Am 29. September 2013 eröffnete man in Shanghai Chinas erste Pilot-Freihandelszone. Zuvor hatte der Staatsrat das Projekt offiziell abgesegnet. Mit einer Gesamtfläche von 28,78 Quadratkilometern umfasst die neue Zone die vier bereits vorhandenen Zoll-Freizonen der Stadt (die Waigaoqiao-Zone, den Waigaoqiao-Logistikpark, die Yangshan-Hafenzone sowie das umfassende Zollfreigebiet des Pudong-Flughafens). Die neue große Freihandelszone soll nun durch die Erleichterung von Investition und Handel, Währungswechselfreiheit, hocheffiziente und bequeme Abwicklung und ein standardisiertes Rechtsumfeld neue Investoren anlocken. In all diesen Bereichen erreicht die neue Zone internationales Niveau. Seit der Gründung der neuen Zone ist nun bald ein Jahr vergangen und seither sind vor Ort zahlreiche neue Ideen und Wege für Chinas Öffnung nach außen sowie die weitere Vertiefung der Reform erforscht worden.
Am 29. September 2013 öffnete Chinas erste Pilot-Freihandelszone in Shanghai ihre Pforten. Zuvor hatte der Staatsrat das Projekt offiziell abgesegnet.
Handelserleichterung und -freiheit aktiv fördern
Per Definition handelt es sich bei einer nationalen Freihandelszone (Free Trade Zone, kurz FTZ) wie der in Shanghai um eine Sonderzone auf dem Territorium eines souveränen Staates oder Gebiets, die allerdings außerhalb der Zollgrenze liegt und in der es erlaubt ist, ausländische Waren zollfrei ein- und auszuführen. Die Shanghaier Zone entspricht dabei den einschlägigen Bestimmungen für Freihandelszonen der World Custom Organization (WCO). In der „Kyoto Konvention" der WCO wurde festgelegt, dass eine Freihandelszone ein Bestandteil des Territoriums des Unterzeichnerstaates bzw. -gebiets sein muss. Alle Güter und Waren, die in eine derartige Zone eingeführt werden, werden genauso wie diejenigen außerhalb der Zollgrenze behandelt und sind deshalb offiziell zollfrei. In Shannon in Irland, auf der indonesischen Insel Batam sowie in Colon in Panama gibt es bereits vergleichbare Freihandelszonen.
Eine weitere Form von zollfreien Gebieten sind die so genannten Freihandelsareale (Free Trade Area, FTA), die im Freihandelsabkommen (Free Trade Agreement) der Welthandelsorganisation (WTO) definiert sind. Bei ihnen treffen zwei oder mehr Wirtschaften eine Vereinbarung, gegenseitig Zolltarife und andere Handelsbeschränkungen abzuschaffen bzw. zu reduzieren. Gleichzeitig können sich alle Seiten aber eine selbstständige Außenhandelspolitik vorbehalten. Zu den Freihandelsarealen gehören das NAFTA zwischen den USA, Kanada und Mexiko sowie das Freihandelsareal zwischen China und den ASEAN-Staaten.
Durch die Errichtung der Pilot-Freihandelszone in Shanghai konnte in den vergangenen Monaten nicht nur der Freihandel in größerem Maßstab gefördert werden, auch die Handelskosten wurden erfolgreich minimiert. Die Zone hat zudem dazu beigetragen, den Einfluss des Marktes zu stärken, was eine stabile, gesunde und nachhaltige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft gewährleistet.
Die Pilot-Freihandelszone erprobt derzeit das Prinzip „erst ankommen, dann verzollen". Sprich: Unternehmen dürfen mit einem Frachtbrief ihre Containerwaren direkt im Hafen abholen und sie in die Freihandelszone transportieren, noch bevor sie die notwendigen Zollformalitäten erledigt haben. So lässt sich nicht nur das Verfahren der Zollkontrolle um zwei bis drei Tage verkürzen, es werden zudem durchschnittlich zehn Prozent der Logistikkosten eingespart. Außerdem wurden die Formalitäten für den Güterumlauf vereinfacht. Derzeit können die Waren in der Shanghaier Zone zunächst selbstständig befördert werden, bevor die zentralisierten Formalitäten für die Zollerklärung erledigt werden müssen. Zwar wurde der Umfang für die Akteneintragung vergrößert, die entsprechenden Formalitäten allerdings wurden vereinfacht. Darüber hinaus arbeitet die Verwaltungskommission der Freihandelszone eng mit den Behörden für Industrie und Handel, Steuer sowie Qualitätskontrolle zusammen, so dass ausländische Unternehmen schon innerhalb von vier Tagen (25 Tage schneller als früher also) eine Registrierungsbestätigung, eine Gewerbelizenz, einen Unternehmenscode und die nötige Steuereintragung erhalten können. Hierfür ist nur ein einziges Formular auszufüllen, das an einem speziellen Schalter eingereicht wird. All diese Maßnahmen haben den Handel wesentlich erleichtert und freier gestaltet.
Systemaufbau beschleunigen, Dienstleistungssektor noch weiter öffnen
Bereits Ende der 1980er Jahre zeigte sich die chinesische Regierung offen dafür, von fortschrittlichen Erfahrungen aus dem Ausland zu profitieren und eine Freihandelszone einzurichten, um die Reform und Öffnung als grundlegende nationale Politik in die Tat umzusetzen. Da die politischen Reformen damals allerdings erst am Anfang standen, wurden die Vorhaben, die in der geplanten Freihandelszone verwirklicht werden sollten, in großem Maßstab reduziert. Statt der geplanten „Freihandelszone" wurde eine „zollfreie Zone" (Bonded Zone) errichtet. Später wurden in der Verwaltung dieser zollfreien Zone lediglich noch kleine Nachjustierungen vorgenommen, systembezogene Durchbrüche und Innovationen blieben aus. Die Gründung der Pilot-Freihandelszone in Shanghai im vergangenen Jahr und die beträchtlich beschleunigte Reform spiegeln die Entschlossenheit und den Willen der chinesischen Regierung, die Verwaltung stark zu vereinfachen, die Machtbefugnisse zu dezentralisieren und am Ziel des systembezogenen Aufbaus unbeirrt festzuhalten, wider. Und das ist letztlich auch der Königsweg für die Volksrepublik, um weltweit an Einfluss zu gewinnen.
Seit der Gründung der Pilot-Freihandelszone ist bald ein Jahr vergangen. Seither sind vor Ort zahlreiche neue Ideen und Wege für Chinas Öffnung nach außen sowie die weitere Vertiefung der Reform erforscht worden.
In der Pilot-Freihandelszone in Shanghai konnte seit ihrer Gründung der Systemaufbau merklich beschleunigt werden. Dazu gehören die Einführung einer so genannten Negativliste, die Gleichbehandlung von in- und ausländischen Investoren, die Marktorientierung des Zinssatzes, die Öffnung des Kapitalmarktes sowie die Erweiterung der Öffnung des Dienstleistungssektors. Genauer gesagt, wurden insgesamt 23 Zugangsbeschränkungen für Investoren hinsichtlich ihrer Qualifikation, ihres Aktienanteils sowie des Bewirtschaftungsbereichs in 18 Branchen wie Finanzdienstleistungen, Schiffstransport, Handel, spezialisierte Dienstleistungen, Kultur und Unterhaltung sowie soziale Dienstleistungen vorläufig außer Kraft gesetzt oder abgeschafft. Darunter sind 16 Öffnungsmaßnahmen bereits in die Tat umgesetzt worden. Die drei Öffnungsmaßnahmen für Produktion und Absatz von Geräten und Anlagen aus dem Bereich Computerspiele und Vergnügung, für Agenturen für kulturelle Aufführungen bzw. für öffentliche Vergnügungsstätten sind noch zu regulieren. Für die vier Öffnungsmaßnahmen für die Verwaltung des internationalen Transports, die Verwaltung internationaler Schiffe, für Banken mit beschränkter Lizenz bzw. Rechtsanwaltsdienstleistungen sollen die entsprechenden Verwaltungsmethoden bzw. detaillierten Regeln und Vorschriften in Zukunft weiter vervollkommnet werden.
Das Konzept der Negativliste stammt ausden entwickelten Ländern und ist ein neues Verwaltungsmodell für Investoren. Auf dieser Liste sind all diejenigen Bereiche und Industriebranchen verzeichnet, die für Investoren weiterhin nicht zugänglich sind. Zu allen übrigen Bereichen außerhalb der Liste haben alle Investoren Zugang. Dafür soll die Funktion der Regierung wesentlich verändert werden. Die Regierung in ihrer Rolle als Dienstleister demonstriert mit der Negativliste einerseits ihre Makroverwaltungsfähigkeit, andererseits ihre Zuversicht und Glaubwürdigkeit. Zwar ist die Negativliste in ihrer Version von 2013, die die Pilot-Freihandelszone Shanghai jüngst bekannt gegeben hat, noch vergleichsweise lang, zum Beispiel sind darin 190 Sondermaßnahmen aufgeführt, aber sie stellt dennoch einen wichtigen ersten Schritt dar und wird dazu beitragen, die Reform und Öffnung weiter zu vertiefen sowie die gesunde Entwicklung von Chinas Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben.
Eine weitere wichtige und äußerst tief greifende Reformmaßnahme ist die so genannte Inländerbehandlung für Ausländer. Sie taucht an vielen Stellen in den WTO-Vereinbarungen für Güter- und Dienstleistungshandel auf. Aber eine Gleichbehandlung dieser Art ist nicht allseitig. Es gibt weltweit noch kein einheitliches internationales Investitionsabkommen. In einem bilateralen oder regionalen Investitionsabkommen hohen Niveaus wird eine umfassende Gleichbehandlung von In- und Ausländern deutlich festgelegt. Die Pilot-Freihandelszone in Shanghai hat nun die umfassende Gleichbehandlung von In- und Ausländern eingeführt. Damit sind alle Investoren völlig gleich berechtigt. Das verbessert nicht nur das Investmentumfeld wesentlich, sondern ist auch förderlich für die Standardisierung und gesunde Entwicklung des chinesischen Investmentmarktes. Dabei kann China wertvolle Erfahrungen dafür sammeln, ein Investmentabkommen hohen Niveaus mit den wichtigsten Wirtschaften der Welt zu schließen, Freihandelsareale hohen Niveaus zu vereinbaren und aufzubauen und sich am globalen Regieren zu beteiligen, und auch eine solide Grundlage für all dies schaffen.
Die chinesische Zentralbank unterstützt die Marktorientierung des Zinssatzes und die Öffnung des Kapitalmarktes in der Freihandelszone Shanghai und hat Ende 2013 ihre „Ansichten zur finanziellen Unterstützung des Aufbaus der Pilot-Freihandelszone in Shanghai" bekannt gegeben. Darin werden 30 detaillierte Regeln für die Finanzreform in der Freihandelszone festgelegt, wie etwa Regelungen über die Erleichterung des Währungswechsels für Investition und Kapitalbeschaffung, die Erweiterung der grenzüberschreitenden Verwendung des RMB, das Vorantreiben der Reform hinsichtlich der Marktorientierung des Zinssatzes und die Verbesserung der Devisenverwaltung. All dies hat die Investition und den Handel deutlich erleichtert. Im Mai des laufenden Jahres hat die Zentralbank ihre „(Vorläufigen) Vorschriften zur Durchführung der getrennten Rechnungsführung in der Pilot-Freihandelszone in Shanghai" und die „(Vorläufigen) Vorschriften zur umsichtigen Risikoverwaltung bezüglich der getrennten Rechnungsführung in der Pilot-Freihandelszone in Shanghai" verkündet. Damit wird die Entwicklung des Finanzwesens in der Freihandelszone weiter gefördert.
Balance zwischen kurzfristigen Resultaten und langfristigem Aufbau
In der Freihandelszone Shanghai werden die bestehenden Systeme und Maßnahmen ständig vervollständigt. Im Dezember des Vorjahres beschloss der chinesische Staatsrat mit Ermächtigung des Nationalen Volkskongresses, in der Freihandelszone rund 20 vorläufige administrative Verordnungen zu regulieren, die die Bereiche Investition und Dienstleistung regeln. Dazu gehören unter anderem die „Detaillierten Vorschriften zur Durchführung des Gesetzes über Unternehmen mit ausländischem Kapital in der Volksrepublik China" und die „Bestimmungen für die Registrierung von Schiffen in der Volksrepublik China". Darüber hinaus haben mittlerweile mehr als zehn Ministerien, darunter das Finanzministerium und das Ministerium für Verkehr und Transport, jeweils oder gemeinsam entsprechende Dokumente zur Unterstützung des Aufbaus der Shanghaier Zone bekannt gegeben.
Trotz der Fortschritte gibt es allerdings auch einige Probleme zu beachten. Erstens darf die Vergünstigungspolitik in der Freihandelszone nicht die Hauptrolle spielen. Der systembezogene Aufbau muss im Vordergrund stehen. Viele Orte in anderen Landesteilen sind begierig darauf, ebenfalls eine Freihandelszone zu errichten. Die Preise wesentlicher Faktoren wie Immobilien, die mit dem Aufbau einer solchen Zone in Zusammenhang stehen, steigen derzeit übermäßig. Das verkleinert sicherlich den Spielraum der Fertigungsindustrie und der Dienstleistungsbranche in der Freihandelszone beträchtlich. Zweitens könnte die Reform und Öffnung in der Pilot-Freihandelszone in Shanghai in noch größeren Schritten vorangetrieben werden. Dabei ist es vor allem wichtig, über die lokale Denkweise hinaus den Geist für Pionierarbeit und Innovation voll zu entfalten und nicht nur Wert auf kurzfristige politische Erfolge zu legen. Es sollen nachahmenswerte Erfahrungen gesammelt werden, die später auch andernorts zum Einsatz kommen können, um die Entwicklung des gesamten Landes voranzutreiben. Drittens ist es wünschenswert, dass der Aufbau der Freihandelszone noch aktiver von der gesamten Gesellschaft unterstützt wird. Es ist dringend notwendig, die Balance zwischen kurzfristigen Resultaten und langfristigem Aufbau zu wahren. Darüber hinaus gilt es, die Standorte der Freihandelszonen landesweit strategisch zu verteilen sowie entsprechende Entwicklungsplanungen und Bewertungen auszuarbeiten. Die internationale Erfahrung hat gezeigt, dass der Aufbau einer Freihandelszone nicht über Nacht geschehen kann, sondern einen Prozess in Anspruch nimmt.
*Hu Jiangyun ist Wissenschaftsrat des Forschungszentrums für Entwicklung des chinesischen Staatsrates. |