22-02-2013
Im Focus
Nationaler Volkskongress: Chinas Führung greift nach der Zukunft
von Kerry Brown

 

 

Sparpolitik

 

Lokal handeln: Unterricht in einer Grundschule in Dafan, einem Dorf in der ostchinesischen Provinz Anhui. Die Dorfschule hat vier Lehrer und 43 Schüler.

 

Seit November hat die neue Führung die öffentlichen Ausgaben im Ständigen Ausschuss des Politbüros des ZK beschnitten. Funktionäre wurden angewiesen, ihre Ausgaben für Entertainment und Bankette zu beschränken und bei Reisen im In- und Ausland zu sparen. 

Sparpolitik ist in Europa und Amerika seit mehr als fünf Jahren an der Tagesordnung. Dort haben Regierungen, egal welcher Couleur, ein gemeinsames Problem. In den USA zeichnen sich Auseinandersetzungen zwischen Präsident und Kongress über das Haushaltsdefizit ab. Regierungsausgaben von mehr als 3,5 Billionen Dollar stehen einer Billion Dollar weniger Einnahmen aus Steuern und anderen Quellen gegenüber. Die Finanzierung dieses massiven Defizits hat sich zu einer politischen Zeitbombe entwickelt. In Großbritannien steigen die öffentlichen Ausgaben deutlich stärker als von der Regierung prognostiziert, allein in diesem Jahr um 90 Milliarden Dollar, gleichzeitig sinken die Steuereinnahmen.
Die chinesische Regierung steht finanziell nicht so schlecht da, aber es liegt das Gefühl in der Luft, dass eine Phase der Bescheidenheit angebrochen ist, in der die Regierung finanzielle Effizienz zeigen und sich aufs Sparen konzentrieren muss. Für viele Beobachter des NVK ist es daher am wichtigsten zu erfahren, wofür Ressourcen und Ausgaben im kommenden Jahr verwendet werden, in welchen Bereichen (z.B. Kapitalinvestitionen) sie steigen, und in welchen sie eher sinken oder eingefroren werden. Das ist neu, es wird als stellvertretend für die langfristigen Ziele der neuen und bislang weitgehend unbekannten Führung angesehen.

Schließlich wäre da noch die Frage, wie die neue Führungsspitze auf dem NVK mit dem In- und Ausland kommuniziert. Wir sind daran gewöhnt, wie die bisherigen politischen Führer reden, welche Botschaften sie in ihrer öffentlichen Sprache übermittelten. Auf dem NVK werden wir erstmals erleben, wie sich die neue Führungsriege ausführlich über ihre Zukunftsideen und Chinas weiteren Weg äußern wird. Wir werden erfahren, wo es Übereinstimmungen mit der alten Führung gibt und wo möglicherweise Weiterentwicklungen oder Akzentverschiebungen zu beobachten sind.

Präsentationen werden oft zu leicht abgetan, mit dem Argument, wie viel wichtiger doch der Inhalt sei. Aber letzten Ende spielt die äußere Form eine Rolle, um Leute intellektuell und in gewisser Weise auch kognitiv von einem Argument zu überzeugen oder wenigstens zum Nachdenken zu bringen. Die Art und Weise, auf die der NVK uns Kader, Anführer und einflussreiche Persönlichkeiten zeigt, für die Herausforderungen Priorität besitzen, die neue Herangehenswesen an Probleme suchen und die uns etwas über ihre Haltung zur politischen Innovation verraten, ist wichtig. Schließlich hat sich seit dem letzten Jahr viel verändert. Der NVK wird eine Chance sein, das Geschehene einzuschätzen, zu sehen, wo wir stehen und in welche Richtung wir -  China und die Welt -  gehen.

 

(Der Autor ist ein Kolumnist der Beijing Review  und verantwortlicher Direktor des Zentrums für Chinastudien an der Universität von Sydney)

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