Personen oder eine Performance mit mehreren Akteuren aufgeführt werden. Verglichen mit der Stand-Up Comedy des Westens erfordert Xiangsheng eine größere Anzahl an darstellerischen Fähigkeiten, die sich in vier Kategorien einteilen lassen: sprechen, imitieren, Witze erzählen und singen. Diese Comedy-Form erfreute sich vor allem im Norden Chinas großer Beliebtheit, weil sie das Publikum und sogar Radiohörer zum Lachen bringen kann und den besonderen Charme der chinesischen Sprache zeigt.
"Xiangsheng hat unterschiedliche Entwicklungsphasen hinter sich", erklärt der erfahrene Comedian Meng Fangui gegenüber der Beijing Rundschau. Seine Blütezeit hatte er in den 1980er Jahren, erinnert er sich. Viele neue gute Akteure hätten die Bühnen erobert und erlangten durch populäre Sketche Bekanntheit, erklärt Meng. Mit der Entwicklung der Unterhaltungsprogramme im Fernsehen wurden die Wortgefechte fast nur noch auf dem Bildschirm gezeigt und nicht mehr live aufgeführt, wie es traditionellerweise der Fall war. Erst um 2000 herum erlebte diese Kunstform eine Art Revival.
Das Fernsehen sei ein zweischneidiges Schwert für diese Art der Comedy, betont Meng. Einerseits habe es sie populär gemacht und sie einem neuen Publikum erschlossen, das aus unterschiedlichen Gründen keine Live-Aufführungen sehen konnte, so Meng. Andererseits widerspreche die begrenzte Sendezeit des Fernsehens dem Wesen dieser Kunst, die das Publikum stark miteinbezieht, fügt er hinzu. „Auch wenn die darstellerischen Fähigkeiten im künstlerischen Sinne nicht darunter leiden, so wird doch der Sketch beschnitten", meint Meng.
Im Allgemeinen sollte ein kompletter Sketch eine komplexe Struktur haben und mehr als eine halbe Stunde dauern. Die Akteure liefern die Pointen ihrer Witze je nach Reaktion des Publikums und den Regeln des komödiantischen Timings. „Wenn ein Sketch für das Fernsehen zurechtgekürzt wird, fallen viele Inhalte weg, die eigentlich drinbleiben sollten", erklärt Meng. „Außerdem gibt es mittlerweile so viele Unterhaltungsmöglichkeiten und die Aufmerksamkeitsspanne der Leute hat sich verkürzt."
2003 startete der erfahrene Comedian Li Jindou die Initiative "Xiangsheng soll zurück auf die Bühne". Er hielt dies für die beste Methode, diese Form der Comedy wiederzubeleben. Seitdem sind Aufführungen in kleinen Theatern Beijings eine Art Trend geworden. Das Beijinger Fernsehen zeigt jedes Jahr einen landesweiten Xiangsheng-Wettbewerb.
Die jüngere Generation habe ein besseres Bildungsniveau als seine Generation, meint Meng. „Vor ihnen liegt eine vielversprechende Zukunft. Das einzige, worum ich sie bitten würde, ist, sich von schlechten Einflüssen wie Vulgarität oder Drogen fernzuhalten. Vielleicht muss die ältere Generation in Zukunft von ihnen lernen. Xiangsheng ist eine Kunst, die sich mit jeder Generation weiter entwickelt hat."
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