Peng Jie hat das Erdbeben von 2008 überlebt und kümmert sich nun um die Opfer im Katastrophengebiet von Lushan.

Helfende Hände: In einer Notunterkunft für Erdbebenopfer im Kreis Lushan diskutiert Peng Jie (re.) mit einem Freiwilligen den Einsatzplan.
"Bitte helft mir, meine Augenhornhaut zu spenden, falls ich nicht zurückkomme", simste der freiwillige Helfer Peng Jie (44) seinem Freund am 20. April um 1.58 Uhr auf seinem Weg in den Kreis Lushan in Ya'an (Provinz Sichuan). Ein Erdbeben der Stärke 7,0 hatte Lushan um 8.02 Uhr morgens erschüttert und mindestens 193 Menschen in den Tod gerissen, 23 wurden bis zum 24. April noch vermisst.
Nachdem er diese Nachricht gehört hatte, kündigte Peng sofort seinen Job als Hochzeitsfotograf in Tianjin und buchte einen Flug ins 2000 Kilometer entfernte Chengdu, der Hauptstadt von Sichuan.
Am 21. April kam Peng gegen 3 Uhr morgens in Chengdu an und nahm ein Taxi nach Ya'an. Die Hauptstraße dorthin durften nur noch Rettungsfahrzeuge nutzen. Nachbeben sorgten immer wieder für Erdrutsche auf der Provinzstraße 210 und blockierten die Fahrzeuge mit Hilfsgütern.
Mit vier weiteren Freiwilligen, die er im Flugzeug kennengelernt hatte, marschierte Peng zu Fuß weiter. Fünf Stunden später kam er im 30 Kilometer entfernten Lushan an und traf sich dort mit 500 Freiwilligen in einer Notunterkunft für die Erdbebenopfer.
Auseinandersetzung mit Verlusten
"Ich bin kein Psychologe, aber ich verstehe das Gefühl, alles verloren zu haben", erzählt Peng der Beijing Review.
Das Erbeben von Wenchuan (Provinz Sichuan) im Mai 2008 hinterließ bleibende Spuren in seinem Leben. Es zerstörte alle seine neun Fotoateliers in Mianzhu. Peng wurde innerhalb eines Augenblicks vom Geschäftsinhaber zum Habenichts.
"Ich will nicht mehr über diese Katastrophe sprechen", sagt Peng mit Tränen in den Augen. Aber was er in den vergangenen fünf Jahren getan hat, hat sehr viel mit dieser Erfahrung zu tun.
Nach dem Beben von Wenchuan trat Peng einer Gruppe von sozial engagierten Menschen bei, die Studenten aus vom Beben betroffenen Familien finanziell unterstützen. Jedes Jahr spendete er mindestens 20 000 Yuan. Mehr als 200 Personen profitierten 2012 von dieser Hilfe.
Lushan ist bereits das sechste Katastrophengebiet, in dem Peng als freiwilliger Helfer aktiv ist. Zuvor half er schon bei dem verheerenden Erdrutsch im August 2010 in Zhuqu (Provinz Gansu), im März 2011 tröstete er die Opfer eines Bebens der Stärke 5,8 in Yingjiang (Provinz Yunnan).
Eine Laune des Schicksals
Unter den Helfern stieß Peng zu seiner Überraschung auf ein bekanntes Gesicht: einen jungen Mann, dem er vor Jahren in Wenchuan geholfen hatte.
Liu Jicheng, ein 19-jähriger Student aus Ya'an, ist wie Peng ein Überlebender des Bebens von Wenchuan. Peng hatte nach dem Beben Kontakt mit Lius Familie gehalten, und sein Bestes getan, damit der Junge angesichts der Tragödie durchhielt.
Das wichtigste und schwierigste ist es, den Überlebenden dabei zu helfen, den Schock zu überwinden und weiterzumachen. „Mir hilft mein Glaube an das Land und seine warmherzigen Menschen, wenn ich mich deprimiert fühle", sagt Peng. Jemandem mitfühlend die Hand zu halten oder auf die Schulter zu klopfen, solche Gesten könnten die Notleidenden ermutigen, meint er.
Zelte, Lebensmittel, Wasser und andere notwendige Hilfsgüter seien unterwegs, aber es würde noch dauern, bis sie ankämen, erklärte Peng den Überlebenden, sie sollten auf die Regierung vertrauen.
"Die Überlebenden neigen dazu, sich nach einer Katastrophe hilflos und enttäuscht von den Rettungs- und Hilfsmaßnahmen der Regierung zu fühlen", sagt er. „Es ist wichtig, ihr Vertrauen in die Regierung wiederaufzubauen und die Realität zu sehen."
Jedes Mal, wenn Peng sich für einen Rettungseinsatz auf den Weg in ein Katastrophengebiet macht, ist er auch auf das Schlimmste vorbereitet. So hat er sich 2011 beim Roten Kreuz in Mianzhu registrieren lassen, um seine Augenhornhaut zu spenden.
"Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. Geben verleiht eine ganz besondere Zufriedenheit", sagt er.
(Bericht aus Lushan, Provinz Sichuan)
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