04-02-2013
Im Focus
Königliche Geheimnisse enthüllt
von Wei Ying

 

Beijings Alter Sommerpalast wird virtuell restauriert

 

 

 

Erweiterte Realität: Auf ihren Mobilgeräten erleben Besucher den Alten Sommerpalast in einem Parkt im Beijinger Stadtbezirk Haidian in 3-D.

 

 

 

Jenseits aller Vorstellungskraft: 3D-Modell eines Teils des Alten Sommerpalastes während der Herrschaft von Kaiser Qianlong (1736-1795).

 

Eine Handy-App soll Mobilgeräte buchstäblich in ein Fenster zu Chinas herrschaftlicher Vergangenheit verwandeln. Die App "Re-relic Yuanmingyuan" gibt es für iOS und Android-Geräte. Sie nimmt den User mit auf eine Reise in die Vergangenheit, um den Alten Sommerpalast so zu erleben, wie er einst war, und das in drei Dimensionen.

Yuanmingyuan, wie der Alte Sommerpalast auf Chinesisch heißt, einst auch als „Garten aller Gärten" und „Versailles des Ostens" bekannt, war ein herrschaftlicher Park, der unter persönlicher Aufsicht von fünf Kaisern der Qing Dynastie (1644-1911) angelegt und immer wieder erweitert wurde. Der Bau des Palastes begann im frühen 18. Jahrhundert im Nordwesten Beijings. Im Oktober 1860 plünderten anglo-französische Truppen die Anlage und brannten sie bis auf die Grundmauern nieder.

Die Diskussion darüber, ob die Ruinen des Alten Sommerpalastes im jetztigen Zustand erhalten oder nach Originalvorbild wieder aufgebaut werden sollen, hält an. Die Ruinen sollten geschützt werden, meint Guo Daiheng, Professorin an der Fakultät für Architektur an der renommierten Tsinghua-Universität. „Der Park selbst ist ein Kunstwerk von historischem Wert, jede Veränderung wird seine Authentizität mindern."  

Forschungen zur Geschichte der Anlage begannen lange, bevor der Startschuss für das Projekt ihrer digitalen Rekonstruktion im Jahr 2009 fiel.

"Wir haben 10 Jahre lang geforscht, und das vorliegende historische Material reichte aus, um das Projekt zu unterstützen", so Guo.

Die 3-D-Modelle halten sich streng an historische Vorgaben. Das von Guo geleitete Projekt liefert Rekonstruktionen des Alten Sommerpalastes zu verschiedenen historischen Epochen und spiegelt so die ästhetischen und architektonischen Vorlieben verschiedener Kaiser wider. In sorgfältiger Kleinarbeit bauten Techniker von jedem Bauwerk dreidimensionale Modelle.  

"Die riesige Datenmenge macht den Job schwierig. Das vorherige Computersystem hätte sie wahrscheinlich gar nicht verarbeiten können", sagt He Yan, leitender Projektmitarbeiter und stellvertretender Direktor der Abteilung für Architektur und Baudenkmäler am Tsinghua Tongheng Institut für Stadtplanung und Design. 

Um eine Datenplattform mit ausreichend großer Ladekapazität zu schaffen, hat die Tongheng Digital City Section Guos Team ein dreidimensionales geographisches Informationssystem namens "CityMaker" zur Verfügung gestellt. Um mehrfach verwendbare Modelle von großer Genauigkeit schaffen zu können, eigneten sich die Techniker außerdem Fachwissen über historische Gebäude an.

"Wie viele andere hiesige Wissenschaftler, die sich mit dem Alten Sommerpalast befassen, haben wir uns mit großem Respekt für Geschichte und Wissenschaft unserer Arbeit gewidmet", sagt Guo. In den vergangenen vier Jahren haben sie und ihre Kollegen 4000 Entwürfe gezeichnet und mehrere tausend Modelle gebaut. Jeder Mitarbeiter arbeitete in den ersten anderthalb Jahren im Schnitt 14 Stunden am Tag.

Ende 2012 wurden dann 3-D-Modelle von 35 virtuellen Landschaften fertiggestellt. Sie machen die historischen Veränderungen von 1740 bis 2012 erfahrbar.

"Die Leute sind neugierig auf ein zerstörtes Kulturerbe. Wir nutzen einfach nur digitale Mittel, um erlebbar zu machen, wie es vor der Zerstörung aussah und wie es sich veränderte", erklärt Guo. (Quelle: Beijing Daily)