18-10-2012
Im Focus
Politische Stabilität, stetiges Wachstum und friedliche Entwicklung-- Meine Erwartungen an den XVIII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas
von Saionji Kazuteru

Saionji Kazuteru

Der XVIII. Parteitag  der Kommunistischen Partei Chinas (im Folgenden als "XVIII.Parteitag" bezeichnet) wird in diesem Herbst einberufen. In meiner Betrachtung widme ich mich vor allem dreier Punkt. Da wären zunächst die anstehenden personellen Veränderungen. Aus dem XVIII.Parteitag wird Chinas politische Führungsmannschaft für das nächste Jahrzehnt hervorgehen. Dann wird über die Wirtschaft zu reden sein. Chinas Wirtschaft hat in den letzten drei Jahrzehnten ein erstaunliches Wachstum erzielt. Allerdings werfen die Veränderungen der Weltwirtschaftslage die Frage der Strukturumwandelung der chinesischen Wirtschaft auf. Schließlich die Außenpolitik. Nach dem Ende des Kalten Krieges ist noch keine neue Weltordnung etabliert worden. Welchen außenpolitischen Kurs wird China als großes, verantwortungsbewußtes Land steuern? Welche Erwartungen an die Welt hat China? Diese Fragen interessieren mich sehr.

Als die Chinesen den Feudalismus, den Imperialismus und den Kompradorenkapitalismus stürzten und nach der nationalen Unabhängigkeit strebten, hat die Kommunistische Partei Chinas in der Tat eine entscheidende Rolle gespielt. Das kann niemand bestreiten. Nach der Befreiung von den Folgen der Kulturrevolution hat die Kommunistische Partei Chinas die Chinesen in die moderne Richtung der Reform und Öffnung geführt. Dadurch hat sich das Leben der Menschen grundlegend verbessert. Auch dies ist eine historische Tatsache. Nach dreißig Jahren heißen Bemühens hat China eine erstaunliche Entwicklung erreicht. Chinas BIP hat das Japans übertroffen; das Land ist zur weltweit zweitgrößten Wirtschaftsmacht geworden. Allerdings ist die chinesische Revolution noch nicht an ihr erfolgreiches Ende gelangt, noch immer ist China ein Entwicklungsland. Meiner Meinung nach ist die Mission des neuen ZK der KP Chinas, das Land von einem "Entwicklungsland" in ein Schwellenland zu verwandeln. Die Basis für die Entwicklung des Landes ist die Wirtschaft. Allerdings kann es keine echte Entwicklung sein, wenn das ideologische Bewusstsein der Bevölkerung nicht mit der Entwicklung der Wirtschaft Schritt hält. In diesem Sinne ist dies ein Test für das neue ZK der KP Chinas.

Chinas Wirtschaft steht nun am Scheideweg des Umwandlungsprozesses. Im Prozess der Entwicklung hat China mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zum Beispiel das Auseinanderklaffen der Einkommensschere, Umweltverschmutzung, Ressourcenmangel und fehlende Nachhaltigkeit des Wirtschaftens. Das Ungleichgewicht zwischen der Inlandsnachfrage und dem lange Zeit forcierten Außenhandel macht eine Strukturumwandelung in Industrie und Handel unumgänglich. Der Anteil der Binnennachfrage am BIP liegt in den Vereinigten Staaten bei mehr als 70 Prozent, in Japan bei 60 Prozent und in China lediglich bei etwas mehr als 40 Prozent. Ohne eine Ausweitung der Binnennachfrage wird es schwierig sein, die Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs zu halten. Der Schlüssel zur Lösung des Problems liegt in der Urbanisierung. Wenn der Prozess der Urbanisierung in den unterentwickelten ländlichen Regionen ohne Verwerfungen gelingt, wird eine mächtige Binnennachfrage entstehen, was das Wirtschaftswachstum beflügelt. Dies aber erfordert ein hohes Maß an politischer Stabilität.

Ich denke, dass es keine wesentlichen Änderungen in der außenpolitischen Strategie geben wird. Doch die internationale Lage ändert sich ständig und man muss immer auf der Hut sein. Ich glaube, dass China weiterhin ein stetiges Wachstum erleben und in der nahen Zukunft zu einer wahren Weltmacht werden wird. In der Geschichte der Menschheit hat es viele mächtige Imperien gegeben. Vom Römischen Reich über das Spanien und Portugal der frühen Neuzeit bis hin zum Großbritannien, Frankreich, Russland, Deutschland, Italien, Japan und zu der Sowjetunion sowie zu den Vereinigten Staaten des 19. Und 20. Jahrhunderts.

Alle diese Länder haben eine Gemeinsamkeit gehabt, nämlich Aggression in andere Länder zu tragen und das Betreiben einer Politik der Hegemonie. Was wird mit China geschehen? Wenn China zu einem Machtfaktor geworden sein wird, könnte zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit eine „Friedensmacht" entstehen. In diesem Sinne hoffe ich, dass das neue Zentralkomitee der Partei den spezifischen Weg zur friedlichen Entwicklung bestimmen und die Friedenserziehung verstärken wird.

 

Über den Autor

Saionji Kazuteru ist 1942 in Tokio geboren. 1958 emigrierte er mit seinen Eltern nach China und lebte zehn Jahre lang in Beijing. Im Jahr 1966 absolvierte er sein Studium (Hauptfach Politikökonomie) an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Peking-Universität. Von 1971 bis 2002 arbeitete er für die japanische Tageszeitung Asahi Shimbun. Derzeit ist er Direktor des Konfuzius-Instituts an der Kogakuin-Universität in Tokyo und Gastprofessor an der Peking-Universität und an der China University of Communications in Beijing.