Chinas führendes E-Commerce-Portal verspricht sich gute Gewinnaussichten
Liu Qiangdong, Gründer und Geschäftsführer von JD.com
Zum chinesischen Neujahrsfest am 30. Januar 2014 hat JD.com bei der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) einen Antrag auf den Börsengang in den USA gestellt. Das Emissionsvolumen beträgt 1,5 Milliarden Dollar. Ob JD.com an die NASDAQ oder den New York Stock Exchange geht, ist noch nicht klar. Die Bank of America Merrill Lynch und UBS sollen den Börsengang absichern.
JD.com und Alibaba sind Chinas größte E-Commerce-Unternehmen und stehen in heftigem Wettbewerb miteinander. Ende Juli letzten Jahres gab Alibaba seinerseits bekannt, dass die Vorbereitungen zum Börsengang vor dem Abschluss stünden. Unternehmenschef Ma Yun hatte nur noch nicht entschieden, ob es an die Börse von Hongkong oder in die USA gehen sollte.
Nun werden sich beide Unternehmen auch auf dem Kapitalmarkt Konkurrenz machen. Falls Liu Qiangdong, Gründer von JD.com, die USA wählt, wird sich Ma Yun möglicherweise für Hongkong entscheiden. Das zuerst börsennotierte Unternehmen hat die größeren Chancen.
Das JD-Modell Chinesen, vor allem die Jugendlichen, sind mit dem 2004 gegründeten Portal JD.com bestens vertraut. Das Portal startete als Online-Shop für elektronische Haushaltsgeräte mit eigener Warenlieferung. Das B2C-Modell (Business to Customer) lief den echten Geschäften für Haushaltsgeräte schnell den Rang ab.
Anfangs wurde JD.com von Ma Yun kaum als Konkurrenz betrachtet, da Alibabas Tochterunternehmen Taobao.com als Plattform im C2C-Bereich gut von den Kunden angenommen wurde. Später sorgten allerdings Meldungen über Fake-Produkte für Gewinneinbußen. JD.com verkauft nur Produkte aus dem eigenen Einkauf und kann daher die Produktqualität besser überwachen. Dadurch gewann das Unternehmen das Vertrauen der Kunden. Der Umsatz boomte.
Ab 2007 erweiterte JD.com seinen Produktumfang. Zum Online-Sortiment gehören seitdem auch Kleidung, Taschen, Koffer oder Bücher. Als Reaktion darauf startete Alibaba im Januar 2012 seine B2C-Plattform Tmall.com
Nach Statistiken des Marktforschungsunternehmens „iResearch" ist JD.com Chinas größtes Unternehmen im Online-Direkthandel mit einem Marktanteil von 45 Prozent im Jahr 2013. Laut Emissionsprospekt stieg die Produktmenge von 1,5 Millionen am 31. Dezember 2011 auf 25, 7 Millionen am 31. Dezember 2013.
Geld verdienen, aber wie?
Trotz des großen Geschäftsvolumens machte JD.com immer noch Verluste. Das geht in China fast allen E-Commerce-Unternehmen im B2C-Bereich so. In den ersten drei Quartalen 2013 erwirtschaftete das Portal erstmals einen Gewinn in Höhe von 60 Millionen Yuan. Das Geld stamme jedoch vor allem aus dem Finanzgeschäft oder anderen Bereichen, so Wang Yong, Wissenschaftler für Makroökonomie bei CITIC Securities.
Bei einem börsennotierten Unternehmen würden Investoren verstärkt auf seine künftigen Gewinnaussichten achten, erklärte Wang. Daher könne JD.com für sie sehr attraktiv sein.
Die Zahlen im Antrag auf die Börsenzulassung zeigen, dass die Maßnahmen zur Reduzierung von Verlusten bereits Wirkung zeigen. Lagen sie von 2009 bis 2012 noch bei 103 Millionen, 416 Millionen, 1,4 Milliarden bzw. 1,95 Milliarden Yuan, schrumpften sie in den ersten drei Quartalen 2013 auf 316 Millionen Yuan.
Zwei Wettbewerbsvorteile erhöhen das Gewinnpotenzial. Einerseits besitzt JD.com ein unabhängiges Logistiksystem, das es über Jahre hinweg ausgebaut hat. Die pünktliche und verlässliche Lieferung ist entscheidend für den Erfolg im Online-Handel. JD.com besitzt die umfangreichsten Logistikeinrichtungen von allen chinesischen E-Commerce-Unternehmen. Ende 2013 betrieb JD.com 82 Lagerhäuser in 34 Städten mit einer Gesamtfläche von 1,3 Millionen Quadratmetern. Das Unternehmen besitzt 1453 Lieferpunkte in 460 Städten und 209 Abholstationen. Im Lieferservice arbeiten fast 20.000 Menschen. Die meisten Bestellungen können von eigenen Zustellern geliefert werden. Zwar bemühen sich auch Suning.cn und amazon.cn um den Aufbau eines landesweiten Logistiknetzes, das kann aber noch dauern.
Ein weiterer Vorteil von JD.com ist seine führende Position im selbstbetriebenen B2C-Bereich. Das Marktvolumen liegt bei 100 Milliarden Yuan, beim zweitplatzierten Suning.cn beträgt es nur 20 Milliarden Yuan.
Der Emissionsprospekt zeigt, dass JD.com zuversichtlich in die Zukunft blickt, da es sich um ein technologieorientiertes Unternehmen handelt, das viel in den Aufbau einer eigenen modifizierbaren Technikplattform investiert. JD.com verfügt über ein ausgeklügeltes Business Intelligence System, das es in die Lage versetzt, seine Lieferquellen und seinen Lagerumschlag zu verbessern sowie Kosten zu kontrollieren. Außerdem wird die große Kundendatenbank für gezielte Produktempfehlungen und zielgenaue und günstige Werbung genutzt.
Neben seinem Hauptgeschäft in B2C-Bereich zählen Internetfinanzierung und internationale Expansion zu den Strategien von JD.com. Seit dem 6. Dezember 2013 bietet das Unternehmen Finanzierungsdienstleistungen im Internet an, so offeriert es seinen Zulieferern Kredite, die innerhalb von drei Minuten geprüft und bewilligt werden. Das geschieht anhand der vorhandenen Daten über Ankauf, Umsatz und Finanzen. Der Kredit kann bis zu 90 Tage verlängert werden, die Zulieferer entscheiden selbst über Kreditsumme und Tilgungsplan.
Seit Anfang 2012 bietet JD.com einen Finanzierungsservice für seine Lieferkette an. Das Geschäft wuchs schnell. Bislang hat das Unternehmen Kredite im Wert von acht Milliarden Yuan vergeben. Der höchste Einzelkredit lag bei über 100 Millionen Yuan. Zu seinen finanziellen Partnern gehören Banken, Treuhand- und Fondsgesellschaften, Wertpapierfirmen, Garantie- und Versicherungsgesellschaften.
Darüber hinaus besitzt JD.com Lizenzen für Finanzdienstleistungen im Bereich Drittanbieter-Zahlung, für Mikrokredite und Fonds-Zahlungen. Das Unternehmen hat damit begonnen, Versicherungsprodukte auf offenen Plattformen zu verkaufen und wird bald auch im Bereich Vermögensverwaltung und Privatkredite tätig werden. Eine „Finanzgruppe" ist ebenfalls in Planung.
Ein Hauptziel des Börsengangs sei es, mit dem eingenommenen Geld Landnutzungsrechte zu kaufen, um neue Lagerhäuser und mehr Lieferstationen zu errichten und die Logistik-Infrastruktur zu verbessern, das Finanzgeschäft weiter aufzubauen und mögliche Investitionen und Übernahmen zu unterstützen, erklärte Wang. Dies sei ein ziemlich guter Plan für die geschäftliche Expansion und ein vielversprechendes Zeichen für die künftige Rentabilität des Unternehmens, meint er. |