31-10-2012
Im Focus
US-Kongress blockiert chinesische Telekom-Firmen
von Lan Xinzhen

Der ZTE-Stand auf dem 7th Mobile World Congress am 1. März 2012 in Barcelona

Motive

Sicherheitsbedenken bezüglich ihrer Produkte sind für Huawei und ZTE der größte Hemmschuh auf ihrem Weg zur Expansion im US-Markt. Um dieser Situation zu begegnen, verpflichtete Huawei einen ehemaligen amerikanischen Regierungsbeamten als Sicherheitschef und hoffte, durch eine Börsenzulassung im Ausland Vertrauen zu gewinnen - doch ohne Erfolg.

Shi Yinhong, Professor an der School of International Studies der Renmin University of China, sieht die Ursache für die Probleme chinesischer Unternehmen in den USA im fehlenden Vertrauen der US-Regierung; im Besonderen, wenn sie versuchen, in sensiblen Bereichen zu investieren. Dies sei ein Spiegelbild amerikanischer Bedenken gegenüber einem aufstrebenden China.

„Die amerikanische Regierung", führt Shi seine Analyse aus, „reagiert empfindlich auf chinesische Investitionen in Bereichen, von denen sie glaubt, dass sie eine potentielle Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen wie Energie und Telekommunikation. Die Behinderungen, denen sich Huawei und ZTE nun gegenübersehen, waren vielleicht zu erwarten gewesen. Die USA haben es nie an Wachsamkeit gegenüber chinesischen Unternehmen fehlen lassen, die Zugang zum Hightech-Sektor verlangten."

Jiang Yong, Direktor des Economic Security Research Center am China Institute of Contemporary International Relations, ist der Überzeugung, dass die Verteidigung der nationalen Sicherheit schlicht für Handelsprotektionismus herhalten muss.

„Die USA haben langjährige Praxis in der Errichtung von Handelsbarrieren gegenüber chinesischen Unternehmen", sagt Jiang. „Der jetzt erfolgte Schritt kann als Verlängerung jener protektionistischen Maßnahmen angesehen werden, die im Anschluss an die Finanzkrise ergriffen wurden. Jetzt sind wir Zeuge eines aggressiven Vorgehens und die Ziele sind nun Huawei und ZTE, zwei Unternehmen, die sich auf dem internationalen Markt stürmisch entwickelt haben."

Abgesehen von den politischen Faktoren glaubt Jiang, dass Cisco Systems, Huaweis US-Mitbewerber, der wahre Hinderungsgrund für Huawei und ZTE ist. Industriestatistiken belegen, dass der globale Telekommunikationsmarkt im Jahr 2011 lediglich um 12,2 Prozent gewachsen ist, weit weniger als 2011, als man ein Wachstum von 31 Prozent verzeichnete. Es wird allgemein angenommen, dass die Schuldenkrise in der Euro-Zone, verbunden mit Unsicherheiten bei der wirtschaftlichen Erholung, zu einer weiteren Abschwächung des Wachstums führen wird. Unter diesen Voraussetzungen sind die preislich konkurrenzfähigeren Produkte von Huawei und ZTE für Kunden attraktiver. Zudem musste Cisco in seinem Finanzbericht 2011 einen Rückgang des Rohgewinns vermelden. Der Preiswettkampf mit seinen chinesischen Mitbewerbern ist sicherlich ein Faktor zur Erklärung von Ciscos schwacher Performance.

Eng verzahnt mit der US-Regierung und dem US-Militär, betreibt Cisco eine aktive Lobbyarbeit. Sollte das Unternehmen einfach stillhalten und zusehen, wie der wichtigste Rivale möglicherweise jenen Markt aufrollt, den es zurzeit beherrscht?

Duell ohne Sieger

Niemand weiß, ob der vom US-Kongress veröffentlichte Bericht einen Handelskrieg der Telekommunikationsunternehmen zwischen China und den USA auslösen wird.

Im vergangenen Jahr steuerten die Geschäfte auf dem US-Markt für Huawei 1,3 Milliarden Dollar (4 Prozent) zum Gesamtumsatz bei, 30 Millionen für ZTE. In der Produktion von Routern, Switches und anderer Telekommunikationsausrüstung liegt Huawei hinter Ericsson weltweit auf dem zweiten Platz, ZTE ist die Nummer fünf. Im Gegensatz dazu erwirtschaftet Cisco 16 Prozent seines Umsatzes im Pazifischen Raum und in China. China ist nach Japan der sich am zweitschnellsten entwickelnde Markt in der Region. Zurzeit trägt das Chinageschäft 30 Prozent zum Gesamtgewinn von Cisco bei, während das US-Geschäft 45 Prozent ausmacht. Bei Ausbruch eines Handelskriegs stünde für Cisco wesentlich mehr auf dem Spiel als für Huawei.

Überdies hat der Bericht die Vorstellungen darüber beeinträchtigt, wie man in den USA Geschäfte macht. In den Augen der chinesischen Bevölkerung sind die USA ein führender Staat für die Freie Marktwirtschaft. Ihr Protektionismus infolge der Finanzkrise ist deshalb enttäuschend.

Die größte Sorge bereiten Huawei und ZTE nicht der Verlust des US-Marktes, sondern die Befürchtung, dass die Verbündeten der USA folgen könnten.

Kanada und Großbritannien kündigten am 12. Oktober 2012 eigene Untersuchungen der Telekommunikationsprodukte von Huawei und ZTE an. Huaweis Präsenz in Ländern wie Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Australien – alle Verbündete der USA – könnte auf dem Spiel stehen und einen Dominoeffekt auslösen, der verheerende Auswirkungen auf das Unternehmen haben könnte.

Huawei, ein Privatunternehmen mit Sitz in Shenzhen, bat in seiner Anfangsphase IBM um Unterstützung und IBM entsandte zum Aufbau der operativen Hauptabteilungen wie Forschung und Entwicklung, Produktentwicklung, Aufbau einer Zuliefererkette und des Finanzmanagements an die 200 Berater. Huaweis Erfolg ist weitgehend auf die Zusammenarbeit mit IBM zurückzuführen.

Am 9. Oktober 2012 erklärte das chinesische Außenministerium die Einrichtung des Department of International Economy. Eine wesentliche Funktion dieser neuen Abteilung wird in der Behandlung sich abzeichnender internationaler Wirtschaftsstreitigkeiten in einem komplizierten politischen Umfeld liegen, was sich als hilfreich für Huawei und ZTE erweisen könnte.

Umdenken erforderlich

Chen Yongdong, Universitätsdozent und unabhängiger Wissenschaftler für Informationsmanagement, E-Commerce und neue Medien, weist darauf hin, dass wenn die US-Regierung an ihrer Überzeugung festhalte, die chinesische Regierung übe großen Einfluss auf Huawei und ZTE aus, auch normale Wirtschaftsaktivitäten unter ständigem Generalverdacht stünden.

Bedenken der US-Regierung über angebliche „Sicherheitsbedrohungen" könnte den USA noch mehr Geschäfte und Profite kosten.

Chen ist der Meinung, dass die chinesische Regierung den Fall Huawei zum Anlass nehmen sollte, ihre Haltung zu überdenken. China besitzt den offensten Telekommunikationsmarkt der Welt. Protektionismus existiert kaum. Fast alle Telekommunikationsfirmen versuchen hier ihr Glück, manche machen hier auch ein Vermögen. China behandelt Unternehmen verschiedener Nationalität gleich ohne Diskriminierung.

In krassem Unterschied zu chinesischen Unternehmen, die auf dem US-Markt schwer zu kämpfen haben, segeln amerikanische Telekommunikationsunternehmen in China in ruhigen Gewässern. Eine Handvoll ausländischer Firmen wie Cisco, Intel, Microsoft, Motorola, IBM, HP und Apple haben einen erheblichen Marktanteil in China erobert. Telekommunikationsausrüstung von Cisco hat in Bereichen wie Bildung und Handel weite Verbreitung in Haushalten und beim Staat gefunden.

Wenn China US-Firmen in gleicher Weise behandelte, wäre es für Cisco unmöglich gewesen, den chinesischen Markt für IT-Telekommunikationsausrüstung zu betreten. Es lohnt sich wohl die Frage, warum die Vereinigten Staaten – ein Land, das regelmäßig ein Loblied auf den globalen Freihandel anstimmt – sich auf diese Weise gegenüber chinesischen Unternehmen verhält?

„Wenn wir uns Ländern mit unlauteren Absichten öffnen und unsere Großzügigkeit mit strenger Prüfung und and Blockade begegnet wird", fragt sich Chen, „sollten wir dann nicht auch unser nationales Sicherheitsbewusstsein erhöhen?"

   <   1   2