21-06-2012
Im Focus
Peter Anders:Wir brauchen mehr Kenntnisse über China!
 

 

Kann man umgekehrt als Europäer die chinesische Gegenwartskunst ohne Vorwissen überhaupt verstehen?

Es gibt ja jetzt das Chinajahr in Deutschland, also der Versuch, mehr Kenntnisse über die Kultur Chinas zu erlangen. Ohne Zweifel ist das dringend notwendig. Nach meiner Beobachtung wissen wir viel zu wenig über das zeitgenössische China. Auch die Wahrnehmung in den Medien ist nicht so komplex, wie man sich das wünschen könnte.

 

Inwieweit haben Sie den Eindruck, dass die chinesische Kunst in Deutschland überhaupt wahrgenommen wird?

Die Bildende Kunst wird wahrgenommen. Auf dem Kunstmarkt erzielen chinesische Kunstwerke zurzeit Höchstpreise. Ob das jetzt für die chinesische Kunst spricht, oder für die Dynamik des Marktes, sei dahingestellt. Ich glaube aber schon, dass es eine Kenntnis gibt. Es gibt natürlich auch verschiedene Sammlungen, die ganz hervorragend sind und den Boden dafür bereiten, dass man die zeitgenössische Kunst aus China kennen lernt.

 

An der „documenta 13", die dieser Tage in Kassel stattfindet, nehmen nur zwei chinesische Künstler teil ...

...was aber auch daran liegt, dass man die Künstler einer Ausstellung in der Regel nicht nach Proporz auswählt. Die „documenta" mit ihrem Thema „Zusammenbruch und Wiederaufbau" orientiert sich an den Inhalten und den Fragestellungen, die die Kuratorin in diesem Fall verfolgt. Offenbar haben sie dabei in China nicht die entsprechenden Antworten gefunden. Ich würde das wahrscheinlich anders sehen und wenn man den Markt betrachtet, dann ist das sicher anders. Der Marktproporz würde sicher eine stärkere Präsenz Chinas erwarten lassen.

 

Das Goethe-Institut hat elf chinesische Kuratoren ausgewählt, die zu einer Reise zur „documenta 13" eingeladen werden. Was erhoffen Sie sich jetzt von dieser Reise?

Eine Verdichtung des Diskurses, also sowohl menschlich, als auch geistig. Das man herangeht und fragt: Was sind das für Fragen, die die Kuratorin der „documenta" aufwirft? Sind diese Fragen für die jungen Kuratoren aus China relevant oder ist das ein Diskurs, der an ihnen vorbeigeht? Diese „documenta" ist relativ politisch und stellt auch Fragen nach der weltweiten Vernetzung, was ich für extrem wichtig halte.

Die Teilnehmer sind alle unter 35 Jahren alt. Bei der Auswahl haben wir auch darauf geachtet, dass sie die Fragestellung und das Prinzip der „documenta" in ihr Forschungsinteresse miteinbeziehen. Wir haben bei ihnen allen eine Neugier auf die Beantwortungen der Fragen gespürt und hoffen jetzt, dass sie diese bei ihrer Reise zur „documenta" stillen können.

 

Das Interview führte Elias Schwenk

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