Politische Faktoren hindern Telekom-Firmen aus China am Zugang zum US-Markt
Huawei präsentierte am 19. Oktober 2010 in Chicago mobile Breitbandtechnologie auf der 4G World 2010
Vermutlich aufgeschreckt durch einen Untersuchungsbericht des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses, in dem behauptet wird, dass „Huawei und ZTE (Zhongxing Telecommunication Equipment) die nationale Sicherheit der USA bedrohen", hat Huawei erste Maßnahmen beschleunigt in die Wege geleitet, um eine Börsennotierung zu erhalten. Obwohl die Presse- und Öffentlichkeitsabteilung des weltweit zweitgrößten Telekommunikationsausrüsters in Beijing jegliche Vorbereitungen zu einem Börsengang dementierte, vermuten Insider, dass Huawei mit einigen international tätigen Wirtschaftsprüfungsunternehmen und Investmentbanken, vermutlich in Hongkong und London, in Kontakt stehe.
Einige Beobachter glauben, Huaweis mutmaßlicher Börsengang sei darauf angelegt, Transparenz bei Ausschreibungen zu verbessern, um die Chancen auf größere internationale Aufträge zu erhöhen. Unter den fünf weltweit bedeutendsten Telekommunikationsriesen ist Huawei bislang der einzige, der an die Öffentlichkeit gegangen ist?, und nun von böswilligen US-Politikern gejagt wird, die sich entschieden gegen jegliche Form der Expansion Huaweis auf dem US-amerikanischen Markt aussprechen.
Am 8. Oktober 2012 veröffentlichte der Untersuchungsausschuss die Ergebnisse seiner einjährigen Ermittlungen zu Huawei und ZTE, in denen der amerikanischen Regierung empfohlen wird, keine Ausrüstung der beiden Unternehmen zu verwenden. Am 14. Oktober leitete der US-Kongress eine zweite Runde in den Untersuchungen gegen die beiden chinesischen Unternehmen ein.
Sowohl Huawei als auch ZTE haben die Vorwürfe heftig dementiert. Huawei geht davon aus, dass der Bericht dazu diene, chinesische Firmen aus den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie am Zugang zum amerikanischen Markt zu hindern – mittels falscher Anschuldigungen und Gerüchten und ohne Berücksichtigung von umfangreichen Tatsacheninformationen, die von Huawei zur Verfügung gestellt wurden, sowie einer guten Erfolgsbilanz hinsichtlich Netzwerksicherheit in den USA und weltweit.
Auch ZTE legt Wert auf die Feststellung, dass seine Ausrüstung keine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA darstelle. Sämtliche Ausrüstung an amerikanische Kunden wurde bisher vom Security Assessment Laboratory begutachtet, das der US-Regierung unterstehe.
Ob der voraussichtliche Börsengang neues Leben in Huaweis Pläne für den US-Markt bringt, ist ungewiss. Die Meinungen innerhalb des Unternehmens, ob man überhaupt an die Börse gehen solle, gehen weit auseinander. Als im November 2011 der Geheimdienstausschuss eine Untersuchung gegen Huawei und ZTE einleitete, hatten der Vorstand sowie der Verwaltungsrat von Huawei die Möglichkeit eines Börsenganges in Erwägung gezogen.
Befürworter glauben, ein Börsengang erhöhe die Transparenz und Einnahmequellen des Unternehmens, während die Gegner argumentieren, ein Börsengang müsse das angestrebte Ziel verfehlen, da die schon börsennotierte ZTE gleichwohl Gegenstand einer Untersuchung sei.
Politischer Gegendruck
In den Jahren 2007 und 2008 versuchte Huawei, den amerikanischen Netzwerkausrüster 3COM zu kaufen, was jedoch von amerikanischer Seite aus nationalen Sicherheitsbedenken blockiert wurde. 2010 scheiterte ein Gebot für 2Wire und die Handynetzsparte von Motorola, da die US-Regierung ihre Zustimmung verweigerte. 2011 nahm das Unternehmen Abstand von seinem Versuch, den amerikanischen Serverhersteller 3Leaf zu erwerben.
Seit Februar 2011, als der Geheimdienstausschuss seine Arbeit in der Sache Huawei und ZTE begann, haben die beiden Unternehmen in offener und transparenter Weise mit dem Ausschuss kooperiert.
Der Ausschuss besteht auf seiner Ansicht, dass Huawei nicht frei von staatlichem Einfluss sei und die chinesische Regierung ein lebhaftes Interesse daran habe, Huawei als trojanisches Pferd zu benutzen, um gegebenenfalls das amerikanische Kommunikationsnetz zu infiltrieren.
Trotz aller vom US-Kongress in die Welt gesetzten Anschuldigungen, dass beide Unternehmen ein „Sicherheitsrisiko" für das Land darstellen, gibt es bis heute keinen Beweis dafür. Da die Netzwerk- und Telekommunikationstechnologie in den USA weiter entwickelt ist als in China, hätte ein tatsächlich existierendes Risiko sicherlich schon längst entdeckt werden müssen.
„Mir ist schleierhaft, woher diese angeblichen Sicherheitsrisiken herrühren", sagt Mei Xinyu, Forschungsrat an der Chinesischen Akademie für internationalen Handel und wirtschaftlicher Zusammenarbeit.
„Huawei hat", so der Untersuchungsbericht, „eine verdeckte Nähe zur chinesischen Regierung", was auf den beruflichen Werdegang des Firmengründers Ren Zhengfei anspielt, der in den 1970ern als Mitglied im Ingenieur-Korps der VBA (Volksbefreiungsarmee) in der Forschungsabteilung für Informationstechnologie angestellt war.
In einem offenen Brief als Antwort auf Spekulationen wurde im Jahr 2010 Rens beruflicher Lebenslauf veröffentlicht. „Ren, am 25. Oktober 1944 in eine Bauernfamilie hineingeboren, verbrachte seine Kindheit in einer abgelegenen Kleinstadt in der Provinz Guizhou. Er absolvierte 1963 erfolgreich die Chongqing University of Civil Engineering and Architecture und arbeitete danach im Bauwesen. 1974 begann er seinen Dienst in der VBA als ingenieurwissenschaftlicher Bausoldat beim Bau der Liaoyang Chemical Fiber United Factory. Er diente zuerst als Techniker, später als Ingenieur und und schließlich als stellvertretender Direktor ohne militärischen Rang. Nach Personalreduzierungen in der Armee verließ er 1983 die Streitkräfte. Später bekleidete er in Shenzhen eine Stellung in einer Logistikdienstleistungsbasis. Unzufrieden mit seinem Job, gründete er 1987 Huawei mit lediglich 21 000 Yuan, damals wenig mehr als 2500 Dollar. Seit 1988 leitet er das Unternehmen."
Der Untersuchungsausschuss, mit diesen Informationen konfrontiert, wendete ein, dass es unter den Fachanalytikern unterschiedliche Ansichten gebe. So verweisen einige zum Beispiel auf Rens Funktion „als Direktor der Information Engineering University der VBA, von der man annimmt, dass sie in enger Verbindung zur Dritten Abteilung des GSD (General Staff Department) der VBA steht. Aus diesem Grund könnte Ren immer noch Kontakte zum chinesischen Militär besitzen."
Spitzenmanager von Huawei bezeichnen solche Spekulationen als lächerlich. Seitdem sich China vor über 30 Jahren der Welt öffnete, hätten unzählige Soldaten und Regierungsbeamte ihren Dienst quittiert und eine neue Karriere aufgebaut. Wenn die Vorwürfe zuträfen, würde das nicht bedeuten, dass alle chinesischen Unternehmer enge Verbindungen mit der chinesischen Regierung unterhielten?
„Huawei", so argumentiert der Untersuchungsausschuss weiter, „kann keine detaillierten Informationen vorlegen, um zu erklären, wie das Unternehmen von der chinesischen Regierung in der Regel reguliert, kontrolliert und beaufsichtigt wird."
„Das spiegelt die Mentalität des Kalten Krieges im US-Kongress wider", kommentiert Mei die amerikanische Haltung. „Doch eine solche Einstellung betrifft nicht nur chinesische Firmen, sondern untergräbt auch in schlimmer Weise das Wirtschaftsklima in den Vereinigten Staaten selbst."
Am 9. Oktober 2012 verlautbarte Shen Danyang, Sprecher des Handelsministeriums, dass sich das Ministerium „entschieden gegen den US-Bericht ausspreche". Er basiere auf „subjektiven Spekulationen" und „falschen Beweisen", da er die nationale Sicherheit als Ausrede benutze, um chinesische Unternehmen vom fairen Wettbewerb auf dem US-Markt auszuschließen.
Shen kritisierte den Schritt der USA, der die bewährten Prinzipien des freien Marktes verletze sowie Investitionsbereitschaft und Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen beider Staaten aushöhle.
Shen gab Chinas Hoffnung Ausdruck, dass „die USA konkrete Anstrengungen für ein gerechtes und faires Wirtschaftsklima für Firmen aus beiden Staaten unternehmen und die gesunde Entwicklung der bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen fördern."
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