10-02-2014
Im Focus
Chinas Wirtschaft besser als erwartet
von Lan Xinzhen

Es scheint, als könne Chinas Wirtschaft auch 2014 ein stabiles und moderates Wachstum aufrechterhalten.

 
 

Ankurbelung der Wirtschaft: Bauarbeiten in Jiujiang (Provinz Jiangxi). Chinas Wirtschaft konnte 2013 ein stabiles Wachstum aufrechterhalten (ZHANG HAIYAN)

Chinas BPI stieg 2013 um 7,7 Prozent auf 56 Billionen Yuan (6,82 Billionen Euro). Damit wurde das von der Regierung Anfang des Jahres festgesetzte Ziel von 7,5 Prozent erreicht, wie das Nationale Statistikbüro (NBS) am 20. Januar meldete. Oder kurz gefasst: Chinas Wirtschaft wuchs mit relativ hohem Tempo weiter.

Diese Wachstumsrate ist ein hart erarbeiteter Erfolg. 2013 intensivierte die Regierung die Umstrukturierung der Wirtschaft. Die zahlreichen Schließungen veralteter, umweltschädigender Produktionsanlagen mit hohem Energieverbrauch hätten leicht zu einem Abschwung führen können. Um die Arbeitslosenquote zu senken und die Lebensbedingungen zu verbessern, musste die Regierung jedoch eine stabile wirtschaftliche Entwicklung sicherstellen. Die Zahlen für 2013 zeigen, dass es ihr offensichtlich gelungen ist, wirtschaftlichen Wandel und Wachstum in Einklang zu bringen.

Die Gesamtwirtschaftsleistung des Jahres 2013 zeige eine gute Dynamik für ein stabiles und moderates Wachstum, erklärte Ma Jiantang, Leiter des NBS.

Einige der schon zuvor bestehenden Probleme wie die gravierenden Überkapazitäten und potenzielle Risiken im Bankensektor seien jedoch nicht entschärft worden und hätten sich negativ auf die Wirtschaft ausgewirkt.

 

Aus der Talsohle heraus

Chinas Wirtschaftswachstum verlangsamte sich 2013 zunächst und nahm dann wieder an Fahrt auf. Nach Zahlen des NBS nahm es in den ersten beiden Quartalen des Jahres ab, bevor im dritten Quartal ein Anstieg erfolgte.

Die schleppende Nachfrage am heimischen und internationalen Markt sowie die ökonomische Umstrukturierung seien die Hauptgründe für die Wachstumsschwankungen gewesen, erklärte Liu Yingqiu, Wissenschaftler an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS).

Um Wachstum auch für 2013 sicherzustellen, setzte die Zentralregierung ihre Politik der der wirtschaftlichen Situation angemessenen Korrekturen fort und startete mehrere Reformmaßnahmen. So vereinfachte sie das System behördlicher Genehmigungen, leitete die Freigabe der Zinssätze ein, beschleunigte die Entwicklung energiesparender und umweltfreundlicher Industrien, unterstützte kleine und Kleinstunternehmen finanziell, förderte Ausgaben für die Informationsindustrie, reformierte Investitions- und Finanzierungsstrukturen im Schienenverkehr und errichtete eine Freihandelszone in Shanghai.

Diese Maßnahmen kehrten den Abwärtstrend der ersten Quartale erfolgreich um und gewährleisteten die Erfüllung des Wachstumsziels für 2013.

Ma beschrieb Chinas Wirtschaft 2013 als "beständig, progressiv und gut". Die gesamte Wirtschaftsleistung, Arbeitsmarkt und Preise hätten ein stabiles Niveau gehalten. Durch die Optimierung der Industriestruktur habe es Fortschritte bei der wirtschaftlichen Umstrukturierung gegeben, die Nachfragestruktur habe sich verbessert, die regionale Entwicklung sei ausgeglichener, die Einkommensverteilung gleichförmiger verlaufen, die Qualität des Wachstums sowie die Lebensbedingungen der Menschen hätten sich zum Positiven hin entwickelt. Diese Erfolge machten deutlich, dass die Reformmaßnahmen rechtzeitig erfolgten und effektiv waren.

Zwei Bereiche seien 2013 vorrangig gewesen, der Verbraucherpreisindex und der Arbeitsmarkt, so Wang Yong, Analyst bei CITCI Securities Co. Ltd. Die Regierungsvorgabe für den VPI für Anfang 2013 lag unter 3,5 Prozent, das Endergebnis betrug 2,6 Prozent.

Die amerikanische Lockerungspolitik habe weltweit zu einer steigenden Inflation geführt, vor allem die Schwellenländer seien davon betroffen gewesen, so Wang. Die Inflationsraten in Brasilien, Russland und Indien lagen Ende 2013 bei 5, 6 bzw. 9 Prozent. Dass China seine Inflationsrate bei niedrigen 2,6 Prozent halten konnte, stellt folglich einen beachtlichen Erfolg dar.

Ein weiterer wichtiger Bereich war der Arbeitsmarkt. 2013 schuf China mehr als 11 Millionen neue Jobs und übertraf damit die Zielvorgabe von 9 Millionen vom Anfang des Jahres.

 

Dunkle Wolken am Horizont

Für die chinesische Wirtschaft werde es etwas schwierig werden, langfristig ein stabiles Wachstum aufrechtzuerhalten, erklärte Su Jie, Wissenschaftler am Institut für Internationale Wirtschaft und Politik an der CASS.

Seiner Ansicht nach habe sich die Wirtschaft zu stark auf Investitionen und Exporte verlassen. Das strukturelle Ungleichgewicht gefährde ein nachhaltiges Wachstum. In den vergangenen zehn Jahren hat China sehr viel Wert auf die Entwicklung von Wissenschaft, Technologie und anderen aufstrebenden Industrien gelegt. Das Potenzial dieser Industrien zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung ist jedoch weit davon entfernt, vollständig ausgeschöpft zu werden. Daher werde es für China eine große Herausforderung sein, ein jährliches Wachstum von 7 Prozent auch in Zukunft zu erhalten, wenn es sich hauptsächlich auf Wissenschafts- und Technologieindustrien verlässt. Chinas Wirtschaft befinde sich in einer entscheidenden Phase des Wandels, so Ma, viele alte und tief verwurzelte Probleme seien noch nicht gelöst und die Grundlagen für die Konjunkturerholung müssten weiter konsolidiert werden. Die Verschuldung der lokalen Regierungen stelle zudem weiterhin ein Risiko dar. Die Regierung sollte die Schließung veralteter Produktionsanlagen weiter intensivieren, fügte er hinzu.

Größte Herausforderung für Chinas Wirtschaft sei der umfassende Transformationsprozess. Es sei ein Modell erforderlich, dass sich auf heimische Nachfrage und den Verbraucher konzentriere, erklärte Chen Dafou, Leiter des Forschungsinstituts für Finanzwissenschaften beim Staatsrat. Dafür müssen neuartige Beziehungen zwischen Regierung, Markt und Gesellschaft aufgebaut werden. Die Verschlankung der Verwaltung und die Übertragung von Befugnissen auf niedrigere Regierungsebenen, beides 2013 eingeleitet, sind nur der Anfang der Bemühungen, diese Beziehung wiederherzustellen.

Die gegenwärtige wirtschaftliche Situation zeige, dass der Abbau von Überkapazitäten immer noch schwierig sei, so Chen. 2013 wurden nur 76 Prozent der Produktionskapazität chinesischer Unternehmen genutzt, der internationale Durchschnitt liegt bei 80 Prozent. Überkapazitäten in der Stahl-, Aluminium-, Zement-, Flachglas- und Schiffbauindustrie sind besonders ausgeprägt. In diesen Branchen werden nur 70 Prozent der Produktionskapazität genutzt.

Die Überfülle an Krediten in Industrien oder Projekten mit redundantem Aufbau oder Überkapazitäten widerspricht den Zielvorgaben für die ökonomische Neustrukturierung und birgt zudem ein großes Risiko für die Finanzindustrie. Der Liquiditätsengpass, den chinesische Banken 2013 erlebten, könnte 2014 zur Normalität werden, eine Tatsache, die das stabile Wachstum gefährdet.

 

Licht am Horizont

2014 wird das erste Jahr der Vertiefung der Reformen. Die Wirtschaft müsse eine ungewisse Nachfrage und die der Reformvertiefung inhärente kontinuierliche Umstrukturierung bewältigen, so Liu. Das internationale Umfeld werde sich aber zum Positiven entwickeln und die Reformen zur Stabilisierung der Markterwartungen beitragen. Daher werde die Gesamtwirtschaftsleistung trotz kurzer Schwankungen stabil bleiben und das Wachstum leicht zunehmen, behauptet Liu.

China sollte 2014 weiterhin effektive Makrokontrollen durchführen und ein Gleichgewicht zwischen der "Sicherstellung des Wachstums, Umstrukturierungen und dem Fortschreiten der Reformen" suchen, so Liu.

China sollte regierungsgesteuerte Investitionen ausweiten, um das schwächelnde Investitionswachstum auszugleichen, sollte dabei aber Anreize für neue Überkapazitäten vermeiden, rät er. China sollte seine besonnene Währungspolitik fortsetzen und die Entwicklung der Realwirtschaft sowie die Transformation seiner Wirtschaftsstruktur durch Korrekturen bei der Verteilung von Finanzmitteln fördern. Chinas BPI-Wachstum könnte 2014 auf 7,9 Prozent steigen, erklärt Xu Gao, Chef-Analyst bei Everbright Securities Co. Ltd., Investitionen und Konsum könnten ähnlich wie 2013 zur Entwicklung der Wirtschaft beitragen. Da sich deutlichere Aussichten auf eine Konjunkturerholung in den entwickelten Ländern abzeichnen, werden Exporte eine bedeutende Rolle bei der Ankurbelung des Wachstums spielen.

Die Risiken durch die verschuldeten Lokalregierungen seien unter Kontrolle, meint Xu, China müsse aber weitere Schuldenerhöhungen streng begrenzen und den Cash Flow sicherstellen. Wenn sich die aktuellen Kreditaufnahmen fortsetzen, bei denen Lokalregierungen enorme Verantwortung übernehmen und kommerzielle Kredite für Projekte zugunsten des Gemeinwohls aufnehmen, werden sich ihre Bilanzen weiter verschlechtern.

Die globale Wirtschaft werde sich 2014 vor allem in den Industriestaaten weiter erholen, so Xu weiter. Die starke Belebung der US-Wirtschaft werde sich fortsetzen, Europa möglicherweise das Ende der Rezession erleben und eine langsam steigende Wachstumsrate verzeichnen. Die Konjunkturbelebung in den Industrieländern wird Chinas Netto-Exporte erhöhen und sich positiv auf Chinas Wirtschaft auswirken.

Exporte werden also sehr von der weltweiten Konjunkturerholung profitieren. Nach Schätzungen der Weltbank vom Januar wird die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,2 Prozent zulegen, die Vorhersage für 2013 lag lediglich bei 2,4 Prozent. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert ein Wachstum von 3,6 Prozent für 2014. „Die Zahlen zeigen, dass die Erholung in den Industriestaaten unvermindert weitergeht, dass sich die Nachfrage vom internationalen Markt verbessern wird und so eine Grundlage für das stabile Wachstum chinesischer Exporte gelegt wird", so Ma.

"Ich glaube, dass die Wirtschaft 2014 weiter wachsen, die ökonomische Struktur optimiert, die Qualität des Wachstums weiter verbessert und der Lebensstandard erhöht wird", erklärte Ma.