06-08-2012
Im Focus
Little Flower: Ein Babyheim voll kleiner Buddhas
von Judith Hagenhofer

Little Flower ist ein gemeinnütziges Projekt aus den USA. Es wurde von Brent Johnson, dem Vizepräsidenten des Beijinger Allgemeinen Familienkrankenhauses, gegründet. Gemeinsam mit seiner Frau Serena kümmert er sich seit 1995 um chinesische Waisenkinder. Mittlerweile gibt es in Beijing und Taiyuan in der Provinz Shanxi Babyheime, in denen Waisenkinder aus ganz China betreut werden

Ein Fokus des Beijing Babyheimes ist die Pflege von Frühgeborenen.

 

Nannys sind für die alltägliche Pflege der Babys verantwortlich.


Die Anfahrt zum Beijing Babyheim ist lang, befindet es sich doch irgendwo im Nordosten, in der Nähe des Flughafens. Nach längerem Fußmarsch entpuppt sich ein unscheinbares Haus in einer chinesischen Wohnanlage schließlich als Sitz von Little Flower. Beim Betreten merkt man allerdings, dass dies kein gewöhnliches Haus ist; es ist erfüllt von Kinderstimmen, eilig laufen Pflegekräfte durch die Räume. Die verantwortliche Direktorin des Babyheimes, Malaika Hahne, begrüßt uns freundlich und beginnt sofort mit der Führung durch das Haus.
Als Hahne nach ihrem BWL-Studium in Deutschland nach China kam, ahnte sie noch nicht, dass sie vier Jahre später für eine gemeinnützige Organisation tätig sein würde. Hauptberuflich arbeitet sie als Exportberaterin für Sunrain Solar Energy, ein Unternehmen mit Sitz in Lianyungang in der Provinz Jiangsu, in ihrer Freizeit widmet sie sich dem Babyheim.
Bei ihrem ersten Besuch sei sie den Kindern verfallen, wie sie zugibt: „Die Atmosphäre, das Haus, die Kinder, es ist einfach schön hier. Mir macht die Arbeit wirklich Spaß."

Freud und Leid im Babyheim

Kaum haben wir unsere Taschen abgelegt, kommt ein kleines Mädchen fröhlich auf uns zugehüpft. Ihr Name ist Xiang und sie ist seit eineinhalb Jahren im Babyheim. „Als sie zu uns gekommen ist, konnte sie weder laufen noch reden noch lachen. Ursprünglich kam sie mit Klumpfüßen zu uns, aber wir haben gemerkt, dass es noch andere Probleme gibt. Uns wurde dann gesagt, sie habe ein autistisches Syndrom, weil sie vernachlässigt wurde." Heute geht es ihr viel besser und sie wird bald von einer amerikanischen Familie adoptiert werden.

Alle Kinder des Beijing Babyheimes sind Waisenkinder, die spezielle medizinische Hilfe benötigen. Das geht von Herzfehlern über das Down-Syndrom bis zur Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Das Heim beherbergt derzeit rund 40 Kinder, weitere 7 sind gerade im Krankenhaus. Die Kinder kommen aus verschiedenen Waisenhäusern. Sobald sie gesund gepflegt worden sind, gehen sie in Pflegefamilien aus ihrer ursprünglichen Umgebung. „Wir haben die Kinder nur so lange, wie sie wirklich unsere spezifische Hilfe brauchen. Das Ziel ist natürlich Adoption. Je gesünder die Kinder, desto größer sind die Chancen, dass sie adoptiert werden", erklärt Hahne.

Im Heim ist immer eine Krankenschwester auf Bereitschaftsdienst. Sie kümmert sich um alle medizinischen Dinge, während Nannys die alltägliche Pflege übernehmen. Momentan arbeiten 56 Nannys in drei Schichten, da die Kleinkinder rund um die Uhr Fürsorge brauchen.

Wir werden in einen abgedunkelten Raum geführt, in dem die älteren Kleinkinder gerade Mittagsschlaf halten. Da gibt es ein Kind, das Krebs im Auge hatte und jetzt eine Chemotherapie durchmacht. Die kleine Wen hat Epidermolysis bullosa, eine Hautkrankheit, bei der die Haut sehr leicht bricht. „Wenn sie sich irgendwo anschlägt oder wenn es heiß ist, dann bekommt sie überall Wunden. Das kann man leider nicht heilen, daher müssen wir sie immer verbinden."

Ein anderes Kind wurde gerade am Herzen operiert und ist zur Nachsorge im Heim. Ein Mädchen liegt im Gitterbett und sieht uns mit großen Augen an. Es ist dünner als die anderen Kinder; erst seit gestern ist es hier.

In den Räumlichkeiten im ersten Stock werden Kinder behandelt und gefüttert. Genau wird aufgezeichnet, welches Kind wann wie viel zu essen bekommen hat. Neben einem Raum mit Milchvorräten – sowohl Pulver als auch Muttermilch – gibt es hier auch das Hospizzimmer. Abgesehen von Hospiz ist ein Fokus des Heimes die Pflege frühgeborener Säuglinge. Es gibt zwei Frühchen-Zimmer, in denen gerade Babys schlafen oder teils mit Sonden gefüttert werden. Hahne weist darauf hin, dass die Säuglinge, die Operationen brauchen, für diese ein gewisses Gewicht erreichen müssen. Man sieht, dass die Nannys ganze Arbeit leisten. Die Kinder, die schon länger im Heim sind, sehen gut genährt aus, „wie kleine Buddhas", schmunzelt Hahne.

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