22-02-2013
Im Focus
Führende Juristen in China mit besserer Ausbildung
Ein Beitrag von Nanfang Dushibao

Die lokalen Volkskongresse von 31 Provinzen, autonomen Gebieten und Städten haben bis zum 1. Februar die Präsidenten ihrer obersten Volksgerichte und Volksstaatsanwaltschaften gewählt. Nach der Justizreform von 2008 treten die Juristen nun eine neue Amtszeit an.

Statistiken zufolge haben die meisten Gerichtspräsidenten einen professionellen juristischen Hintergrund, nur vier kommen aus fachfremden Bereichen. 20 von 31 Gerichtspräsidenten, d.h. 64,5 Prozent, verfügen über einen akademischen Hintergrund in Form eines Jurastudiums. „Es ist die Richtergeneration mit der bislang besten Ausbildung", meinen Beobachter.

Das Rechtswesen ist ein wichtiges Merkmal einer zivilisierten Gesellschaft. Volksgerichte und Volkstaatsanwaltschaften sind Kernorgane des chinesischen Justizsystems. Der akademische und berufliche Hintergrund der Richter spielt eine wichtige Rolle für die Auslegung und Anwendung der Gesetze. Eine gute Qualifikation des juristischen Personals wird immer wichtiger und allgemein erwartet.

Früher waren viele Präsidenten der oberen juristischen Organe auf lokaler Ebene Kader der Kommunistischen Partei Chinas, erklärt Hou Xin, Professor für Rechtswissenschaft. Jemand, der aus dem juristischen System komme, verfüge zwar nicht automatisch über eine juristische Ausbildung, aber es sei ein gutes Signal, dass man die Professionalität in der Justiz erhöhe.

Der akademischen Ausbildung einer hochgestellten juristischen Persönlichkeit wird große Aufmerksamkeit geschenkt. Auffällig ist ein hoher akademischer Bildungsgrad, jeder sechste Gerichtspräsident hat promoviert. Ob ein Gerichtspräsident oder Staatsanwalt über juristisches Fachwissen verfügt, ist ein wichtiger Standard für die Professionalität des Rechtswesens in einem Staat.

Man darf allerdings nicht vergessen, dass in China auch Fächer wie Politikwissenschaft, Soziologie, Ethnologie oder Marxistische Theorie der Rechtswissenschaft zugeordnet werden. Ein juristisches Diplom ist also nicht unbedingt an ein Jurastudium gebunden und man muss sich die Studienfächer der Gerichtspräsidenten immer im Einzelnen ansehen.

China hat Oktober 2012 zum ersten Mal ein Weißbuch zum Thema Justizreform veröffentlicht. Darin wird das seit 2002 eingeführte „China Judical Exam" besonders gewürdigt. Diese Prüfung gilt als Zertifikat für den Zugang zu juristischen Berufen. Vom Aufruf einiger Wissenschaftler bis hin zur Etablierung des Prüfungssystems spürt man die Veränderung hin zu einer immer größeren Professionalität in der Justiz. An der Tatsache, dass an den Volksgerichten Menschen arbeiten, die nicht vom Fach sind, hat sich viel geändert. Auch die bessere Ausbildung der Gerichtspräsidenten ist ein Zeichen für den Fortschritt der juristischen Reform und ihre Ausrichtung in der Zukunft.

Die Professionalität im juristischen Bereich kann die von der Verfassung zugesicherte Unabhängigkeit der Justizorgane garantieren. Medienberichte über Prozesse sollten begrenzt werden, damit Laienrichter nicht unter dem Druck der medialen Öffentlichkeit Irrwege beschreiten, erklärt Professor Zhang Qianfan. Juristen sollten aufgrund ihrer Ausbildung jedoch weniger von außen beeinflussbar sein.

Karl Marx schrieb in seinem Werk "Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848-1850": „Während die trikolore Konstitution jeden Kompromiss mit den Kleinbürgern verwarf und kein neues Element der Gesellschaft an die neue Staatsform zu fesseln wusste, beeilte sie sich dagegen, einem Korps, worin der alte Staat seine verbissensten und fanatischsten Verteidiger fand, die traditionelle Unantastbarkeit wiederzugeben. Sie erhob die von der provisorischen Regierung in Frage gestellte Unabsetzbarkeit der Richter zum konstituierenden Gesetz. Der eine König, den sie abgesetzt, erstand schockweise in diesen unabsetzbaren Inquisitoren der Legalität."

Im Dezember 2012 wurde ein Entwurf der „Bestimmungen zum Richtereid" bekannt gegeben. Darin heißt es „Treu zum Vaterland, treu zum Volk und treu zur Verfassung und den Gesetzen", d.h. die politische Prägung ist reduziert und der juristische Charakter verstärkt worden.

Die akademische Qualifikation der Juristen spielt zwar wegen der Besonderheit des Rechtwesens eine wichtige Rolle. Aber es kommt auch darauf an, dass ihnen die Gesellschaft effektive Mechanismen zur Verfügung stellt, so dass sie sich nach dem Geist des Rechtsstaats richten und Gesetze unabhängig anwenden können. Im Bericht auf dem 18. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas heißt es erstmals: „Die Fähigkeit der führenden Kader, in rechtsstaatlicher Denkweise und gesetzesgemäß die Reform zu vertiefen, die Entwicklung zu fördern, die Widersprüche zu lösen und die Stabilität zu wahren, soll erhöht werden."

Unabhängige juristische Prozesse und eine rechtsstaatliche Umgebung sollen dafür als Fundament geschaffen werden, so dass Richter und Anwälte ihre Aufgaben ungehindert ausüben können. Das Gesetz muss respektiert werden, sonst hat es nur eine Scheinexistenz. Der Geist des Rechtsstaats soll in das gesamte Staatssystem integriert werden. Wie es schon im Bericht auf dem 18. Parteitag der KP Chinas hieß: „Keine Organisation oder Einzelperson darf das Sonderrecht haben, die Verfassung und die Gesetze zu überschreiten, und es ist absolut untersagt, dass Gesetze durch Befehle ersetzt, Amtsbefugnisse über Rechte gestellt und persönliche Vorteile durch Rechtsbeugung erzielt werden."

So kann die Justiz den Erwartungen der Gesellschaft an die Gerechtigkeit entsprechen.