13-09-2013
Im Focus
Flüchten ausländische Investoren aus China?
von Lan Xinzhen

 Trotz anderslautender Behauptungen stimmt das Gegenteil.

Arbeiter bauen in der SAIC-GM-Wuling-Autofabrik in Liuzhou (Provinz Guangxi) Fahrzeuge zusammen (Cheng Qun)

Gerüchte, denen zufolge sich ausländisches Kapital aus China zurückzieht, hat das Handelsministerium (MOFCOM) nun durch Zahlen zu ausländischen Direktinvestitionen widerlegt.

Die Statistiken des MOFCOM zeigen, dass ausländische Direktinvestitionen von Januar bis Juli dieses Jahres 71,39 Milliarden Dollar erreichten, ein Plus von 7,09 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Juli lagen sie bei 9,41 Milliarden Dollar, eine Steigerung von 24,13 Prozent. Von Januar bis Juli erhielten insgesamt 12.626 Unternehmen eine Genehmigung zur Geschäftsgründung in China, ein Rückgang von 7,68 Prozent.

China sei weiterhin in einer guten Position, um ausländische Investitionen aufzunehmen, erklärte Cao Hongying, stellvertretender Direktor der Abteilung für Auslandsinvestitionen beim MOFCOM. Auch wenn die Zahl der neu gegründeten Unternehmen zurückging, nahmen die Direktinvestitionen aus dem Ausland zu.

In der ersten Jahreshälfte verbesserte China das Investitionsumfeld weiter, Genehmigungsverfahren in der Erdöl-, Erdgas-, und Methangasindustrie wurden vereinfacht, was zum Anstieg ausländischer Investitionen im Juli beitrug.

Das MOFCOM wird außerdem die Schwelle für ausländische Investitionen senken, Verwaltungsformalitäten vereinfachen, und lokale Regierungen dazu auffordern, auslandsfinanzierte Unternehmen besser zu betreuen, erklärte Cao. Es seien mehr Anstrengungen nötig, um Investitionen in die Dienstleistungsindustrie zu lenken, China bei der Regulierung seiner Wirtschaftsstruktur zu helfen und Investitionen in die weniger entwickelten Regionen Zentral- und Westchinas zu steuern.

Die Publikation des Handelsministeriums steht in scharfem Kontrast zu den düsteren Berichten ausländischer Medien. JP Morgan Chase & Co. sahen den Glauben an ein weiteres Wachstum in den Industriestaaten verloren und wiesen Investoren am 13. August an, sich aus Schwellenmärkten zurückzuziehen. Dow Jones beharrte darauf, dass Kapital aus China abflösse, weil verbleibende Geldmittel für Devisen (funds outstanding for foreign exchange) weiterhin abnähmen, wie die Statistik der People's Bank of China vom 20. August zeige. Im Juli sanken sie um 24,47 Milliarden Yuan (3,05 Milliarden Euro), im Juni um 41,21 Milliarden Yuan (5,15 Milliarden Euro).  

Der Rückgang ausländischer Investitionen in den vergangenen Jahren sei eine Tatsache, so Cao, das heiße aber nicht, dass sich ausländisches Kapital in großem Maßstab zurückziehe.

Mehr Effizienz 

Trotz des Rückgangs neu genehmigter auslandsfinanzierter Unternehmen stiegen die eingezahlten Direktinvestitionen im Vorjahresvergleich. Laut MOFCOM ist ein Zeichen dafür, dass China das ausländische Kapital effizienter nutze.

Unternehmen, die in China investierten, haben sich multipliziert, ausländische Investitionen verlagern sich von der traditionellen Industrieproduktion hin zur High-End-Fertigung und in die Dienstleistungsindustrie. Die Bandbreite der auslandsfinanzierten Unternehmen und ihr Anlagewert sind deutlich gestiegen. Laut Statistiken des MOFCOM machten ausländische Investitionen in die produzierende Industrie 41,18 Prozent und in die Dienstleistungsindustrie 49,83 Prozent aus.

Gegen einige Pharmagiganten wie Glaxo Smith Kline, Sanofi und Lilly wurde jüngst wegen der Verstöße gegen das chinesische Recht ermittelt. Die Sorge war groß, dass das Vertrauen ausländischer Investoren leiden könnte.  

Die chinesische Regierung hält unbeirrt am Prinzip der Reform und Öffnung und der aktiven Nutzung ausländischer Investitionen fest, erklärte MOFCOM-Sprecher Shen Denyang bei einer Pressekonferenz am 17. Juli. Diese Fälle seien ein weiteres Zeichen dafür, dass China entschlossen sei, das Investitionsumfeld zu verbessern und Chancen für einen fairen und gleichberechtigten Wettbewerb zu schaffen.

"Wir glauben fest daran, dass solche Ermittlungen das Vertrauen multinationaler Konzerne in China stärken werden und nicht umgekehrt", erklärte Shen im Hinblick auf die aufsichtsrechtliche Überprüfung ausländischer Unternehmen.

Laut der Staatlichen Verwaltung für Devisen (SAFE) wurde das Negativwachstum der verbleibenden Mittel für den Devisenhandel von zwei Faktoren verursacht. Erstens erholt sich die US-Wirtschaft schneller und die US-Notenbank plant, ihre quantitativen Lockerungsmaßnahmen zurückzufahren. Seit Mai leiden Schwellenmärkte unter Währungsabwertungen, fallenden Börsenkursen und Kapitalflucht. Zweitens haben einige Kräfte am Markt angesichts der Konjunkturabschwächung in China ihr Interesse am größten Entwicklungsland verloren.

Juni und Juli sind außerdem die Hauptsaison für Studienreisen chinesischer Bürger und die Dividendenausschüttung auslandsfinanzierter Unternehmen. In den vergangenen Monaten haben die chinesische Zentralbank, das Hauptzollamt, die Bankenregulierungskommission und die Staatliche Verwaltung für Devisen Maßnahmen ergriffen, um grenzüberschreitende Yuan-Abrechnungen, Exporterklärungen, das Management von Finanzprodukten und den Devisenzufluss zu regulieren sowie Cash Flows aus Falschhandel zu drosseln. Das alles trug zur Reduzierung der Mittel für den Devisenhandel bei, wird aber die Devisennutzung nicht beeinträchtigen.

Einige Kapitalentnahmen sind sogar gut für Chinas wirtschaftliche Entwicklung, dazu gehört beispielsweise der Abfluss heißen Geldes. Zhang Yansheng, Direktor des Institute for International Economics Research an der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform, glaubt, dass mit dem Wandel des wirtschaftlichen Entwicklungsmodells ein Rückgang ausländischer Investitionen, die Umweltverschmutzung, ein niedriger Mehrwert und kurzfristige Gewinne implizieren, einhergeht.

Weiterhin attraktiv 

Ist China für ausländische Investoren weniger anziehend geworden?

Trotz der schwächelnden Konjunktur sei China wegen seiner mächtigen Wirtschaft und seines riesigen Verbrauchermarktes ein attraktives Ziel für Investitionen, heißt es in einem Bericht von Anbound Consulting.

Laut Shenyin & Wanguo Securities lag China trotz düsterer globaler Investitionslage auf Platz zwei, direkt hinter den USA. Prognosen zufolge wird China in diesem Jahr höchstwahrscheinlich kontinuierlich Investitionen ins Land holen können.

Lu Zhengwei, Chefökonom der Industrial Bank Co. Ltd., glaubt, dass China immer noch einige Vorzüge bietet, um ausländisches Kapital anzulocken. „Am Anfang waren günstige Immobilien und Arbeitskräfte für ausländische Investoren interessant. Jetzt schätzen sie mehr das riesige Marktpotenzial. Auch wenn die Arbeitskosten steigen, verbessert sich doch auch die Qualität der Arbeitskräfte, die Jobs mit höherem Mehrwert übernehmen können", erklärte Lu.

Dass sich Kapital von Schwellenmärkten zurückzieht, ist das Resultat der Erholung traditioneller Wirtschaftsmächte wie der USA. China ist das am wenigsten betroffene Schwellenland. Wegen seines riesigen Entwicklungspotenzials werden ausländische Investitionen bald langfristig nach China fließen, Kapitalentnahmen sind vorübergehend und selten.

Eine Reihe auslandsfinanzierter Unternehmen denkt über eine Ausweitung ihrer Investitionen in China nach. Im April kündigte General Motors an, seine Investitionen noch vor 2016 auf 11 Milliarden Dollar zu erhöhen. Investitionen in neue Produkte, Anlagen und Händler sind bereits erfolgt.

GM versucht nun, sein Händlernetzwerk bis nach Westchina und in Third- und Fourth-Tier-Städte auszudehnen. Weitere 1000 Händler sollen voraussichtlich bis 2017 bei Shanghai GM und dem SAIC-GM-Wuling-Automobilnetzwerk hinzukommen.

"Tatsache ist, dass ausländische Investoren immer noch den chinesischen Markt favorisieren", sagt Lu.