China plant weniger öffentliche Institutionen, die jedoch bessere Dienstleistungen bieten sollen
Staatsdiener im Außendienst: Eine Vorführung chinesischer Holzdruckkunst am 17. April auf der 42. London Book Fair, einer der weltgrößten Buchmessen.
Am 16. April veröffentlichte die Nachrichtenagentur Xinhua einen Leitlinienentwurf, der künftige Reformen bei den öffentlichen Einrichtungen skizziert, um ein Feedback aus der Bevölkerung zu bekommen – etwa ein Jahr, nachdem ein ähnlicher Entwurf intern unter den Abteilungen der Zentralregierung Chinas verteilt wurde.
Die Reform hat sich nichts Geringeres vorgenommen als den öffentlichen Sektor in China komplett umzuwälzen. Heute weist das Land 1,26 Millionen öffentliche Einrichtungen mit rund 30 Millionen Beschäftigten auf. Die neue Reformstrategie zielt auf Änderungen hinsichtlich des Beschäftigungsstatus und der Sozialversicherung ihrer Mitarbeiter, der Abführung erwirtschafteter Gewinne, der Entrichtung von Steuern und der allgemeinen Verwaltungsstruktur dieser Einrichtungen.
Historisch betrachtet umfassen Chinas öffentliche Einrichtungen alle öffentlichen Schulen, Universitäten, Kliniken, Krankenhäuser, Bibliotheken, Bühnenensembles, Forschungsinstitute und Massenmedien. Diese werden bisher ganz oder teilweise von der Regierung finanziert. Das Personalmanagement dieser quasi staatlichen Organisationen wird bis heute durch starre und einheitliche Gehaltsklassen charakterisiert.
Das Vorhaben, Chinas öffentliche Institutionen zu reformieren, geht auf eine nationale Konferenz im Jahr 1995 zurück, wo in mehreren Städten Pilotprogramme angekündigt wurden. In den folgenden zwei Jahrzehnten gab die Zentralregierung mehr Leitlinien heraus und führte neue Pilotprojekte in verschiedenen Provinzen durch. Und obwohl in einigen öffentlichen Einrichtungen neue Regelungen in Sachen Personal- und Pensionsmanagement eingeführt wurden, gab es keine landesweiten Reformprogramme.
Die Fortentwicklung der öffentlichen Einrichtungen Chinas bleibt weit hinter seiner sozialen Entwicklung zurück, und viele dieser Einrichtungen nähmen widersprüchliche Funktionen wahr, heißt es in einem Rundschreiben, das die Leitlinien des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und des Staatsrats enthält. "Infolge dessen ist das Angebot an öffentlichen Dienstleistungen in China unzureichend und ineffektiv", heißt es dort.
In den letzten Jahren häuften sich Klagen der Öffentlichkeit über öffentliche Einrichtungen auf diejenigen, die kraft administrativer Befugnisse unnötig Bußgelder und Gebühren erheben, um sich selbst zu finanzieren. Auch wächst die Unzufriedenheit mit der Gewinnorientierung öffentlicher Krankenhäuser und Schulen und der Ineffektivität der öffentlichen Verwaltung, die sich vor allem in einer Verschwendung öffentlicher Mittel manifestiert.
Gemäß dem Rundschreiben soll bis zum Jahr 2020 ein effizienter, klar umrissener und geregelter Mechanismus für öffentliche Einrichtungen festgelegt werden.
Schwerpunkt auf Reformen
Die Zahl der in öffentlichen Einrichtungen Beschäftigten ist tatsächlich weitaus größer als die Zahl der Beamten in China, und die Finanzierung einer so großen Zahl von Einrichtungen und Personen hat sich zu einer großen Belastung für die Regierung entwickelt.
Nach Angaben des Ministeriums für Menschliche Ressourcen und Sozialabsicherung beschäftigen Chinas öffentliche Einrichtungen heute mehr als 20 Millionen Fachkräfte, satte 47,3 Prozent aller Fachkräfte des Landes im Jahr 2010. Die anstehende Reform der öffentlichen Einrichtungen wird aber auch Auswirkungen auf neun Millionen Rentner aus diesen Einrichtungen haben, da deren Altersversorgung durch Veränderungen bei ihren ehemaligen Arbeitgebern in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua vom 17. April ist das wesentliche Ziel der Reform, der Öffentlichkeit bessere Dienstleistungen zu bieten, anstatt einfach Arbeitnehmer zu entlassen, Organisationen aufzulösen und sich finanzieller Belastungen zu entledigen.
Der Kern der Reform ist eine Neueinstufung aller öffentlichen Einrichtungen in drei Kategorien: Solche mit administrativen Aufgaben sollen in Ministerien umgewandelt oder zusammengelegt werden. Diejenigen mit Geschäftstätigkeiten, wie zum Beispiel Verlage, werden schrittweise in Unternehmen verwandelt, und alle Körperschaften des Sozialwesens behalten ihren Status als öffentliche Einrichtungen.
Die dritte Gruppe soll zudem in zwei Kategorien unterteilt werden: Solche, die grundlegende öffentliche Dienstleistungen anbieten, wie Schulen für die allgemeine Schulpflicht und Institutionen der wissenschaftlichen Grundlagenforschung und jene, deren Mittel teilweise vom freien Markt stammen können, was zum Beispiel auf Hochschulen zutrifft.
Einrichtungen der ersten Kategorie sind berechtigt, volle staatliche Förderung zu empfangen, während diejenigen der zweiten Kategorie Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung sowie staatliche Unterstützung in Form von Einkäufen von Dienstleistungen haben. Laut dem Leitlinienentwurf wird die Zentralregierung die Kategorisierung aller bestehenden öffentlichen Einrichtungen bis zum Jahr 2015 abschließen. Vor der Umwandlung der öffentlichen Einrichtungen, so das Rundschreiben, sollen Anstrengungen unternommen werden, um Vermögenswerte zu inspizieren, die Bücher zu prüfen, das vorhandene Kapital zu bewerten und die Schulden zu verifizieren. Nationale Vermögenswerte künftig müssen registriert werden.
Zusätzlich soll auch das Programm, die Gehälter der in öffentlichen Einrichtungen Beschäftigten mit ihren Leistungen in Einklang zu bringen, beschleunigt werden.
Das Rundschreiben definiert auch klar, wie die Mitarbeiter von quasi-staatlichen Institutionen in Zukunft bezahlt und versichert werden. Im Mittelpunkt dieser Gehaltsreformen steht der Plan, das Rentenschema für solche Mitarbeiter schrittweise von der arbeitgeberbasierten Altersvorsorge hin zum allgemeinen sozialen Sicherungssystem Chinas zu verschieben, was schlicht und ergreifend eine niedrigere Rente für die meisten Ruheständler bedeuten wird.
Um die Härten dieses Rentenschnitts zu mildern, sollen die Renten der bereits im Ruhestand befindlichen ehemaligen Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen nach dem alten Schema behandelt werden, während künftige Mitarbeiter voll in das neue System eingebunden werden. Bereits Beschäftigte genießen während einer Übergangsphase etwas günstigere Bedingungen.
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