17-09-2012
Im Focus
Streit um Weinimporte aus der EU
von Zhou Xiaoyan

Chinesische Weinproduzenten fordern die Prüfung von Anti-Dumping-Maßnahmen und Ausgleichszöllen für EU-Importe.

 

Auf der 3. Internationalen Weinausstellung in Beijing 2012

Der Chinesische Spirituosenverband hat am 20. August verkündet, dass er beim Handelsministerium eine Beschwerde gegen Weinproduzenten aus der EU eingereicht habe. Der Verband beschuldigt die Europäer, ihre Produkte unter Marktwert zu verkaufen und unfaire Regierungssubventionen zu erhalten.

"Auf Wunsch heimischer Weinhersteller hat unser Verband eine Petition beim Handelsministerium eingereicht und es aufgefordert, Maßnahmen gegen Preisdumping und die Einführung von Ausgleichszöllen für Weinimporte aus der EU zu prüfen", erklärte Wang Zuming, Generalsekretär der Weinabteilung des Spirituosenverbandes.

"Der Spirituosenverband hat dafür auf öffentlichem Wege Belege gesammelt. Wir konnten den klaren Vorsatz beobachten, europäische Weine auf dem chinesischen Markt unter Selbstkostenpreis zu verkaufen. Es gibt ebenso ausreichend Beweise dafür, dass die EU ihre Weinindustrie und Weinexporteure stark subventioniert hat", so Wang.

 

Hinter den Kulissen

Mit einer jährlichen Produktionsmenge von 16 Millionen Tonnen, die 69 Prozent der weltweiten Produktionsmenge ausmachen, ist die EU die größte Weinanbauregion der Welt.

Wegen ihrer ungeheuren Produktionskapazität und des Riesenpotenzials des chinesischen Markts sei es offensichtlich, warum Weinproduzenten aus der EU ihre Produkte in China in großen Mengen auf den Markt werfen, so Wang.

Die EU-Weinimporte stiegen von 35 944 Hektolitern im Jahr 2008 auf 1 691 140 Hektoliter im Jahr 2011, das entspricht einer jährlichen Zuwachsrate von 67,71 Prozent. In den vergangenen vier Jahren ist ihr Marktanteil in China von 4,94 auf 14,76 Prozent gestiegen. Nach Angaben des Spirituosenverbands stiegen die Weinimporte aus der EU, vorwiegend aus Frankreich, Spanien und Italien, im Vergleich zum Vorjahr im ersten Quartal um 24 Prozent.

Weil sich ausländische Weinhändler den chinesischen Markt erschließen, fühlen sich einheimische Weinproduzenten allmählich unter Druck. Die durchschnittliche Bruttogewinnspanne fiel von rund 40 auf 30 Prozent, erklärte Sun Fangxun, Sachverständiger für landesweite Weinbegutachtung.

"Fast alle Wein produzierenden Unternehmen in China haben die Auswirkung der EU-Weinimporte stark zu spüren bekommen, das operative Geschäft, Erträge und Marktanteile nahmen deutlich ab", so Wang.

Bei Yantai Chang Yu Group Co., einem der führenden einheimischen Weinhersteller, fiel der Gesamtumsatz in der ersten Hälfte des Jahres 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 2,51 Prozent auf 3,01 Milliarden Yuan (474,7 Millionen Dollar). Das ist der erste Verlust dieses Ausmaßes in den vergangenen fünf Jahren. Der Absatz sank um 5,4 Prozent.

Der Absatz von China Great Wall Wine Co. sank 2011 um 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dynasty Winery, ein chinesisch-französisches Joint Venture, musste 2011 im Vergleich zum Vorjahr Umsatzeinbußen von zehn Prozent hinnehmen.

"Mit der steigenden Beliebtheit von Wein bei chinesischen Verbrauchern sind viele ausländische Weinproduzenten, einige auch mit minderwertigen Produkten, auf den chinesischen Markt gekommen, um Profite zu machen", sagt Wang Dehui, ein Weinmarketing-Experte beim chinesischen Weinverband.

"Chinas Weinindustrie ist eine aufstrebende Branche mit großartigem Potenzial. Die chinesische Regierung sollte Gesetze und Regulierungen für die Branche verstärken, um einheimischen Produzenten dabei zu helfen, ihre Konkurrenzfähigkeit unter dem steigenden Wettbewerbsdruck zu verbessern", so Wang.

Weinproduzenten aus der EU wagten den Vorstoß auf den chinesischen Markt wegen dieses vorhersehbaren großen Potenzials.

Da immer mehr wohlhabende Chinesen sich Weine leisten können, ist China nach einer jährlichen Branchenstudie, die im Februar von Vinexpo/Internationale Wein- und Spirituosenforschung veröffentlich wurde, mittlerweile der fünftwichtigste Weinkonsument.

Chinas Weinkonsum stieg um 28,26 Prozent auf 15,5 Millionen Hektoliter Liter im Jahr 2011 und überholte damit Großbritannien, bis dahin fünftgrößter Weinmarkt. Importierte Weine machten fast ein Drittel am Markt aus, 2006 waren es noch weniger als zehn Prozent, so ein Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua.

Huang Minghai, Chef der Presseabteilung beim Handelsministerium, erklärte am 20. August, dass das Ministerium die Petition des Spirituosenverbandes angenommen, aber noch nicht über eine Untersuchung entschieden habe.

Abgesehen von den offensichtlichen wirtschaftlichen Gründen, deuten manche dieses Vorgehen auch als Antwort auf die mögliche Untersuchung von Chinas Solarexporten durch die EU. Die USA und die EU zeigten sich offensiv, wenn es um Handelsuntersuchungen bei chinesischen Waren in Zeiten der Finanzkrise ging. Nun lerne China zurückzuschlagen, erklärte Zhou Shijian, führender Handelsexperte an der Tsinghua Universität gegenüber China Daily. „China wird klüger und reifer darin, seine eigenen Handelsinteressen im Rahmen der WTO zu schützen", ergänzte er.

Europäische Solarfirmen verlangten kürzlich von der EU-Kommission, dem Exekutiv-Organ der EU, Chinas EU-Exporte zu untersuchen.

Zu Chinas Weinklage kam es, kurz nachdem seine vier größten Solarunternehmen, einschließlich der an der New Yorker Börse notierten LDK Solar Co., die Regierung am 17. August aufgefordert hatten, Polysilizium-Exporte aus der EU auf Preisdumping und Subventionierungen hin zu überprüfen.

Trotz dieses Geplänkels zwischen China und seinen Haupthandelspartnern halten Analysten einen Handelskrieg in großem Stil für unwahrscheinlich, da niemand davon profitieren würde, besonders nicht in einer schwachen Weltwirtschaft.

Jonathan Holslag, Forschungsleiter am Brüsseler Institut für zeitgenössische China-Studien, erklärte, Handelskonflikte seien unvermeidlich, aber eine Vergeltungsspirale sei in niemandes Interesse.

"Für China und die EU ist es Zeit, sich hinzusetzen und ehrlich und direkt darüber zu diskutieren, wo wir stehen und wohin wir gehen müssen", so Holslag.

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