21-05-2013
Im Focus
Wie geht es weiter auf Chinas Immobilienmarkt?
von Zhou Xiaoyan

Die Immobilienpreise steigen trotz neuer Kontrollmaßnahmen der Regierung. Die Bedenken gegen eine weitere Marktregulierung wachsen.

 

 

 

Große Nachfrage: Auf einer Immobilienmesse in Nanjing (Provinz Jiangsu) präsentieren Mitarbeiter einer Immobilienfirma potenziellen Käufern am 19. April ihre Wohnungsprojekte.

 

Großes Kaufinteresse: In Ji'nan (Provinz Shandong) informieren sich Anwohner am 4. März über mögliche Immobiliengeschäfte in der Provinzhauptstadt.

 

 

He Yuanxiang ist Immobilienmaklerin in einem Beijinger Büro von Homelink, eine der größten Maklerfirmen des Landes.  Nach einem extrem stressigen März hoffte sie auf weniger Arbeit, doch es kam anders.

Im März hatte die chinesische Regierung Maßnahmen zur Abkühlung des überhitzten Immobilienmarkts eingeführt. Sie drosselte spekulative Investitionen u.a. durch eine 20-prozentige Steuer auf Kapitalerträge aus Immobilienverkäufen. Die Steuer wurde zunächst in einigen Städten als Pilotprojekt eingeführt und sorgte für Panik unter potenziellen Käufern und Verkäufern. Aus Angst vor höheren Wohnungspreisen kauften viele schnell noch vor Inkrafttreten der Regierungsmaßnahmen Immobilien und verursachten so im März in vielen Städten einen regelrechten Kaufrausch.

"Nach dem Ansturm im März kühlte sich der Markt nur für kurze Zeit ab, um sich dann erneut aufzuheizen", erklärte He der Beijing Review, ihre Homelink-Filialen schlossen allein am zweiten Maiwochenende sechs Geschäfte ab.

"Falls die Wohnung von der 20-Prozent-Steuer ausgenommen ist, schießt der Verkaufspreis um Hunderttausende Yuan in die Höhe. Falls nicht, müssen die Käufer die enorme Steuer zahlen", sagt sie. "In jedem Fall sind die Kosten höher als zuvor. Wer in Beijing eine Wohnung kaufen will, sollte sich also beeilen."

Das Real Estate Blue Book, das am 25. April vom Institut für Stadt- und Umweltstudien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften veröffentlicht wurde, bestätigt Hes Aussagen. Das Blue Book prognostiziert einen stetigen Anstieg der Immobilien- und Grundstückspreise für dieses Jahr. Wegen des zunehmenden Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage sei in Metropolen wie Beijing, Shanghai und Guangzhou ein drastischer Preisanstieg wahrscheinlich. Chinas Regierung werde hinsichtlich der Regulierung der Immobilienpreise unter größerem Druck stehen und möglicherweise die Einführung der Kapitalertragssteuer auch für andere Regionen erwägen.

 

 Immobilien weiter im Aufwind

Die jüngsten Zahlen zeigen, dass die Preise für Neubauten im März in fast allen Städten Chinas gestiegen sind. In 68 von 70 statistisch erfassten Städten erhöhten sich die Immobilienpreise im Vergleich zum Vormonat, im Februar galt dies für 66 Städte, so das Staatliche Statistikamt. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Preise im März in 67 Städten, im Februar waren es 62. Die wirtschaftlich stärksten Städte (First-Tiers City) verzeichneten den stärksten monatlichen Preisanstieg, Shanghai lag mit 3,2 Prozent an der Spitze, gefolgt von Shenzhen mit 2,8 Prozent und Beijing mit 2,7 Prozent. Der Durchschnittspreis für eine Neubauwohnung kletterte im April auf 10.098 Yuan (1262 Euro) pro Quadratmeter und war damit 1 Prozent höher als im Vormonat. Die Preise stiegen seit Juni elf Monate in Folge, so ein Bericht der China Index Academy.

"Die Nachfrage übertrifft bei weitem das Angebot, das ist der wichtigste Grund für den Preisanstieg", erklärte Li Enping, Forscher im Professorsrang an der CASS und einer der Autoren des Blue Book. "Falls die 20-prozentige Kapitalertragssteuer konsequent eingeführt wird, werden die Immobilienpreise schneller steigen, weil die Steuer das Angebot nach unten drückt. Einerseits wird die neue Steuer für Käufer eine weitere Belastung darstellen, wer sich keine Wohnung mehr aus zweiter Hand leisten kann, wird andererseits einen Neubau kaufen wollen und so deren Preise in die Höhe treiben", erklärte Li.

Chinas junge Generation hat sich auf den Wohnungsmarkt gestürzt, da eine eigene Wohnung bei vielen als Voraussetzung für die Hochzeit gilt. Das Durchschnittsalter der Erstkäufer in Beijing liegt bei nur 27 Jahren, in Großbritannien beträgt es dagegen 37, in Deutschland 42 Jahre, heißt es im CASS Blue Book. Zu wenig bezahlbarer Wohnraum und schnell steigende Mieten sorgen für eine konstante Verunsicherung und treiben die Nachfrage nach oben.

Für Bo Wenxi, Vizpräsident des Wohnungsbauunternehmens Zhuoda Group, gibt es drei Gründe für den anhaltenden Preisanstieg. „Erstens zählen lokale Regierungen bei Steuereinnahmen und BIP-Wachstum stark auf Grundstücksverkäufe und den Immobilienmarkt. Zweitens wird die Nachfrage das Angebot in China auf lange Sicht übertreffen. Da mehr Leute vom Land in die Städte ziehen, wird die Nachfrage wachsen. Die anhaltende Urbanisierung wird diesen Trend intensivieren", erklärte Bo.

"Schließlich werden die Immobilienpreise auch von der Währungsemission beeinflusst. Unter dem Einfluss einer gelockerten Währungspolitik in vielen westlichen Ländern muss China sich aus Angst vor einer Kapitalflucht in großem Stil diesbezüglich anpassen. Angesichts des großen Geldvolumens auf dem Markt ist es unwahrscheinlich, dass die Preise fallen werden."

"Zwei Monate nach Einführung der restriktiven Maßnahmen hat sich der Markt wieder erholt. Nach einer kurzen Phase des Zögerns und Beobachtens auf Käuferseite kletterten die Preise kontinuierlich", fügte er hinzu.

 

 Auf der Suche nach einem Ausweg

Angesichts zunehmender Klagen über wuchernde Immobilienpreise ist deren Kontrolle für die chinesische Regierung unabdingbar geworden, um die angestrebte Verbesserung des Lebensstandards zu erreichen. Da sich Kaufbeschränkungen als ineffektiv erwiesen, pries man nun die Grundsteuer als die dringend benötigte Lösung für das Problem der Preisexplosion. Auf Chinas Immobilienmarkt ist eine solche Steuer – anders als im Westen, wo sie eine lange Tradition hat und als selbstverständlich gilt - ein relatives Novum und wird als Maßnahme, die den Immobilienkauf zu Anlagezwecken eindämmen soll, gesehen.

Die jüngsten Preisanstiege haben die Forderungen nach einer Ausweitung der bis dahin auf Shanghai und Chongqing beschränkten Steuer lauter werden lassen. In beiden Städten wurde sie am 28. Januar 2011 versuchsweise zur Abkühlung des Marktes eingeführt. Fast 20.000 Wohneinheiten wurden in Shanghai mit der Steuer belegt. 2012 stieg ihre Zahl auf 37.000, laut Finanz- und Steueramt brachte das der Stadt im letzten Jahr 2,46 Milliarden Yuan (307,5 Millionen Euro) an Steuereinnahmen. Das Shanghaier Steuermodell betrifft nur Käufer von Wohnungen aus zweiter Hand, in Chongqing muss die Steuer auch für Neubauten gezahlt werden. 

"In China wurden die meisten Steuern auf Immobilentransaktionen statt auf Immobilienbesitz erhoben. Das macht wirklich keinen Sinn", erklärte Li. Er schlägt vor, die versuchsweise eingeführte Steuer auf mehr Regionen auszudehnen, um 2013 einen erneuten Preisanstieg zu vermeiden.

Das fordert auch Jia Kang, Direktor des Forschungsinstituts für Finanzwirtschaft, das dem Finanzministerium angegliedert ist. Ein stabiles Grundstücksangebot und der Bau bezahlbaren Wohnraums seien ebenfalls effektive Mittel zur Bändigung des überhitzten Marktes, heißt es im Blue Book.

"Die örtlichen Regierungen sollten bei der Zuteilung bezahlbaren Wohnraums durch ein transparentes System für Fairness sorgen. Dieses System sollte auch Wanderarbeiter mit einbeziehen", sagt Li.

"Das Gründstücksangebot sollte entsprechend der regionalen Bedingungen wissenschaftlich verplant werden. In wirtschaftlichen Boom-Städten und Städten mit einem schneller als erwarteten Preisanstieg sollte mehr Fläche für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. In Third- oder Fourth-Tier Citys mit einem zu großen Bestand sollte das Angebot reduziert werden, um ungezügelte Bauaktivitäten zu verhindern."