Was passiert, wenn man die "falschen" Lebensmittel miteinander kombiniert? Ärzte klären auf.

Mischmasch: Abbildungen von chinesischem Essen bei einer Kunstausstellung in Beijing am 8. Dezember 2012. Die Lehre von der richtigen Kombination der Zutaten ist ein wichtiger Bestandteil der traditionellen Kochkultur.
Chinesische Familien achten sehr auf eine gut abgestimmte Ernährung. Die Überzeugung, dass die Kombination mancher Zutaten gesundheitsschädlich sein kann, ist weit verbreitet.
Bei einer Online-Umfrage gaben immerhin 61,7 Prozent der Befragten an, dass sie daran glauben, dass die Kombination von Krabben und Dattelpflaumen giftig sei. Kaum jemand hat allerdings am eigenen Leib erfahren, dass sich eine bestimmte Lebensmittelkombination negativ auf die Gesundheit auswirkt.
Die Lehre von der richtigen Zusammenstellung der Nahrungsmittel ist jedoch tief in der traditionellen chinesischen Kultur verankert. Zhang Zhongzhing, ein Arzt aus der Zeit der Han Dynastie (2. Jahrhundert), warnte in seinem Buch "Wesentliche Rezepte aus dem Goldenen Kasten" vor der Kombination von 48 Zutaten, darunter Krabben und Dattelpflaumen, grüne Zwiebeln und Honig, Weichschildkröte und Amaranth.
Im Rahmen der chinesischen Medizin macht sein Rat Sinn. Sie betrachtet Krabben und Dattelpflaumen als so genannte kalte Zutaten. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht enthalten Krabben Proteine und Dattelpflaumen Gerbsäure. Beides zusammen ist schwer verdaulich und kann zu Erbrechen, Magenschmerzen und Durchfall führen.
Heutzutage befassen sich viele Kochbücher mit der richtigen Zusammenstellung der Ernährung.
Und interessanterweise handelt auch der Thriller "Deadly Delicious" aus dem Jahr 2008 von einer Ehefrau, die sich mit dem toxischen Potenzial bestimmter Zutaten auskennt und ihren untreuen Ehemann mit einer Mahlzeit aus Shrimps und Vitamin C, die sich zu Arsen verbinden, entsorgt.
Dem Film lag der gleichnamige Roman der Medizinhistorikerin und Food-Kolumnistin Shu Qiao zugrunde. Bei der Premiere erklärte die Autorin gegenüber der Presse, sie habe sich durch alte Bücher über chinesische Pflanzenheilkunde inspirieren lassen, die sich auch mit der Theorie der Ernährungszusammenstellung befassten.
Wissenschaftliche Antworten
Können „falsche" Essenskombinationen tatsächlich tödlich sein?
In einem Interview mit People's Daily erklärte Ge Keyou, Ehrenvorsitzender der Chinesischen Gesellschaft für Ernährung, im Februar: „Die Theorie ist nicht plausibel. Wissenschaftler haben zahlreiche Experimente durchgeführt und keine Belege dafür gefunden."
Schon 1935 bewies Zheng Ji, Professor an der Universität von Nanjing und ausgewiesener Ernährungsexperte, dass es keine toxischen Nahrungsmittelkombinationen gibt. Er ließ Versuchskandidaten Bananen und Taro, Erdnüsse und Gurken, grüne Zwiebeln und Honig, Rindfleisch und Kastanien sowie Krabben und Dattelpflaumen essen – ohne jede Nebenwirkung.
An der medizinischen Universität von Harbin wurde ein ähnliches Experiment mit dem gleichen Ergebnis durchgeführt.
"Im Hinblick auf die tägliche Ernährung besteht kein Problem. Kranke oder Menschen, die Medikamente nehmen müssen, sollten allerdings vorsichtig sein", erklärte Lin Yin, Medizinwissenschaftlerin an der Universität für Chinesische Medizin in Beijing. "Ein Patient mit erhöhten Blutfettwerten sollte beispielsweise auf fettreiches Essen verzichten."
Fan Zhihong, Ernährungsexperte an der China Agriculture University, sieht das ähnlich. "Man sagt, dass der gleichzeitige Verzehr von Hammelfleisch und Wassermelone oder Hühnchen und Chrysantheme zu Vergiftungserscheinungen führt. Aber diese Nahrungsmittel werden häufig problemlos zusammen gegessen."
Professorin Fan betont, dass Leute oft wegen eines verminderten Nährwerts auf die Kombination bestimmter Zutaten verzichten, auch wenn keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen festgestellt werden konnten.
Die Angst vor einer Lebensmittelvergiftung ist ein weiterer Grund. Oft hört man, dass Zutaten wie Shrimps fünfwertige Arsenverbindungen enthalten, die in Verbindung mit Vitamin C toxisch werden.
Allgemein gilt die Zufuhr von mehr als 100 Milligramm Arsen als gefährlich. Meeresfrüchte enthalten im Schnitt aber nur 0,1 Milligramm pro Kilo. Selbst wenn jemand 10 Kilo davon zusammen mit Vitamin C essen würde, würde er also keine Vergiftung erleiden, so Fan.
Warum also fühlen sich Menschen nach einer schlecht zusammengestellten Mahlzeit oft unbehaglich?
"Lebensmittel können im Alltag Bauchschmerzen oder Juckreiz auslösen. Aber Grund dafür sind meist verdorbene Zutaten oder mangelnde Hygiene", sagt Zhang Chunyan, Direktorin der Abteilung für Chinesische Medizin am Shanghai Eastern Hospital. Dass jemand aufgrund einer „falsch" kombinierten Mahlzeit gestorben wäre, habe sie während ihrer gesamten Karriere nicht erlebt.
Professor Lin analysierte 163 Sorten angeblich nicht zusammenpassender Zutaten, die sie in fünf Kategorien unterteilte. 1. Exotisches Essen, das sich von traditionellen chinesischen Zutaten unterscheidet, 2. Fleisch und Meeresfrüchte, reich an Protein, leicht verderblich und ein möglicher Auslöser von Allergien, 3. ungekochte Lebensmittel, 4. fermentierte Lebensmittel, wie eingelegtes Gemüse, das Nitrat enthalten kann, 5. Speisepilze, von denen manche giftig sind, wenn sie nicht richtig zubereitet werden.
Man könne sich nach jedem Essen unwohl fühlen, wenn es nicht richtig zubereitet wurde, allerdings habe das nichts mit der falschen Kombination von Zutaten zu tun, betonte sie.
"Lebensmittelvergiftungen haben wenig mit der Kombination von Zutaten zu tun", erklärte Zhang. Manche Menschen reagieren einfach empfindlicher auf Essen als andere und bekommen leichter Beschwerden, fügte sie hinzu.
"Die Kombinationstheorie wird sowohl missverstanden als auch übertrieben. Die Leute sollten sich einfach gesund, leicht bekömmlich und maßvoll ernähren."
Wie das Experiment belegt, gibt es keinerlei wissenschaftlichen Beweis für etwaige Einschränkungen bei bestimmten Lebensmittelkombinationen. Der Glaube daran ist aber Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin. Sie schreibt Nahrungsmitteln unterschiedliche Eigenschaften zu.
Laut Fan lassen sie sich in mehrere Kategorien unterteilen, unterschieden werden unter anderem kalte, milde und scharfe Lebensmittel. So gelten beispielsweise Krabben und Dattelpflaumen beide als kalt und ihre Kombination als problematisch.
"Ich denke, dass die Theorie so verbreitet ist, weil den meisten Leuten das nötige Wissen über die chinesische Medizin fehlt", argumentiert sie. Aufgrund einseitiger Erfahrungen führen die Leute Lebensmittelvergiftungen und Ernährungsprobleme auf die falsche Kombination von Nahrungsmitteln zurück."
Die chinesische Medizin glaubt daran, dass die richtige Ernährung die Gesundheit erhalten und Krankheiten heilen kann. Sie unterstützt Leute darin, sich jeden Tag ausgewogen zu ernähren, betont Fan.
Da jeder Körper anders reagiert, kann es keine einheitlichen und absoluten Standards geben. Ge empfiehlt, sich jeden Tag vielseitig und ausgewogen zu ernähren.
|