21-05-2014
Im Focus
Ein neuer Zusammenschluss Asiens
von Li Xin

 

Die beiden chinesischen Seidenstraßen helfen beim Aufbau einer engeren Zusammenarbeit zwischen den CICA-Mitgliedern

 

 

Straße des Wohlstands: Eine chinesische Stickerin am Rande eines internationalen Seminars über die historische Seidenstraße in Istanbul am 28. Oktober 2013

 

Es gibt mittlerweile keinen Zweifel mehr daran, dass die Asien-Pazifik-Region zum wirtschaftlichen Mittelpunkt des 21. Jahrhunderts werden wird, gegenwärtig erwirtschaftet sie 57 Prozent des weltweiten BPIs. Gravierende Sicherheitsprobleme stellen allerdings weiterhin eine Herausforderung dar und führen zu einer Zunahme geopolitischer Rangeleien und von Misstrauen in der Region. Die Koreanische Halbinsel steht immer noch am Rande des Konflikts, die japanische Politik driftet weiter nach rechts ab, territoriale und maritime Streitigkeiten köcheln in Südasien und im Asien-Pazifik-Raum vor sich hin, und Westasien bleibt weiterhin instabil. Gleichzeitig kämpfen viele Länder der Region mit Terrorismus, Extremismus, Separatismus, organisiertem Verbrechen und Drogenhandel.

Aufgrund der uneinheitlichen Entwicklung der Staaten der Region nach dem Zweiten Weltkrieg mangelt es an effizienter wirtschaftlicher Integration, was dem Trend zur wirtschaftlichen Globalisierung zuwiderläuft. Die Region liegt außerhalb des weltweiten wirtschaftlichen Integrationsprozesses, dessen Merkmale „eine Achse und zwei Flügel" sind – die nordamerikanische Freihandelszone und die transpazifische Partnerschaft sowie die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft  - dominiert durch die USA und die EU. Gemeinsam mit einem multilateralen Dienstleistungshandelsabkommen wird aus diesem Prozess eine neue Art „WTO" entstehen, angeführt von den Ländern des Westens.

Vor diesem Hintergrund soll die Konferenz über Interaktion und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien (CICA) eine stabilisierende Rolle beim Aufbau der regionalen Sicherheit spielen. Im Geiste von Frieden, Harmonie und Einheit setzen sich die Teilnehmer für eine Stärkung des Dialogs, des Vertrauens und der Zusammenarbeit unter den asiatischen Ländern ein. Außerdem soll die gemeinsame Entwicklung gefördert werden, um ein neues friedliches und stabiles Asien  aufzubauen. China wird zusammen mit anderen CICA-Mitgliedern an der Verbesserung von Strukturen, der Vertiefung der Zusammenarbeit und der Einführung vertrauensbildender Maßnahmen arbeiten.

Beim Gipfeltreffen der CICA, das im Mai in Shanghai stattfindet, stehen die Themen Sicherheit, Zusammenarbeit und Entwicklung auf der Agenda. Die wirtschaftliche Entwicklung ist ein wichtiger Bestandteil der CICA, da Sicherheit und Wachstum aufeinander aufbauen. Die CICA stärkt wirtschaftliche Verbindungen, indem sie Mitglieder zu beidseitigem Handel und Investitionen anregt. Schwerpunkte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sind der Aufbau unterschiedlicher Verkehrsnetze; die Schaffung eines sichereren und effektiveren Verkehrskorridors; effizientere und sicherere regionale Verkehrsmittel und eine ebensolche Energieversorgung; die Ausweitung von Handel und Investitionen sowie die Kooperation im Finanzwesen und Tourismus; die Förderung von Kommunikation und Zusammenarbeit im Bereich der Informationstechnologie und die Einrichtung einer Wirtschafts- und Handelsdatenbank.

 

Wichtige Initiativen 

Staatspräsident Xi Jinpings Pläne für einen Wirtschaftsgürtel an der Seidenstraße und die so genannte maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts werden für die wirtschaftliche Zusammenarbeit der CICA-Mitglieder zu einem wichtigen Antriebsmotor werden.

Beide Initiativen schaffen ein neues Muster für Chinas umfassende Öffnung und einen neuen Rahmen für die diplomatischen Beziehungen zu seinen Nachbarländern und bedeuten einen wesentlichen Wandel in der Öffnungsstrategie. Das Land entfernt sich zunehmend von seinem Fokus auf ausländische Investitionen und sucht nach einem Gleichgewicht mit eigenen Investitionen ins Ausland. Da China sich auf die Länder jenseits seiner Westgrenze hin bewegt, wird es die Entwicklung seiner westlichen Regionen beschleunigen. Durch sein Engagement für Freihandelszonen mit den Nachbarländern will China den freien Fluss von Arbeitskräften, Kapital und Rohstoffen fördern, ganz im Sinne der globalen wirtschaftlichen Integration.

Der Wirtschaftsgürtel an der Seidenstraße basiert auf der Öffnung und Entwicklung der westlichen Regionen Chinas. China wird die zweite eurasische Landbrücke bauen, die durch den Nordwesten des Landes verläuft und den Pazifik mit der Nordsee verbindet. Es wird die Zusammenarbeit mit zentralasiatischen Ländern im Bereich Energie und Infrastrukturaufbau beschleunigen und die Einrichtung einer Freihandelszone mit der EU fördern. All diese Bemühungen werden bei der Verbindung Zentralasiens mit der EU, der größten Wirtschaftszone der Welt, und der Asien-Pazifik-Region, dem wirtschaftlichen Schwerpunkt der Welt, helfen. Der chinesisch-pakistanische Wirtschaftskorridor wird als Durchgangsweg von dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang zum Indischen Ozean fungieren. Der wirtschaftliche Korridor von Bangladesch, China und Indien bis nach Myanmar soll Chinas Südwesten mit Südostasien verbinden.

Die maritime Seidenstraße basiert auf einer Öffnung der Küstenregion im Südosten Chinas hin zum Asien-Pazifik-Raum. Das Projekt beinhaltet Maßnahmen zur Handelserleichterung, darunter die Gespräche über eine Freihandelszone von China, Japan und Südkorea, die Vertiefung der chinesisch-taiwanesischen Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Finanzen und Investitionen, ein Upgrade der China-ASEAN-Freihandelszone und Verhandlungen über eine Freihandelszone mit Australien. Die maritime Seidenstraße kann sogar in Richtung Norden ausgedehnt werden, an Russlands arktische Seestraßen anknüpfen und die Zusammenarbeit beim Aufbau der Infrastruktur vertiefen.

Chinas Ehrgeiz, seine nordöstlichen Industriebassen zu verjüngen, stimmt mit Russlands Entwicklungsstrategien für seine östlichsten Landesteile überein. Der APEC Gipfel 2012 in Wladiwostok markierte den Beginn der neuen russischen Asien-Pazifik-Strategie. Die gegenwärtigen Sanktionen des Westens, ausgelöst durch die Krise in der Ukraine, haben Moskau dazu gezwungen, seinen strategischen Fokus weiter nach Osten zu verlagern, sie führt dazu, dass Russlands Osten am politischen und wirtschaftlichen Integrationsprozess der Asien-Pazifik-Region teilhat. Die weitere Entwicklung der Region, einschließlich des Wiederaufbaus der Transsibirischen Eisenbahn, der Gewinnung von Energieressourcen, des Aufbaus der Infrastruktur und der landwirtschaftlichen Entwicklung, erfordert eine vertiefte internationale Zusammenarbeit im den Bereichen Finanzen und Technologie. Vor diesem Hintergrund müssen China und Russland ihren 2009 erarbeiteten Plan zur regionalen Entwicklungszusammenarbeit in Chinas Nordosten und Russlands Osten erneuern, um ihre Zusammenarbeit weiter zu erleichtern.

 

(Der Autor ist Direktor des Zentrums für Russland- und Zentralasienstudien am Shanghaier Institut für Internationale Studien)