27-07-2012
Im Focus
Jin Yongcai: „Wutongzouyin" muss weitergereicht werden
von Zeng Wenhui

 

Pinselbecher aus „Wutongzouyin"

Wasserpfeife aus „Wutongzouyin"

Schnapskaraffe aus „Wutongzouyin"

 

Schulgründung

Jin Yongcai arbeitete elf Jahre im Stadtteilkomitee seines Wohnviertels. Nur nach Feierabend befasste er sich mit der Herstellung von „Wutongzouyin". Am Wochenende ging er dann auf den Markt und verkaufte seine Objekte. Jin erinnert sich, dass in den 80er und 90er Jahren seine Kunden vor allem aus Taiwan, Japan und Singapur kamen. Im Ausland gibt es viele Anhänger dieses Kunsthandwerks. Als bekannt wurde, dass jemand in Yunnan noch „Wutongzouyin" beherrscht, fanden einer nach dem anderen seinen Weg zu Jin. Mit seinen Kunden traf sich Jin normalerweise im Teehaus. Bei einer Tasse Tee wurde man sich dann rasch handelseinig, es blieb sogar noch ein wenig Zeit, um über das Handwerk zu fachsimpeln. Dann ging man gemeinsam auf den Marktplatz zurück und holte die Ware.

Später legte die Regierung dem Schutz immateriellen Kulturerbes immer größere Bedeutung bei und begann mit der Suche nach Handwerksmeistern unter dem Volk. Dabei wurde Jin Yongcai als Überlieferer von „Wutongzouyin" entdeckt.

Am 8. August 2010 wurde die Schule für Wutongzouyin im alten Gemeindebezirk Guandu der Stadt Kunming eröffnet. Diese Schule ist die erste Schule zur Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten über Herstellungstechniken von immateriellen Kulturgütern in der Provinz Yunnan. Aus 38 Kandidaten hat Jin vier junge Männer ausgewählt und im Rahmen einer Zeremonie als Lehrlinge aufgenommen. Aufmerksam geworden auf Wutongzouyin waren die meisten Kandidaten durch eine Wissenschaftssendung auf Chinas staatlichem Fernsehsender CCTV, in der diese Technik vorgestellt wurde. 

„Was macht einen tauglichen Lehrling dieses Handwerks aus? Ehrlichkeit, Anstand und eine ruhige Wesensart. Wer jähzornig und feuerköpfig ist, bringt nicht die Geduld auf, die für eine erfolgreiche Arbeit unabdingbar ist", erklärt Jin.

Einer der Lehrlinge war zuvor Elektromechaniker, die anderen brachten keine handwerkliche Vorbildung mit in die Lehre. Allerdings haben sie alle ein großes Interesse an „Wutongzouyin" und sind sehr begeisterungsfähig. Innerhalb eines Jahres haben sie die grundlegenden Verfahren wie Ziselieren, Polieren und „Zouyin" (Silber an der Oberfläche schmelzen) gelernt. Unterricht und Unterbringung sind kostenfrei, nur für das Rohmaterial müssen sie bezahlen, weil der Verbrauch im Lehrbetrieb natürlich erheblich ist.

Jin hat auch heute noch Kundschaft aus China. „Die aktuell bestellten Waren werden bis Oktober ausgeliefert", sagt sein Assistent Zhang, der zugleich für den Vertrieb verantwortlich ist. „Da es sich um reine Handarbeiten handelt, benötigt man viel Zeit zur Herstellung der Objekte. Deshalb ist die Produktion begrenzt. Für einen großen Gegenstand braucht es drei bis vier Monate, für kleine wie zum Beispiel Armbänder braucht es immerhin auch fünf bis sechs Tage." Zurzeit beträgt der Jahresumsatz etwa eine Million Yuan (157 000 Euro). Der Großteil der Waren werden an Messeständen oder durch Direkthandel im Internet verkauft.

Anders als zu seiner Zeit als Familienunternehmer trägt Jin als Schuldirektor jetzt für viel mehr Menschen Verantwortung und ist meist in den Räumlichkeiten seiner Schule anzutreffen. In den letzten zwei Jahren hatte er keine Zeit mehr, auf den Markt zu gehen. Als Handwerker arbeitet er jeden Tag nur noch drei bis vier Stunden. „Zu viel Arbeit schadet den Augen," so Jin.

Neben seiner Arbeit pflegt er noch ein anderes immaterielles Kulturerbe seiner Heimat: Er singt gerne Lieder der Dianju-Oper: „Die traditionellen Handwerker hatten alle dieses Hobby. Das Opernsingen ist mit Handarbeit eng verwandt. Beides ist eine Kunstform. Wenn ich heute schlecht aufgelegt bin, wird auch das Werkstück schlecht, das ich gerade unter den Händen habe. Dann gehe ich ins Teehaus, um mich zu zerstreuen, oder ins Theater und singe Dianju. Wenn ich dann wieder guter Laune bin, kann ich Kunstwerke von großer Schönheit schaffen!"

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