17-09-2014
Im Focus
Spitzengehälter von Führungskräften sollen gesenkt werden
von Wang Hairong

 

Führungskräfte der großen Staatsunternehmen verdienen astronomische Summen. Die Zentralregierung sendet Signale zur Regulierung der Gehälter.

Mai Boliang, Geschäftsführer der China International Marine Containers (Group) Ltd. (CIMC), sorgte in den letzten zwei Jahren wiederholt für Schlagzeilen. Der Grund: Er verfügte über das höchste Gehalt aller Geschäftsführer der zentral verwalteten Unternehmen, die auf Chinas Yuan-denominiertem A-Aktien-Markt gelistet waren.

Zu den zentral verwalteten Staatsunternehmen (State Owned Enterprises, SOEs) zählen die 113 Unternehmen, die direkt von der State Owned Assets Supervision and Administration Commission (SASAC) des Staatsrats verwaltet werden. Sie gehören zu strategisch wichtigen Industrien wie Luft- und Raumfahrt, Schifffahrt, Lebensmittel- und Mineralienhandel, Telekommunikation, Stahl- und Autoproduktion sowie zur Baubranche. Auch große staatliche Finanzinstitute und SOEs, die direkt von Regierungsministerien verwaltet werden, wie die China Railway Corporation und China Post, zählen dazu.

Allein 2013 verdiente Mai 8,69 Millionen Yuan, mehr als jede andere Führungskraft eines Staatsunternehmens und mehr als jeder Chef der am A-Aktienmarkt gelisteten Unternehmen, die die Bezüge ihrer Geschäftsführer veröffentlicht hatten. 2012 strich er 9,98 Millionen Yuan ein und lag damit an der Spitze aller Geschäftsführern zentral-verwalteter SOEs am A-Aktienmarkt.

Im Gegensatz dazu betrug das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Angestellten bei städtischen nicht-privaten Organisationen 52.379 Yuan, städtische Angestellte im Privatsektor verdienten im Schnitt  32.706 Yuan, so Angaben der Nationalen Statistikbehörde.

Zahlen von iFind, einem großen Finanzdaten-Provider in Zhejiang, zeigen, dass 323 auf dem A-Aktienmarkt notierte, zentral verwaltete Unternehmen die Gehälter und Bonusse ihrer Geschäftsführer 2013 öffentlich gemacht hatten. Das Durchschnittsgehalt lag demnach bei 773.000 Yuan, das ist 14,8 mal so viel wie das Durchschnittsgehalt eines Angestellten in städtischen nicht-privaten Organisationen und 23,6 mal so viel wie im städtischen Privatsektor.

Geschäftsführer, die mehr als eine Million Yuan jährlich verdienen, arbeiten meistens in Bereichen wie Produktion, Finanzen, Immobilien sowie Groß- und Einzelhandel.

Neben ihren hohen Gehältern verfügen viele Spitzenführungskräfte großer Staatsunternehmen über die Position eines (Vize-)Ministers in der Regierung und profitieren von zusätzlichen Vorteilen wie Transport- und Kommunikationszuschüsse.

Kontroverse

Bei guba.eastmoney.com, einer Art Schwarzem Brett für Aktionäre, kommentierten User um den 25. August herum Mais astronomisches Gehalt, die Reaktionen waren dabei zweigeteilt.

Ein User mit dem Nickname "Zhangtingbanhao4990" nannte Mais gigantisches Gehalt einen „himmelschreienden Diebstahl".

"Ein normaler Arbeiter verdient weniger als 40.000 Yuan, während er (Mai) so unglaublich viel verdient", kommentierte ein anderer User. „Wenn Leute in verarmten Regionen davon erfahren, was werden sie von ihm halten?"

Die Geschäftsführer "nutzen ihre Macht und die Ressourcen des Landes, um kolossale persönliche Gewinne zu erzielen", meint „Lamao xsx".

"Shanghai Shareholder" fragte: "Ist sein Unternehmen so schnell gewachsen wie sein Gehalt? Und wie sieht es mit dem Aktienkurs aus?"

Andere User waren anderer Meinung. „Ob es Diebstahl ist oder nicht, wir sollten uns die Performance und die Rendite anschauen", bemerkte "Chad Luzili", "Ich vertraue in dieses Unternehmen und warte auf Rendite (für meine Investitionen). Ich glaube an talentierte Menschen."

"Die Wahrheit ist, Mai verdient ein Jahresgehalt von 10 Millionen Yuan. Das ist nicht zu viel", kommentierte ein Aktionär aus Guangzhou, der Hauptstadt der Provinz Guangdong im Internet. "Mir ist egal, wie viel er verdient, solange er auch mir dabei hilft, mehr zu verdienen", erklärte "Shareholder Ge".

Mai kam 1982 als Techniker zur CIMC im Industriegebiet Shekou von Shenzhen. Das Unternehmen wurde 1980 kurz nach Beginn der Reform- und Öffnungspolitik von der China Merchants Group, einem zentral verwalteten SOE in Hongkong, und der dänischen East-Asiatic Company gegründet.

Kulturelle Differenzen führten zum Zusammenprall zwischen den Managementphilosophien chinesischer und westlicher Manager. 1986 stand das Unternehmen am Rand des Konkurses.

1987 wurde es umstrukturiert und die Zahl der Mitarbeiter drastisch von 330 auf 59 reduziert. Mai wurde zum Vizegeschäftsführer ernannt. Mit Hilfe des chinesischen Schifffahrtriesen COSCO begann die CIMC, Container zu produzieren. 1991 wurde Mai mit 33 Jahren zum Geschäftsführer ernannt, diese Position hat er nun seit 23 Jahren inne.

1994 wurde das Unternehmen an der Börse von Shenzhen notiert. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben seit 1996 eine weltweite führende Position in der Produktion und beim Verkauf von Containern. CIMC streckte seine Fühler ebenso in neue Bereiche wie Modulbau und Containersanierung aus. Mittlerweise ist es zu einem multinationalen Unternehmen mit mehr als 150 Zweigstellen und 63.000 Mitarbeitern in China, Nordamerika, Europa, Asien und Australien geworden.

Mai hat zu dieser Entwicklung beigetragen. In einem Interview mit der Zeitschrift South Reviews in Guangdong, erklärte er, dass der Zugang zu ausländischen Märkten nicht leicht gewesen sei. 2000 bestellte ein japanischer Kunde je 500 Produkte von einem japanischen und einem südkoreanischen Hersteller sowie von CIMC. Anfangs war das Vertrauen in die Qualität der CIMC-Produkte gering. Mai schlug dem Kunden daher vor, nach dem Zufallsprinzip je ein Produkt der drei Hersteller auszusuchen, den Herstellernamen abzudecken und dann 20 japanische Experten zur Kontrolle und Bewertung einzuladen.

Die Experten verliehen dem CIMC-Produkt eine Bewertung von 86 Punkten, die Konkurrenzprodukte erhielten 67 bzw. 87 Punkte. Von da an wurde CIMC auf dem japanischen Markt akzeptiert.

Um seine Mitarbeiter zu motivieren, hat die CIMC ein leistungsorientiertes Prämiensystem eingeführt, dass weder "eine Unter-, noch eine Obergrenze" kennt, erklärte Mai.

Als sich der Containermarkt 2010 von der weltweiten Finanzkrise erholte, machte das Unternehmen einen Nettogewinn von 2,85 Milliarden Yuan, mehr als doppelt so viel wie im  Vorjahr. In jenem Jahr stieg Mais Gehalt um das Zehnfache auf 5,96 Millionen Yuan. 2011 erhöhte sich der Unternehmensnettogewinn um 28 Prozent, Mais Gehalt stieg um 61 Prozent auf 9,57 Millionen Yuan.

Kritiker meinen, dass Mais Bezahlung nicht zur Unternehmensleistung passt. 2012 sank der Nettounternehmensgewinn um 47,25 Prozent, Mais Gehalt erhöhte sich dennoch um 4 Prozent.

Dieses Problem gibt es in vielen börsennotierten, zentral verwalteten Staatsunternehmen. Die Geschäftsberichte mancher Unternehmen enthüllten riesige Verluste, die Entlohnung der Führungskräfte stieg dennoch weiter.

So fuhr beispielsweise die China Merchants Energy Shipping Co. Ltd.  2013 Verluste von 2,18 Millionen Yuan ein, das Gehalt von Xie Chunlin habe sich dennoch sprunghaft von 180.000 Yuan im Jahr 2012 auf 850.000 Yuan im Jahr 2013 erhöht, so Liu Xiangli, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Industrieökonomie der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften.  

Das Zahlungssystem vieler börsennotierter Unternehmen sei fehlerhaft; folglich würden Führungskräfte ein hohes Einkommen einstreichen, selbst wenn ihr Unternehmen Verluste mache, kommentierte Yang Jian, Direktor des Finanzinformationszentrums an der Renmin-Universiät in Beijing. Dies sei ein Fehler in der Unternehmensführung.

China war einst eine egalitäre Gesellschaft und Planwirtschaft, Einkommen unterschieden sich in unterschiedlichen Positionen, Regionen oder Branchen nur geringfügig.

2003 wurde die SASAC gegründet, um die 100 wichtigsten Staatsunternehmen zu verwalten. Die SOEs litten wegen der niedrigen Gehälter an einem Mangel talentierter Mitarbeiter. Um die Unternehmen wieder zu stärken, führte die SASAC 2004 eine leistungsorientierte Bezahlung für Führungskräfte ein.

Zurzeit sei das Einkommen einiger Führungskräfte von SOEs so extrem hoch, weil sie das Recht hätten, ihr eigenes Gehaltsniveau festzulegen, erklärte Pi Haizhou, ein bekannter Finanzkommentator.

Die Führungskräfte der SOEs für die Leistung ihrer Unternehmen zu belohnen, sei nicht vernünftig, meint Liu. Denn diese Leistung hänge in großem Ausmaß von historischen Vorteilen wie Größe, Ressourcen und Unterstützung durch die Regierung ab. So können diese Unternehmen beispielsweise Grundstücke und Darlehen deutlich günstiger erhalten als Privatunternehmen. Außerdem werden Führungskräfte meist von der Regierung ernannt und tragen selber keine Marktrisiken.

Misst man die Leistung einer Führungskraft, müsse man auch die Leistung der Branche und die Marktsituation mit berücksichtigen, meint Pi.

Einige SOEs haben eine Monopolstellung, ihre Wettbewerbsfähigkeit hat folglich wenig mit den Fähigkeiten ihrer Führungskräfte zu tun. Daher sollte deren hohes Gehalt reguliert werden, während Führungskräfte in wettbewerbsintensiven Branchen, die ihre Unternehmen groß und einflussreich gemacht hätten, mit einem angemessen hohen Gehalt belohnt werden sollten, erklärte Wirtschaftswissenschaftler Ma Guangyuan in der China Youth Daily.

Der Gehaltsplan der Führungskräfte sollte den Aufsichtsbehörden der Regierung zur Genehmigung vorgelegt und von der Öffentlichkeit kontrolliert werden, fordert Pi.

Reformentscheidung

Am 29. August genehmigte Chinas oberste Führungsspitze, das Politbüro der KP Chinas, Pläne zur Regulierung der exzessiven Gehälter der Führungskräfte von zentral verwalteten SOEs.

Bei ihrem Treffen am 29. August entschied die zentrale Führungsspitze, die Einkommensverteilung in den SOEs zu standardisieren. Ziel ist ein angemessenes Gehaltsniveau, eine vernünftige Entlohnungsstruktur, eine standardisierte Gehaltsabrechnung und eine effektive Kontrolle, übertrieben hohe Gehälter sollen korrigiert werden.

Es wurde beschlossen, dass das Gehaltssystem bei Führungskräften je nach Unternehmenstyp und Einstellungsmethode differenzieren und ebenso die Einkommenskluft zwischen Führungskräften und normalen Angestellten berücksichtigen soll. Das Gehalt von Führungskräften in unterschiedlichen Branchen sollte in angemessener Weise angepasst werden, um die soziale Gerechtigkeit zu fördern.

Dennoch sind bislang keine detaillierten Maßnahmen zur Gehaltsanpassung bei Führungskräften bekannt worden.

Die Zentralregierung genehmigte außerdem ein weiteres Dokument zur Ausgabenreduzierung von Führungskräften, dabei geht es um offizielle Empfänge, Fahrzeuge und Auslandsreisen.

"Eine vertiefte Reform der Gehaltsabrechnung für die Führungskräfte der großen Staatsunternehmen ist ein wichtiger Bestandteil der Bemühungen Chinas, ein modernes Unternehmenssystem einzuführen und die Reform der Einkommensverteilung voranzutreiben", hieß es in einer Stellungnahme nach dem Treffen.