17-10-2014
Im Focus
Die vierte Plenarsitzung des 18. ZK der KP Chinas: vier Höhepunkte
 
 
 

Das Politbüro des ZK der Kommunistischen Partei Chinas hat am 30. September beschlossen, die 4. Plenartagung des 18. Zentralkomitees (ZK) der KP Chinas für Ende Oktober einzuberufen. Die Sitzung wird vom 20. bis 23. Oktober in Beijing stattfinden.

Das Hauptthema der Sitzung ist die allseitige Förderung der gesetzesgemäßen Regelung der staatlichen Angelegenheiten. Das ist das erste Mal nach der Reform und Öffnung, dass man in einer Sitzung des Zentralkomitees der KP Chinas die gesetzesgemäße Regelung zum Schwerpunkt macht.

„Seit der Verabschiedung der ersten sozialistischen Verfassung 1954 wird schon über die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten diskutiert", erklärt Fu Hualing, Professor der juristischen Fakultät der Universität von Hongkong. Eine gesetzesgemäße  Regelung der staatlichen Angelegenheiten bedeutet, dass alle Regeln und Systeme demgemäß entworfen, geplant und durchgesetzt werden. Im Wesentlichen handele es sich um ein geeignetes Instrument einer Regierungspartei zur Verwaltung der Gesellschaft.

Nach Ansicht des Chefanalysten von Guotai Junan Securities konzentriert sich die vierte Plenarsitzung hauptsächlich auf drei Anliegen: die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten, den Parteiaufbau und die Korruptionsbekämpfung. Durch die erste Phase der Bekämpfung der Korruption, die Unabhängigkeit der Justiz und die Disziplinkontrolle wird ein modernes Land aufgebaut und die zentrale Autorität der neuen Führungsgruppe der KP Chinas gestärkt. Zwar wird nicht konkret über Wirtschaftsreformen diskutiert, aber es wird eine starke und dauerhafte politische Grundlage für sie gebildet.

 

Zeitraum und Thema

Die Sitzung ist für den 20. bis 23. Oktober anberaumt. Laut „NTER International Financial" ist es damit die späteste vierte Plenarsitzung eines Zentralkomitees der KP Chinas. Ihre Vorgänger fanden meistens schon im September statt.

Das aktuelle Thema, nämlich die gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten, wurde vorher nur selten diskutiert. Im Verlauf ihrer Geschichte hat sich die dritte Plenarsitzung stets mit politischen Konzepten, Infrastruktur und den Richtlinien des Zentralkomitees der KP Chinas auseinandergesetzt. Die vierte Plenarsitzung des 14., 16. und 17. ZK der KP Chinas in den Jahren 1994, 2004 und 2009 beschränkte sich auf das Thema „Parteiaufbau". Als weitere Themen wurden noch Einstellungen und Entlassungen von Beamten oder wirtschaftliche Anliegen behandelt. Bei der 4. Plenarsitzung des 15. ZK im Jahr 1999 ging es beispielsweise um die Reform der Staatsunternehmen, beim 11. ZK im Jahr 1979 um die Entwicklung der Agrarwirtschaft.    

Die Bekämpfung der Korruption hat sich seit Amtsantritt des aktuellen Zentralkomitees vertieft. Ihr Höhepunkt waren die Ermittlungen gegen Zhou Yongkang. Damit wurde die Regel, dass Mitglieder des ständigen Ausschusses des Politbüros des ZK der Partei nicht bestraft werden, durchbrochen. So wird natürlich auch das Konzept der  gesetzesgemäßen Regelung der staatlichen Angelegenheiten verstärkt. Dieses Konzept sei ein wichtiges Zeichen einer modernen Zivilisation sowie ein grundlegendes Merkmal der Modernisierung des Verwaltungssystems, meint Wang Liming, Vizepräsident der Renmin University of China. Xi Jinping hatte dieses Ziel schon früher aufgestellt und als wichtigen Bestandteil des „Chinesischen Traums" definiert. „Das bedeutet, dass die KP Chinas einen vollständigeren und systematischeren Plan für den sozialistischen Aufbau hat und über klare und konkrete Ziele für die Entwicklung in verschiedenen Bereichen verfügt", so Wang Liming.

 

 Reform des Justizsystems

Es ist damit zu rechnen, dass eine Reihe von Gesetzen und Bestimmungen erlassen und umgesetzt wird. Dazu zählen das Haushaltsgesetz, die Gesetze zur Verbrauchs– und Umweltsteuer, zum Immobilienbesitz und Regeln für Registrierung von Immobilien. Das wird das Umfeld für die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten erheblich verbessern.

Das Thema dieser Plenarsitzung zeige, dass die Führungsgruppe der KP Chinas die Gesamtziele der Reform, nämlich die Modernisierung des staatlichen Verwaltungssystems und der Verwaltungsfähigkeit, unterstreichen und umsetzen will, so Wang Hanfeng, marktstrategischer Analyst bei China International Capital Corporation Limited. „Die Justizreform schließt die Vereinheitlichung des Personals, der Finanzen und Anlagewerte der Gerichthöfe auf Provinz- bzw. Staatsebene mit ein, so dass die Einstellung und Entlassung von Richtern sowie die Personalverwaltung auf Provinzebene bestimmt werden kann. Der Zuständigkeitsumfang eines Gerichtshofs soll sich von den Zuständigkeiten eines Verwaltungsbezirks unterscheiden. Einige Rechtsfälle, z.B. im Hinblick auf die Regierungsverwaltung, den Umweltschutz sowie überregionale unternehmerische Streitigkeiten, können so ohne Eingriff der zuständigen Regierung verhandelt werden. 

Die Verbesserung der Gerichtsbarkeit wird von Chinas Richtern mit großer  Aufmerksamkeit verfolgt. Liu Zhenhou, Richter am Volksgerichtshof des Bezirks Pingqiao der Stadt Xinyang (Provinz Henan) forderte in einem Artikel: „Die Ausübung der Gerichtbarkeit soll genau so funktionieren wie im Beschluss der dritten Plenarsitzung des ZKs der KP Chinas vorgeschrieben, die Rechenschaftspflichten des Vorsitzenden Richters und des Kollegialgerichts sind erweitert worden, so dass sie Entscheidungen treffen und die entsprechende Verantwortung tragen können."

Zur Justizreform gehört auch die Reform des Richtersystems, ein Teil davon ist die Professionalisierung der Richter  und öffentliche Informationen über Prozesse und juristische Vorgänge,eine Revolution der Justiz in der Ära des Internets.

 

Reform der Disziplinkontrolle der Partei

Die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten ist im Hinblick auf die gesamte Gesellschaft gleichbedeutend mit einer Reform des Justizsystems, innerhalb der Partei bedeutet dies eine Reform des Systems der Disziplinkontrolle.

Dazu hat das Politbüro des ZK Ende Juni dieses Jahres den „Plan zur Umsetzung der Reform des Systems der Parteidisziplinkontrolle" angenommen.

Ein erster Erfolg bestehe darin, dass die Beamten vor Korruption zurückschrecken, der nächste Schritt bestehe nun darin, Korruption zu erschweren oder Möglichkeiten dazu auszuräumen, so Wang Hanfeng.

Ein Mitarbeiter der Abteilung zur Disziplinkontrolle und Überwachung erklärte gegenüber  der Zeitung „People´s Daily", dass bei dieser Runde der Korruptionsbekämpfung vermieden werden solle, in Aktionismus zu verfallen, stattdessen solle die Korruptionsbekämpfung vielmehr durch die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten gewährleistet werden. Das kann ein wichtiges Thema der vierten Plenarsitzung werden, sie wird sich damit befassen, gemäß dem Gesetz Rechte zu beschränken, Verantwortlichkeiten zu prüfen und die Korruption zu beseitigen, so dass die Korruptionsbekämpfung mit Sicherheit schneller Früchte tragen wird.

Ein weiteres Thema der vierten Plenarsitzung werden die Einstellung und Entlassung von Kadern und die Gehälter der Beamten sein, vermutet Wang Hanfeng. Einerseits soll durch die Korruptionsbekämpfung das Verhalten der Beamten kontrolliert werden, andererseits sollte auch eine Anpassung des Gehaltssystems der Beamten erwogen werden, um der neuen Situation Rechnung zu tragen und die Aktivität der Beamten zu erhöhen.

 

Einfluss auf den Kapitalmarkt

Die gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten  scheint oberflächlich betrachtet nichts mit dem Kapitalmarkt zu tun zu haben, aber in Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall. Zurzeit beträgt die Aktien-Risikoprämie auf dem A-Aktien-Markt in China 12 Prozent, weit höher als auf den entsprechenden Märkten im Ausland. Das systemische Umfeld chinesischer Unternehmen ist der Hauptgrund für die hohe Aktien-Risikoprämie. Die Förderung der gesetzesgemäßen Regelung der staatlichen Angelegenheiten wird das Umfeld der börsennotierten Unternehmen schrittweise in Ordnung bringen und Unordnung und Unsicherheiten in der Geschäftsführung korrigieren.  

Es gibt keine klare Grenze zwischen Regierung und Unternehmen, Gesetz und Markt, der Abwesenheit von Regeln oder der fehlenden Befolgung der Regeln, meint Wang Hanfeng, so dass die wirtschaftlichen Kosten zu hoch seien, die Dynamik schwach und die Nachhaltigkeit zweifelhaft. Die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten kann diese Probleme zielgerichtet lösen. Seit Ende letzten Jahres hat China in den Bereichen der Korruptionsbekämpfung, der Reform der staatseigenen Unternehmen, der Finanz- und Steuerreform sowie der Reform des Finanzmarkts deutliche Fortschritte erzielt. Investoren schauen immer aufmerksamer auf diese Reformen. Die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten wird das Kernproblem, die unklare Beziehung zwischen Regierung und Markt, lösen und so die Betriebskosten der Unternehmen senken, die Effizienz erhöhen, Unsicherheiten abbauen, Innovationen,  ein nachhaltiges Wachstum der Gesamtwirtschaft und Unternehmensgewinne fördern. Am Ende soll die verborgene Aktien-Risikoprämie auf dem Kapitalmarkt verringert werden.

Durch die Auseinandersetzung mit dem Thema bei der vierten Plenarsitzung kann ein Rahmenwerk für die  gesetzesgemäße Regelung der staatlichen Angelegenheiten errichtet werden. Wenn das Vorgehen der Regierung in gewissem Sinne gezügelt und die Grenze zwischen Markt und Regierung deutlich gezogen wird, können unnötige Kosten für Privatunternehmen gesenkt werden, willkürliche Ausgaben staatseigener Unternehmen werden eingeschränkt. Die politischen Richtlinien können einen weitreichenden Einfluss auf den chinesischen Markt ausüben. (Quelle: Volkszeitung)