29-03-2012
Im Focus
Yang Chi wünscht sich stärkere Akzeptanz der Peking-Oper
von Zeng Wenhui

2010 wurde die Peking-Oper von der UNESCO in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Über die aktuelle Entwicklung der Peking-Oper und ihre Zukunftsaussichten hat sich die Beijing Rundschau mit Yang Chi, Präsident des Peking-Oper-Ensembles in Dalian und Mitglied der PKKCV, unterhalten.

Der 51-jährige Yang Chi ist ein mit vielen Auszeichnungen bedachter Schauspieler und Regisseur der Peking-Oper. Unter anderem wurden ihm der „Pflaumenblütenpreis für chinesisches Theater" und der „Mei-Lanfang-Preis" verliehen. Auf der Bühne hat er zahlreiche Gestalten der chinesischen Geschichte dargestellt, die zu Heldenfiguren in Stücken der Peking-Oper geworden sind, darunter Cao Cao, Xiang Yu, Li Kui, Wen Zhong und Lian Po.

Yang Chi

 

 

Beijing Rundschau: Wie entwickelt sich die Peking-Oper in der Gegenwart?

Yang Chi: In den letzten Jahren hat die Peking-Oper einen gewissen Aufschwung genommen, wenn wir die aktuelle Situation mit der Lage in den achtziger und neunziger Jahren vergleichen. Zu Beginn der Reform- und Öffnungspolitik ist die Oper etwas außer Mode geraten, die Attraktionen der außerchinesischen Welt, die plötzlich auch in China zugänglich wurden, waren für das Publikum einfach verführerischer. Seit einigen Jahren aber nimmt die Zahl der Zuschauer allmählich wieder zu. Neue Freunde der Peking-Oper und alte Kenner kommen gleichermaßen ins Theater. Allerdings muss sich die Peking-Oper heute gegen ein vielfältiges Kulturangebot behaupten. Aber das ist ganz normal: das Angebot ist nun diversifizierter und die Vorlieben des Publikums sind immer breiter gefächert. Früher war die Sache einfacher: Nach dem Essen ging man gewohnheitsmäßig in die Peking-Oper. Diese Zeiten sind vorbei, und damit auch die Blütezeit der Peking-Oper. Ich denke, dass es für die Peking-Oper gegenwärtig darum geht, sich einen Platz unter den darstellenden Künsten in der Kategorie volkstümlicher Kultur zu sichern. Das ist ein realistisches Ziel für diese Kunstform.

 

Wie kann sich die Peking-Oper nach Ihrer Meinung weiterentwickeln?

Vor allem sollte man bewährte Traditionen pflegen. Allenthalben wird jetzt über „Innovation" geredet. Die Peking-Oper müsse den modernen Zeiten angepasst werden und ihr Tempo beschleunigen. Ich finde, dies ist ein einseitiges Verständnis von Peking-Oper. So kann nur jemand reden, der von der Peking-Oper keine Ahnung hat. Die Peking-Oper ist eine Kunstform, die man geschmackvoll zelebrieren muss, keine Fast-Food-Unterhaltung. Bei dieser Kunst sitzen die Zuschauer ganz entspannt und zwanglos im Theater und genießen die Oper, und nur so lässt sich der Zauber der Peking-Oper wirklich erschließen. In Eile und Hetze ist ein Kunstgenuss dieser Art nicht möglich.

Das Alltagsleben beschleunigt sich heute immer mehr. Die Menschen sind unstet und nervös. Die Gegenwart bietet eigentlich keinen geeigneten Rahmen für eine Weiterentwicklung der Peking-Oper.

Trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen denke ich, dass die Schauspieler Beharrungsvermögen zeigen sollten und dabei auch bereit sein müssen, den hohen Preis der Einsamkeit zu zahlen. Meisterschaft als Darsteller der Peking-Oper zu erringen, ist eine sehr schwere Aufgabe. Die Künstler müssen harte Arbeit auf sich nehmen, damit sich diese Form des Musiktheaters weiterhin entwickeln kann. Wenn wir auf eine ernsthafte  Überlieferung der Tradition verzichteten, würde man in zehn bis zwanzig Jahren auf der Bühne nur noch eine leere Form besichtigen können, aber der echte Zauber wäre dahin.

Die Theaterprofis sollen in einer künstlerisch anregenden Umgebung aus dem Vollen schöpfen können. Leider sind der Peking-Oper schon viele ausgezeichnete Talente verloren gegangen. Ich habe eigentlich kein Recht, mich darüber zu beklagen, denn ein jeder muss natürlich die Entscheidung für sein eigenes Leben tragen. Aber für die Sache der Peking-Oper ist es doch bedauerlich, dass es an Nachwuchs fehlt. Wegen der zu geringen gesellschaftlichen Anerkennung und der nicht besonders aufregenden Verdienstmöglichkeiten, sind viele Schauspieler nicht länger bereit, sich ernsthaft dem Rollenstudium der Peking-Oper auszusetzen. Viele junge Schauspieler bringen zwar gute stimmliche Voraussetzungen mit, haben aber nicht die Geduld, ihr Talent reifen zu lassen. Dabei gibt es keinen schnellen Erfolg auf diesem Gebiet. Man muss sich Jahrzehnte um seine Kunst bemühen und dabei ununterbrochen fleißig und mit großer Sorgfalt studieren, um ein gewisses Niveau erreichen und halten zu können. 

 

Sie sprechen von den Talenten, die für die Peking-Oper verloren gegangen sind. Wie lässt sich Nachwuchs rekrutieren und fördern?

Die Ausbildung des Nachwuchses steht vor großen Problemen. Vor allem die Rekrutierung von Schülern gestaltet sich schwierig. Die Peking-Oper hat sehr hohe Anforderungen an die künftigen Darsteller, aber es melden sich immer weniger Kinder in den Theaterschulen an. Wir können also nicht aus einem ausreichend großen Pool von Talenten schöpfen. Die Abnahme der Zahl der Aktiven in der Peking-Oper führt auch zu einem Rückgang der Qualität. Der Staat sollte deshalb noch mehr materielle und ideelle Unterstützung gewähren, die es den Schauspielern ermöglicht, Berufsstolz zu entwickeln, der eine Sogwirkung erzielt. Wenn heute verantwortungsbewusste Eltern über die Zukunft ihrer Kinder nachdenken und dann das düstere Bild der Berufsaussichten bei der Peking-Oper sehen, können sie ihren Kindern eigentlich nur von einer Bühnenkarriere abraten. So kommt ein Teufelskreis zustande: Die Anwerbung qualifizierten Nachwuchses stockt, das Niveau der Oper sinkt, das öffentliche Ansehen wird geringer, die Suche nach Nachwuchs immer aussichtsloser. So kann sich die Peking-Oper nicht weiterentwickeln.

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