11-09-2014
Im Focus
Xiaomi-Smartphones sollen die Welt erobern
von Zhou Xiaoyan

Der Smartphone-Hersteller Xiaomi wurde erst vor wenigen Jahren gegründet und verzeichnet erstaunliche Erfolge in China. Ist er auch in der Lage, global zu expandieren?

Noch ein neues Modell: Zur Markteinführung präsentiert Lei Jun, Gründer und Geschäftsführer von Xiaomi, am 22. Juli das neue Smartphone Mi4 bei einer Zeremonie in Beijing (CFP)

Li Hong, ein 33-jähriger Investment-Manager in Beijing, besitzt zwei Smartphones, ein iPhone und ein Mi2. Das omnipräsente iPhone ist das Aushängeschild des kalifornischen Unternehmens Apple, während das weniger bekannte Mi2 vom heimischen Smartphone-, Tablet- und Fernsehhersteller Xiaomi Technology in Beijing stammt.

"Ich halte das Smartphone von Xiaomi in vielerlei Hinsicht für besser als das iPhone. Es ist billiger, seine Batterie hält länger, die Programme laufen schneller und sein Betriebssystem ist mehr auf chinesische Kunden zugeschnitten", erklärt Li, und fügt hinzu, dass eine Menge Leute in seinem Umfeld Xiaomi-Smartphones nutzen.

"Ihr einziger Nachteil ist, dass ihr Android-Betriebssystem vielleicht nicht so sicher wie das IOS-System von Apple ist." "Samsung und Xiaomi nutzen beide das Android-System, aber die Samsung-Geräte sind in der Regel deutlich teurer, was zwangsläufig zu einem klaren Sieg für Xiaomi auf preissensiblen Märkten führen wird", meint Li.

Noch im vergangenen Jahr war Xiaomi ein relativ unbedeutender Handyhersteller. Mittlerweile ist er zu einem Spitzen-Smartphone-Anbieter in China, dem weltgrößten Handymarkt, geworden.

Nach Angaben des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Canalys lieferte Xiaomi im zweiten Quartal dieses Jahres 15 Millionen Geräte aus und wurde mit einem Marktanteil von 14 Prozent zu Chinas Nummer eins, knapp vor Samsung mit 12 Prozent Marktanteil.

Geschäftsführer Lei Jun, einer der Gründer von Xiaomi, behauptet, dass das Unternehmen im ersten Halbjahr 2014 mehr als 26 Millionen Smartphones verkauft habe, ein Zuwachs von 271 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Umsatzeinnahmen stiegen im gleichen Zeitraum im Vorjahresvergleich um 149 Prozent. Der 45-jährige Geschäftsmann will in diesem Jahr mehr als 60 Millionen Smartphones verkaufen, 2015 sollen es 100 Millionen sein.

Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Strategy Analytics sicherte sich Xiaomi im zweiten Quartal außerdem Rang fünf beim Weltmarktanteil der Smartphone-Hersteller.

Nach dem Riesenerfolg zu Hause begann der ehrgeizige Smartphone-Anbieter in diesem Jahr mit seinem Vorstoß auf den internationalen Markt. Mängel bei Patenten, Innovationen und Telekommunikationsbetreibern könnten sich allerdings als Hindernisse auf dem Weg dahin erweisen.

Erfolgsgeheimnisse

Xiaomi, was übersetzt Hirse bedeutet, wurde im April 2010 von Lei und seinen Freunden in Beijings Technologie-Zentrum  Zhongguancun, auch "China's Silicon Valley" genannt, gegründet.

Am 16. August 2011 kam Xiaomis erstes Smartphone ohne größeres Aufsehen auf den Markt, und verkaufte sich im ersten Monat 10.000 Mal, eine zufriedenstellende, aber nicht weiter bemerkenswerte Zahl. In weniger als drei Jahren brachte Xiaomi dann fünf gut gehende Smartphone-Modelle auf den Markt, das Unternehmen verkaufte nach Angaben von Geschäftsführer Lei insgesamt 57,36 Millionen Stück.

Xiaomis größter Vorteil liegt in seinen moderaten Preisen kombiniert mit leistungsfähiger Hardware und maßgeschneiderter Software. Das ist für viele chinesische Kunden attraktiv, die ein ausgeglichenes Preisleistungsverhältnis bei ihren Smartphones wünschen.

Das jüngste Modell, das Xiaomi Mi4, das am 22. Juli auf den Markt kam, läuft mit einem Quadcore-Chipsatz und ist nach Unternehmensangaben das schnellste Smartphone der Welt. Das Modell 16 G wird im Einzelhandel für 1999 Yuan verkauft, das Modell 64 G für 2499 Yuan. Im Gegensatz dazu können Smartphone von Samsung mit einer ähnlichen Leistung leicht über 4000 Yuan kosten. Es ist ebenso bei weitem bezahlbarer als das iPhone. 

Begeisterte und treue Kunden sind ein weiterer Schlüssel für Xiaomis schnellen Erfolg. Das Unternehmen hat sich durch seine Marketingstrategie, seinen Produkten ähnlich wie Apple einen Nimbus der Exklusivität zu verleihen, eine loyale Kundenbasis aufgebaut. Die meisten der Smartphone-Modelle von Xiaomi  waren schon Minuten nach der Produkteinführung im Internet ausverkauft.

Xiaomis charismatischer Unternehmenschef Lei sieht Steve Jobs als seine persönliche Ikone an und folgt daher größtenteils Apples Strategie der Integration von Internet, Hard- und Software.

Lei nutzt dabei die neue Art des Geschäftemachens in Zeiten mobilen Internets. Wenn es um die Verbesserung der Smartphone-Qualität geht, will er, dass sich die Fans der Marke wirklich involviert fühlen.

"Die meisten Kunden haben viele Ideen darüber, was ein perfektes Smartphone ausmacht. Auch wenn sie ihr Traumhandy nicht selbst bauen können, können sie Xiaomi beraten und das Unternehmen wird diese Funktionen dann umsetzen. Jeder Fan der Marke fühlt sich so als Teil des Prozesses und wird dann gerne mit seinen Freunden über Xiaomi-Handys sprechen", führt Li weiter aus. 

Xiaomi sei so kometenhaft aufgestiegen, weil es den Enthusiasmus junger Chinesen für das Internet genutzt habe, meint die Boston Consulting Group. Das Unternehmen habe außerdem an Terrain gewonnen, indem es auf kostspielige Läden verzichtet und nur im Internet verkauft habe.

Bereit für das Ausland?

Vier Jahre nach seiner Gründung hat Xiaomi sich einen beherrschenden Marktanteil in China gesichert und großen Kultstatus erlangt. Auf dieser Basis hat sich das Unternehmen entschlossen, auch in ausländische Märkte vorzustoßen.  

Im April 2013 startete Xiaomi seine Geschäftstätigkeit in Taiwan und Hongkong. 2014 ging es in Singapur, Malaysia, den Philippinen und Indien an den Markt. Stolz berichtete das Unternehmen, dass seine Produkte in Singapur binnen weniger Minuten und in Indien in weniger als einer Stunde nach dem Online-Produktlaunch ausverkauft waren. Laut Angaben von Canalys gingen 97 Prozent der Lieferungen im zweiten Quartal nach Festlandchina. Das Unternehmen will nun in andere Märkte expandieren, für die zweite Jahreshälfte hat es Indonesien, Mexiko, Russland, Thailand und die Türkei im Visier.

Die Geschäftsmodelle im Ausland seien meist Kopien des chinesischen Business-Modells, erklärte Li Wanqiang, Vizepräsident und einer der Gründer von Xiaomi,

Um den globalen Vorstoß vorzubereiten, heuerte Xiaomi Hugo Barra an, ehemals Vizechef des Android-Produktmanagements bei Google. Barra ist nun verantwortlich für das Unternehmensgeschäft außerhalb Chinas. Die Einstellung von Hugo Barra zeige, dass Xiaomi definitiv auf den internationalen Markt abziele, meint Lydia Bi, Marktforschungsanalystin bei Canalys, auch wenn sich das Unternehmen noch nicht in der Position befinde, um seine Geräte in großem Maßstab international einzuführen.

Es sei weiterhin eine Herausforderung für die Marke, das Vertrauen der ausländischen Käufer zu gewinnen, seine Produkte von vorhandenen Smartphones abzugrenzen und mit internationalen geistigen Eigentumsrechten umzugehen, so Bi.

"Es ist absolut machbar (für Xiaomi, eine globale Marke zu werden)", erklärte Mark Tanner, geschäftsführender Direktor von China Skinny, einem Marktberatungsunternehmen in Shanghai, gegenüber dem CHINAFRIKA-Magazin. „Ich würde sagen, Xiaomi wird vor allem auf preissensiblen Märkten in Asien, Afrika und Lateinamerika groß herauskommen, aber auch auf entwickelten Märkten durchaus Erfolg haben, die USA werden dabei der härteste Markt sein."

Dass durchaus Hindernisse existieren, bestätigt Tanner. „Das heikelste Thema wird die negative Wahrnehmung Chinas sein, zum einen wegen des Qualitätsfaktors und noch wahrscheinlicher wegen des „Big Brother"-Aspekts (Regierungskontrolle). Die USA hat offensichtlich eine Menge Panik vor chinesischen Produkten, man denke nur an die Hindernisse, vor denen Huawei hier stand."

Experten zufolge werden der Mangel an Patenten und seine Low-Cost-Strategie Xiaomis Innovationskapazität beeinträchtigen. Das wird sich auch als Blockade auf dem Weg zur Eroberung reifer Smartphone-Märkte wie der EU und den USA erweisen.

Die Preisperformance sei das Ziel, das Xiaomi kontinuierlich verfolge, erklärte Wang Yanhui, Generalsekretär von CNMO.com, einer Website, die Informationen über die neuesten Smartphones für chinesische Kunden bereitstellt. „Märkte im mittleren und unteren Segment anzuvisieren, wäre nicht gut für die Zukunft des Unternehmens. Ein gutes Smartphone-Unternehmen sollte sich auf Innovationen konzentrieren, statt dauernd anderen zu folgen."

Li, der 33-jährige Projektmanager, hat volles Vertrauen in den weltweiten Erfolg von Xiaomi. "Es ist nur eine Sache der Zeit, bevor die Marke durch günstige Preise und gute Leistung Samsungs globalen Marktanteil erreicht", meint er.

"Dennoch glaube ich nicht, dass Xiaomi dem iPhone einen schweren Schlag versetzen kann. Die meisten iPhone-Nutzer kaufen es wegen des sichereren IOS-Systems und sind schon ziemlich daran gewöhnt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie plötzlich auf Xiaomi umsteigen werden."