04-04-2014
Im Focus
Alibaba vor Börsengang in den USA
von Zhou Xiaoyan

 Chinas Marktführer in Sachen E-Commerce plant eine Börsennotierung in den USA. Wie wird das die Zukunft des Unternehmens verändern?

  

 

Bereit fürs Ausland: Das Logo der Alibaba Group am neuen Standort in einem Vorort von Hangzhou in der Provinz Zhejiang (CFP)

 

Die Alibaba Group Holding Ltd., Chinas größtes E-Commerce-Unternehmen, hat am 16. März die Einleitung des lang erwarteten Börsengangs in den USA bestätigt. Die Nachricht hat für Aufsehen in der Finanzwelt Amerikas gesorgt, da die Zulassung für Zeichner und Investoren große Gewinne verspricht.

„Die Entscheidung wird Alibaba zu einem internationalen Unternehmen machen, die Firmentransparenz verbessern und ihm bei der Umsetzung langfristiger Visionen und Ideen helfen", hieß es in einer Unternehmensstellungnahme.

Das Unternehmen hat bislang nicht bekannt gegeben, welche Börse es für die Aktienausgabe wählen wird, noch einen genauen Zeitplan genannt.

Zwar ist Alibaba in China ein E-Commerce-Riese, in den USA ist das Unternehmen allerdings wenig bekannt.

Durch die Kombination vieler Funktionen von eBay, Amazon und PayPal unterscheidet sich Alibaba von anderen chinesischen Internetfirmen. Auch wenn das Unternehmen keine Produkte direkt online verkauft, ist es hoch profitabel, da Händler, die die Website nutzen, für Werbung und anderen Zusatzservice zahlen. 

Alibaba betreibt zwei der beliebtesten Online-Shopping-Websites – Tabao.com, ein C2C-Marktplatz für zahlreiche Start-ups, und Tmall.com, eine B2C-Plattform.

Seit einigen Jahren floriert das Geschäft, da chinesische Verbraucher lieber online shoppen, als in traditionelle Geschäfte zu gehen.

Mit Ende des letzten Geschäftsjahrs am 31. März 2013 überschritt der Transaktionswert der beiden Plattformen nach Unternehmensangaben 1 Billion Yuan.

Die Einschätzung von 12 Analysten ergab im Schnitt einen Unternehmensmarktwert von 141 Milliarden Dollar. Mit dieser Bewertung und dem vereinbarten Verkauf der Hälfte von Yahoos Anteilen könnte ein Börsengang zu Einnahmen von nochmals mehr als 17 Milliarden Dollar führen, meldete Reuters.

Feng Pengcheng, Direktor des Chinesischen Forschungszentrums für Kapitalmanagement an der University of International Business and Economics in Beijing, schätzt den Marktwert auf 150 bis 160 Milliarden Dollar. Er rechnet durch den Börsengang mit Mehreinnahmen von 15 bis 16 Milliarden Dollar, erklärte er gegenüber der Beijing Review.  

Der geplante US-Börsengang ist der am meisten erwartete, seit Facebook bei seinem Börsengang 2012 16 Milliarden Dollar einnahm. Sollte er gelingen, wird er der größte Börsengang eines chinesischen Unternehmens in den USA und einer der größten in der amerikanischen Geschichte.

 

Warum Amerika?

Anfang Juli 2013 hatte Alibaba Berichten zufolge seine Vorbereitungen für den Börsengang so gut wie beendet. Die einzige Entscheidung, die noch ausstand, war der Ort - Amerika oder Hongkong. Hongkong galt dabei als Alibabas erste Wahl.

Hongkongs Regulierungsbehörde genehmigte jedoch die Partnerstruktur des Unternehmens nicht, in der eine Gruppe von Insidern, darunter Unternehmensgründer Jack Ma, den Vorstand kontrollieren, obwohl sie nur eine Minderheit der Aktien besitzen. Diese Unternehmensstruktur ist in New York erlaubt und wird auch von Internetgiganten wie Facebook und Google genutzt.

Die Hongkonger Börsenregeln verbieten duale Aktiengattungen und andere Vereinbarungen, die Aktionären mehr als eine Stimme pro Aktie verleihen, dies verstößt gegen die „Eine Stimme pro Aktie"-Regel.

Alibaba setzte seine Hoffnung darauf, dass die Überarbeitung der Hongkonger Regeln für Aktienbesitz eine Tür für den Börsengang offen lassen würde. Die öffentlichen Beratungsgespräche schritten jedoch nur langsam voran.

Während Alibaba auf eine Entscheidung der Regulierungsbehörde wartete, preschten kleinere Internet-Unternehmen wie JD.com und Sina Weibo mit ihren Plänen für Börsengänge in den USA voran.

JD.com, Chinas zweitgrößtes E-Commerce-Unternehmen nach Alibaba, verkündete am 30. Januar seine Börsennotierung in den USA.

Am 15. März peilte Chinas Twitter-Variante Sina Weibo durch die Aktienplatzierung in den USA Einnahmen von 500 Millionen Dollar an.

Nachdem die Gespräche mit Hongkongs Börsenregulierungsbehörde bereits fast ein Jahr dauerten, verlor Alibaba am Ende die Geduld.

Alibabas Entscheidung ist ein Schlag für Hongkongs Finanzindustrie, was verlorenes Ansehen, Gebühren und Handelsvolumen angeht.

Was für Hongkongs ein Verlust ist, ist für Amerikas Finanzindustrie ein Gewinn. Der Deal kann allein für die beteiligten Banken rund 300 Milliarden Dollar an Beratungsgebühren einbringen, wenn man eine Kommission von schätzungsweise 1,75 Prozent zugrunde legt

Alibaba werde wahrscheinlich eher die New Yorker Börse als den Nasdaq wählen, meint Feng, auch wenn letzterer üblicherweise von Hightech-Unternehmen bevorzugt wurde.

2013 überstieg die Zahl der Hightech-Firmen, die sich für eine Notierung an der New Yorker Börse entschieden, erstmals die Anzahl der Firmen, die den Nasdaq wählten. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Börsengang von Twitter.

„Wegen einiger technischer Störungen in den letzten beiden Jahren beim Nasdaq und den unermüdlichen Werben der New Yorker Börse um Hightech-Unternehmen entschieden sich viele für New York. Soviel ich weiß, bemühte sich die dortige Börse auch öffentlich um Alibaba. Ich vermutete, dass sie am Ende den Zuschlag erhalten wird", erklärte Feng gegenüber der Beijing Review.

 

 Pro und Contra

Für Analysten kommt Alibabas Bestreben nach einer Börsennotierung in den USA im richtigen Moment, da die Unternehmensdominanz anfängt zu bröckeln. Mit WeChat bietet Tencent mobile Zahlungsdienstleistungen und Dienstleistungen, die sich mit denen Alibabas überschneiden, an. 

Durch die Börsennotierung in den USA werde Alibaba zu einem weltbekannten Unternehmen, was hilfreich im Wettbewerb sei, so Feng. 

„Chinas drei führende Internet-Unternehmen – die Suchmaschine Baidu, Alibaba und Tencent – befinden sich in heftigem Wettbewerb um möglichst viele Marktanteile im Bereich mobiles Internet. Nach der Börsennotierung wird Alibaba eine große Menge Kapital einnehmen, das für eine weitere Expansion genutzt werden kann", so Feng. 

„Die Planung von Internet-Business erfordert große Investitionen. Eine Börsennotierung ist wie ein Nachladen von Kugeln, um sich für den Kampf zu rüsten. Der bevorstehende Börsengang wird die Wettbewerbsfähigkeit von Alibaba definitiv steigern, so dass es seine Konkurrenten Baidu und Tencent aggressiver bekämpfen kann", erklärte er.

Jede Medaille hat allerdings zwei Seiten. Eine Notierung in New York bedeutet strenge Kontrollen durch die US-Regulierungsbehörden und Sammelklagen. Investoren werden mehr Druck auf das Unternehmen ausüben, profitabel zu sein, meinen Analysten.

Alibaba wird in drei Bereichen vor großen Herausforderungen stehen, meint Feng.

„Erstens wird Alibaba verpflichtet sein, Informationen gegenüber Investoren offenzulegen, was von Konkurrenten ausgenutzt werden könnte. Zweitens bedeutet die Börsennotierung mehr Gewinndruck für das Unternehmen. Strategische Pläne, die für die langfristige Entwicklung des Unternehmens gut, aber schlecht für den kurzfristigen Profit sein können, müssen möglicherweise zugunsten der Rentabilität aufgegeben werden", erläutert Feng.

„Zudem ist der US-Finanzmarkt der am strengsten überwachte in der ganzen Welt."

Es ist wahrscheinlich, dass sich Alibaba mit seiner Börsennotierung auch auf häufige Sammelklagen einstellen muss.

Alibabas C2C-Website Tabao.com wurde häufig vorgeworfen, dass kleine Händler Plagiate verkaufen würden. Obwohl Alibaba Gegenmaßnahmen ergriff, verfehlten diese ihre Wirkung und es gab oft negative Schlagzeilen über die Website.

In den USA ist die Schwelle für Sammelklagen gering und sie können hohe Gewinne einbringen. Viele Institutionen und Investoren, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen, würden ihr Augenmerk nun auf chinesische Firmen richten, die kürzlich in den USA an der Börse zugelassen wurden, so Sun Feiran, Rechtsanwalt bei DeBund Law Offices in Shanghai.

Den meisten Start-ups auf Tabao ist die Illegalität ihres Handelns nicht klar. Kleine Verkäufer, die Plagiate verkaufen, oder Fotos anderer Verkäufer stehlen, würden demnächst von Alibaba belangt, erklärte Analysten.

„Ich denke, der Emissionsprospekt wird dieses Risiko erwähnen", so Sun. Alibaba wird Verkäufern, die an Urheberrechtsverletzungen beteiligt sind, härtere Strafen auferlegen. Wenn es nichts gegen diese Verkäufer unternimmt, wird das die Firma nach der Börsennotierung ruinieren. Einige kleinere Händler werden vertrieben werden, die guten werden behalten."

Auch Alibabas Online-Shopping-Festival am Singles DaySun wird nach Suns Einschätzung möglicherweise abgeschafft.

Am 11.11., dem so genannten Singles Day, gibt es in China für Online-Shopper massive Preisermäßigungen, er ist mittlerweile das größte Online-Shopping-Festival Chinas, ähnlich wie der Cyber Monday in den USA. Am vergangenen 11.11. verzeichnete Alibaba Transaktionen im Wert von 35 Milliarden Yuan.

„Zu viele Sonderangebote könnten zu Antidumping-Klagen führen", meint Sun. „Alibabas US-Anwälte könnten dem Unternehmen daher dazu raten, auf das Shopping-Festival zu verzichten."