09-01-2013
Im Focus
Xiamen: Warum die Gartenstadt so erfolgreich ist

 

"Gartenstadt am Meer" wird Xiamen gerne genannt. Die Stadt ist bekannt für ihre schöne Landschaft sowie ihre saubere und lebenswerte Umgebung. Yu Weiguo, Sekretär des Parteikomitees von Xiamen, sprach mit der Beijing Review über die jüngsten Anstrengungen der Stadt, die Lebensbedingungen der Bewohner zu verbessern. Es folgen bearbeitete Ausschnitte.

 

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 Garantiert unbedenkliches Essen: Yu Weiguo (2.v.r.), Sekretär des Städtischen Parteikomitees von Xiamen inspiziert die Küche eines Lebensmittelherstellers. (ZHENG XIAODONG)

 

Beijing Review: Wie hat Xiamen seine landesweite Bekanntheit erreicht?

Yu Weiguo: Die Stadt verfügt über eines sehr gute geographische Lage und ein angenehmes Klima. Sie liegt am Meer, hat die Berge im Rücken und ist bekannt für ihre saubere Luft, ihren blauen Himmel, schöne Gärten, Parks und sonnige Strände.

Zusätzlich zur atemberaubend schönen Natur bietet die Stadt ein reiches chinesisches Kulturerbe, wie die Minnan-Kultur, den Jiageng-Baustil oder das musikalische Erbe der Insel Gulangyu, die in China als Klavierinsel bekannt ist, und für das wir uns um den UNESCO-Welterbe-Status bewerben.

In den letzten Jahren war Xiamen stets eine der beliebtesten Touristenstädte. Besucher aus dem In- und Ausland schwärmen von der Stadt.

Das macht uns einerseits ziemlich stolz, andererseits setzt es uns unter immensen Druck. Wir müssen unentwegt daran arbeiten, Xiamens Schönheit zu erhalten und uns in dieser Hinsicht in Zukunft noch verbessern.

Das wichtigste Merkmal der städtischen Entwicklung ist ihre Koordiniertheit. Das zeigt sich im Tempo und in der Qualität des Wirtschaftswachstums, in der sozialen Entwicklung und im Umweltschutz.

Xiamens Bemühungen um eine koordinierte Entwicklung haben landesweite Anerkennung erlangt. Neun Jahre in Folge hat die Stadt den Titel einer „Nationalen Modellstadt" erhalten.

 

Auf welche Aspekte konzentriert sich die Stadt, wenn es um die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen geht?

In den vergangenen zehn Jahren hat Xiamen höhere und strengere Maßstäbe angelegt, um die Lebensbedingungen der Menschen parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung zu verbessern.

Bei unseren Anstrengungen, das Wohlergehen der Menschen zu erhöhen, legen wir den Fokus auf sechs Aspekte: Arbeit, Bildung, Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Wohnraum und Verkehrsverhältnisse.

Arbeit war schon immer ein Fundament für eine stabile Gesellschaft. Die Arbeitslosigkeit in Xiamen weist einige Besonderheiten auf. Während der Industrialisierung verloren viele Fischer ihre Arbeit und verfügten nicht über die notwendigen Qualifikationen, um sich in den Arbeitsmarkt zu reintegrieren. In Anbetracht dessen haben wir zwei Strategien entwickelt: Zum einen haben wir für die Arbeitslosen Berufsqualifikationskurse angeboten, die den Marktanforderungen entsprachen. Zweitens boten wir Firmen für jede Anstellung eines einheimischen Arbeiters einen Zuschuss von 3042 Yuan (374,63 Euro). Das ermutigte ansässige Unternehmen, hiesige Arbeitskräfte zu beschäftigen.

Die Anstellungsquote der Universitätsabsolventen liegt in Xiamen bei 93 Prozent, deutlich höher als der Landesschnitt von 80 Prozent. Wir haben viele Maßnahmen ergriffen, um das zu erreichen. Dazu zählt die Organisation von Berufsmessen, Praktikumsangebote für Absolventen, die keinen Job finden konnten, Jobtrainings, Berufsberatungsangebote und Zuschüsse für die Sozialabsicherung für alle, die ein Jahr oder länger arbeitslos waren.

Xiamen sorgt außerdem dafür, dass Bildung für alle gleichermaßen zugänglich ist.

Als Sonderwirtschaftszone ist Xiamen in gewisser Hinsicht eine Migrantenstadt. Zurzeit zählt die Stadt 3,61 Millionen Einwohner, 1,76 Millionen davon haben keinen Hukou (ständigen Wohnsitz) in Xiamen. Jährlich ziehen rund 15.000 Arbeitskräfte mit ihren Kindern nach Xiamen. Diesen Kindern eine Ausbildung zu bieten, ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit.

 

 

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Direkter Kontakt mit Arbeitgebern: Jobsucher besuchen Stände auf einer Berufsmesse, die die Stadtregierung veranstaltet hat. (YAO FAN)

 

Bis jetzt gehen 120.000 Kinder zugezogener Arbeitskräfte in öffentliche Schulen, das entspricht einem Anteil von 80 Prozent, bis Ende 2015 wollen wir diesen Anteil auf 90 Prozent steigern.

Um dieses Ziel zu erreichen, stellten wir 2011 1,2 Milliarden Yuan (147,7 Millionen Euro) Haushaltsgelder bereit, um Ausbildungskosten in staatlichen Schulen zu bezuschussen, sowie noch einmal 16,4 Millionen Yuan (2,01 Millionen Euro) für Privatschulen.

Egal ob in staatlichen oder in Privatschulen, alle Migrantenkinder erhalten einen kostenlosen Pflichtschulunterricht.

Auch bei der Einrichtung des städtischen und ländlichen Gesundheitswesens wurden in Xiamen deutliche Fortschritte erzielt. So musste beispielsweise ein 69-jähriger Bauer aus einem Dorf im Bezirk Xiang'an nach einem Schlaganfall 204.000 Yuan (25.123,1 Euro) an das Krankenhaus zahlen. Seine Krankenversicherung erstattete ihm später 160.000 Yuan (19.704 Euro) bzw. 77,6 Prozent der Gesamtsumme zurück. Das ist vor allem Xiamens Krankenversicherungssystem zu verdanken, das seit 2009 Bewohner vom Land und aus der Stadt nach den gleichen Standards absichert. 

Künftig wollen wird das Gesundheitssystem in Xiamen noch in folgenden Aspekten verbessern: Wir wollen den Bau von weiteren öffentlichen Krankenhäusern erleichtern und mehr Anreize für Spitzentalente bieten, die Medikamentenpreise sollen reguliert und Reformen in öffentlichen Krankenhäusern vorangetrieben werden.

 

Wohnungskosten, Lebensmittelsicherheit und die Verkehrsverhältnisse sind ebenso Dinge, die die Menschen beschäftigen. Was hat Xiamen hier zur Verbesserung unternommen?

Das Wohnraumproblem ist ein aktuelles landesweites Thema, große Sorgen bereiten die nach oben schießenden Preise. Xiamen zählt zu den ersten Städten, die soziale Wohnungsbauprojekte umgesetzt haben. Bislang hat die Stadt mehr als 6 Milliarden Yuan (738,9 Millionen Euro) in bezahlbaren Wohnraum investiert, bis jetzt entstanden 53.200 Wohneinheiten. Projekte des Wohnungsbaus für sozial Bedürftige und durchschnittlich Verdienende in Xiamen zeichnen sich durch ihre Qualität, ihre gute Lage und kompetenten Hilfseinrichtungen aus. Außerdem kontrollieren wir die Zuweisung von Wohnungen für sozial Bedürftige und durchschnittlich Verdienende streng, um den Prozess transparent und gerecht zu halten.

Angesichts von Ereignissen wie dem Giftmilchskandal und der Verwendung von Speiseölabfällen ist die Nahrungsmittelsicherheit mittlerweile ein wichtiges Thema für Chinesen und wir haben eine Menge unternommen, um die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen. Zunächst haben wir ein Sicherheitskontrollsystem entwickelt, das mehr als 60.000 Lebensmittel aus über 10.000 Unternehmen umfasst. Zweitens haben wir den Angestellten der Lebensmittelhersteller moralische Lektionen erteilt. Drittens hat Xiamen eine Datenbank über Lebensmittelunternehmen eingerichtet, die gegen Vorschriften verstoßen. Außerdem unterstützt die Stadt die Inanspruchnahme von Lebensmittel-Prüfagenturen als einer dritten Instanz.  

Die Verkehrssituation hat einen großen Einfluss auf den Alltag unserer Anwohner. Xiamen verbessert den Verkehrsfluss in mehrerer Hinsicht.

Wir haben mehr als 850.000 Fahrzeuge in unserer Stadt, eine der höchsten Raten in China. Um Staus zu reduzieren, hat Xiamen Straßenbauprojekte vorangetrieben und zwölf neue Straßen sowie neun unterirdische Tunnel eröffnet. Die Stadt baut zudem den öffentlichen Nahverkehr aus, um Verkehrsstockungen abzubauen. Die längste Busstrecke ist mehr als 50 Kilometer lang und ein Ticket kostet nur 2 Yuan (0,25 Euro). In mehr als 85 Prozent der Fälle kostet ein Busticket sogar nur 1 Yuan (0,12 Euro), was einen großen Anreiz für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel darstellt. 

Um den Mangel an Parkplätzen zu beheben, treibt die Stadt den Bau von 30 Parkhäusern voran und denkt über Möglichkeiten nach, hier mehr Privatinvestoren anzulocken.

Mail an zhouxiaoyan@bjreview.com