23-03-2012
Im Focus
Erzählung aus uralten Tagen
 

Gastfreundschaft: Ministerpräsident Zhou Enlai als Gastgeber eines Staatsbanketts zu Ehren von US-Präsident Richard Nixon am 21. Februar 1972 in Beijing.

Erklimmen neuer Höhen: US-Präsident Richard Nixon besucht am 24. Februar 1972 die Chinesische Mauer bei Beijing.

Am Verhandlungstisch: Ministerpräsident Zhou Enlai und US-Präsident Richard Nixon mit den Delegationen beider Länder während der Gespräche über das Shanghai-Communiqué im Februar 1972.

Beijing Rundschau: Welche Bedeutung hat das Shanghai Kommuniqué für die späteren sino-amerikanischen Beziehungen und die Entwicklung der gesamten internationalen Situation?

Ding: Nach der Veröffentlichung des Shanghai Kommuniqués traten die sino-amerikanischen Beziehungen in eine neue Phase. Obwohl die vielen Tricksereien der amerikanischen Seite immer wieder zu einem Auf und Ab in den Beziehungen führten, konnten die Vereinigten Staaten die im Kommuniqué festgehaltenen Prinzipien nicht aufgeben, besonders das Ein-China-Prinzip. Gäben sie dieses Prinzip auf, existierten für die sino-amerikanischen Beziehungen keine Basis mehr. Aus der globalen Perspektive betrachtet, veränderte Nixons Besuch das Beziehungsgefüge zwischen China, den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, was für die internationalen Beziehungen von großer Bedeutung war. Danach begannen viele westliche Länder, die Beziehungen mit China zu verbessern und diplomatische Beziehungen herzustellen.

 

Beijing Rundschau: Das Shanghai Kommuniqué weist ein unkonventionelles Format auf, da die beiden Seiten sich im Wesentlichen darauf einigten, uneinig zu sein, und jede Seite ihre Ansichten in separaten Absätzen darlegte. Was für Lehren können wir daraus ziehen?

Ding: Nixons Besuch in China und das Shanghai Kommuniqué sind ein gutes Beispiel für chinesische Diplomatie. Wir versuchen, einen Konsens zu finden, geben unsere fundamentalen Prinzipien aber nie auf. Nach einer gemeinsamen Basis zu suchen und dabei Differenzen bestehen zu lassen, ist eine effiziente Art und Weise, internationale Angelegenheiten zu behandeln.

Das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Nationen ist ebenfalls ein fundamentaler Teil chinesischer Diplomatie, sowie auch der UNO- Charta. Weder mischen wir uns in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ein, noch erlauben wir es anderen Staaten, sich in unsere inneren Angelegenheiten einzumischen. Wir werden nie von diesem Prinzip abrücken. Gäben wir es auf, könnten wir in gewissen Angelegenheiten unter Umständen kurzfristig Fortschritte erzielen, zum Beispiel im Fall Syriens. Doch diese Lösungen würden sich in Zukunft wahrscheinlich als Bumerang erweisen.

Dass wir uns Mühe geben, in vielen internationalen Angelegenheiten unseren Standpunkt zu demonstrieren, liegt daran, dass zwischen der Diplomatie Chinas und der Diplomatie westlicher Staaten erhebliche Unterschiede bestehen. Während die Vereinigten Staaten eine weltweite Führungsrolle anstreben, fordert China die Gleichheit der Nationen, egal ob groß oder klein, und Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Ich glaube, dass unsere Politik langfristig bei anderen Nationen Anklang finden wird.

 

Beijing Rundschau: In letzter Zeit haben die Vereinigten Staaten ihren strategischen Fokus auf die asiatisch-pazifische Region verschoben. Einige Experten in Fragen internationaler Beziehungen behaupten, dies geschehe aus wirtschaftlichen Überlegungen bezüglich des riesigen Potenzials des asiatisch-pazifischen Marktes, während andere glauben, das Ziel sei eine Art Eindämmung Chinas. Was ist Ihre Meinung?

Ding: Der Aufstieg Chinas ist einer der Faktoren, weshalb die Vereinigten Staaten zur asiatisch-pazifischen Region zurückkehren. Darüber hinaus verschiebt sich der Fokus des gesamten internationalen Musters vom Westen in den Osten. In den kommenden Dekaden werden neben den Vereinigten Staaten viele der großen Mächte in der Region vertreten sein, darunter auch China, Japan und Indien. Die derzeitige Wirtschaftskraft Asiens hat diejenige Europas überholt. Um seine Stellung als Supermacht zu behalten, wird Washington seinen strategischen Fokus gewiss in den Osten verschieben, in der Hoffnung, von der Entwicklung der Region zu profitieren. Der Trend der Entwicklung in der Welt geht hin zu den neuen Schwellenländern. Momentan sind die Handelsvolumen von Japan, Südkorea und der ASEAN-Staaten mit China viel größer als jene mit den Vereinigten Staaten.

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