21-03-2012
Im Focus
Fest im Griff
von Lan Xinzhen

Die Kontrolle über den Wohnungsmarkt wird auch 2012 nicht gelockert

Das Interesse ist ungebrochen: Ein Passant studiert Wohnungsangebote eines Shanghaier Immobilienmaklers

 

Der rasende Güterzug der Chinas Immobilienmarkt darstellt, zeigt erste Anzeichen einer Verlangsamung. Dennoch sind die führenden Politiker des Landes alles andere als beruhigt. Bei einer Sitzung des Staatsrates am 31. Januar wiederholte Ministerpräsident Wen Jiabao den Standpunkt der Regierung, Immobilienspekulanten an die Leine zu nehmen und die Wohnungspreise in einem angemessenen Rahmen zu korrigieren.

Da es bei dem Treffen vor allem darum ging, den Tätigkeitsbericht der Regierung für den Nationalen Volkskongress auszuarbeiten, sind die Äußerungen Wens auch ein Hinweis auf die allgemeine Haltung der chinesischen Regierung gegenüber dem Immobilienmarkt im Jahre 2012 – die Kontrolle der Regierung wird auch weiterhin scharf bleiben und sich vorerst nicht lockern.

 

Kontrolle funktioniert

Vor zwei Jahren befand sich der chinesische Immobilienmarkt in einem regelrechten Fieber. Schnell steigende Wohnungspreise sorgten für eine allgemeine Unzufriedenheit. Seit April 2010 hat die chinesische Regierung eine ganze Reihe von Kontrollmechanismen eingeführt, um den Immobilienmarkt zu beschränken, unter anderem, indem sie Spekulationen unterband, die Ausgabe von Hypothekendarlehen eindämmte und den Bau von Wohnungen für Bedürftige und durchschnittlich Verdienende vorantrieb.

Diese Maßnahmen erzielten schließlich auch eine Wirkung. Einem Bericht der Zentralbank über die Darlehensverteilung zufolge, der am 30. Januar veröffentlicht wurde, fiel das Wachstum von Immobilienkrediten um 13,5 Prozentpunkte.

Dennoch lag der Betrag der Darlehen, die Finanzinstitute dem Immobilienmarkt zur Verfügung stellten, gegen Ende Dezember 2011 mit insgesamt 10,73 Billionen Yuan (1,3 Milliarden Euro) immer noch 13,9 Prozent über dem Vorjahresniveau.

In der Zwischenzeit stieg jedoch der Anteil der Darlehen für Wohnungen für Bedürftige und durchschnittlich Verdienende. Ende Dezember 2011 lag der Umfang der Darlehen für für Wohnungen für Bedürftige und durchschnittlich Verdienende bei 349,9 Milliarden Yuan (42,9 Milliarden Euro), einer Steigerung um 175,1 Milliarden Yuan (21,5 Milliarden Euro) im Vergleich zum Vorjahr. Die Kredite für Wohnungen für Bedürftige und durchschnittlich Verdienende machten somit einen Anteil von 50,1 Prozent der gesamten Immobiliendarlehen aus, ein Plus von 31,7 Prozentpunkten im Vergleich zu Anfang 2011.

Insgesamt lag der durchschnittliche Wohnungspreis in 100 chinesischen Städten im Januar um 0,18 Prozentpunkte unter dem Vormonat bei 8 793 Yuan (1 059 Euro) pro Quadratmeter. Nach einem am 1. Februar veröffentlichten Bericht der „China Index Academy" (CIA), die sich auf die Beobachtung der Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt spezialisiert hat, fiel der Wert somit bereits im fünften Monat in Folge.

Die Kontrollen schränken jedoch die Immobilienentwickler stark ein, einige Unternehmen mussten bereits schließen. Einem Dokument der Beijinger Kommission für Wohnungsbau und Entwicklung von Stadt und Land zufolge verlängerten insgesamt 473 Immobilienentwickler ihre Lizenzen nicht, oder gaben diese sogar ab. So verschwanden 473 Immobilienentwickler von Beijings Immobilienmarkt.

Momentan gibt es circa 3000 Immobilienentwickler in Beijing, die im Besitz einer gültigen Gewerbeerlaubnis sind. Nach Zahlen des Beijinger Amtes für Land und Ressourcen wurden in den vergangenen Jahren im Durchschnitt weniger als 200 Grundstücke pro Jahr zur Erschließung an die Entwickler veräußert. Es wird erwartet, dass die Zahl der verfügbaren Grundstücke in Zukunft abnimmt. In den nächsten fünf Jahren wird es daher wohl nur noch 1000 Entwickler geben, die Grundstücke erhalten, was für die übrigen 2000 bedeutet, keine Chance auf den Erwerb eines Grundstücks zu haben. Als einziger Ausweg bleibt ihnen die Aufgabe des Geschäfts.

Andere Städte stehen ähnlichen Problemen gegenüber. Nach Angaben des Amtes für Wohnungssicherheit und -management in Wuhan, in der zentralchinesischen Provinz Hubei, waren gegen Ende Oktober 2011 in der Stadt 1 375 Immobilienentwickler angemeldet – 200 weniger als im Jahr zuvor.

 

Die Regulierung hält an

Das Ministerium für Wohnung und Aufbau in Stadt und Land erstellt derzeit eine landesweite Wohnungsdatenbank. Hier sollen bis Ende Juni Informationen von Privatwohnungen aus 40 Großstädten wie Beijing, Shanghai oder Hangzhou, Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Zhejiang, eingetragen werden. Nach der Fertigstellung sollen Informationen über den Wohnungsmarkt dieser 40 Städte allgemeinen Nachfragen zugänglich sein und die Wohnungskäufe unter eine einheitliche Aufsicht gestellt werden.

Spekulanten sollen so noch stärker eingeschränkt werden. Zhang Dong, Direktor des Instituts für Immobilien an der Zhongnan University of Economics and Law, äußert sich  in seinem Blog positiv: Mit der neuen Datenbank, die Informationen über Privatwohnungen zusammenführt, seien die Behörden in der Lage, rechtzeitig und noch genauer die Planungen von Wohnungen für Bedürftige und durchschnittlich Verdienende und Informationen hinsichtlich Angebot und Nachfrage zu managen. So könne man ein effektives Überwachungssystem etablieren und wirksame Kontrollmechanismen einführen.

Unterdessen beschleunigt das Ministerium fü Wohnung und Aufbau in Stadt und Land den Bau von Wohnungen für Bedürftige und durchschnittlich Verdienende. Das angestrebte Ziel für 2012  – sieben Millionen Wohnungen – liegt zwar unter den 10 Millionen Wohnungen von 2011, die reale Baufläche wird jedoch größer sein als noch im vergangenen Jahr.

Außerdem soll eine Eigentumssteuer erhoben werden - entweder in Städten mit einem hohen Investitionsanteil oder den 40 Städten, deren Wohnungsinformationen in der Datenbank registriert werden. Seit dem 28. Januar 2011 werden die Pilotversuche mit der Erhebung der Eigentumssteuer in den Städten Chongqing und Shanghai durchgeführts. Nach einem Jahr zeigen sich die Auswirkungen der Steuererhebung vor allem in Chongqing. Die Nachfrage nach Luxuswohnungen und der rapide Anstieg der Mietpreise wurden eingedämmt und das Wohnungsangebot optimiert. Auch beginnen sich die Wohnbedürfnisse der Menschen zu verändern.

Chen Guiqiang, Vizepräsident der Gesellschaft für Immobilien, sieht den Fokus der Regulierung vor allem auf der Eindämmung spekulativer Investitionen. Über die Dauer der Kontrollen entscheide die Entwicklung des Marktes und die Arbeitsweise der Immobilienentwickler.

Li Huiyong, Volkswirt bei Shenyin and Wanguo Securities Co. Ltd., erklärt, 2012 werde China die Struktur des Immobilienmarktes weiter verbessern, ausgehend von den Erfahrungen, die man bereits im vergangenen Jahr bei der Regulierung des Marktes gemacht habe. Die Effekte, die von einer derartigen Regulierung ausgingen, werde man in den Griff bekommen.

Wu Qilun, ein unabhängiger Wirtschaftsjournalist, mahnt, dass der wichtigste Punkt der Immobilienkontrolle in diesem Jahr die Verantwortung der Regierung sei. Eine effektive Kontrolle der Immobilienentwicklung bedürfe nicht nur angemessener Regulierungsmaßnahmen der Zentralregierung, sondern auch einer effektiven Umsetzung durch Maßnahmen der lokalen Regierungen, wie etwa Kauf- oder Kreditbeschränkungen.

„Wir haben aber bemerkt, dass einige Bezirksregierungen herauszufinden versuchen, wie ernst es die Zentralregierung mit ihren Regulierungsmaßnahmen wirklich meint. Aus einigen Bezirken kommt die Nachricht, dass die Kaufbeschränkungen gelockert wurden", sagt Wu. „Um die Auswirkungen der Immobilienkontrolle in dem gewünschten Rahmen zu halten, wird die Zentralregierung zwangsläufig auch die Aufsicht über die Lokalregierungen verstärken. Nur so können die Regulierungsmaßnahmen wirksam umgesetzt und eine eigenmächtige Lockerung der Kontrollen durch die Lokalregierungen vermieden werden."

Wu erklärt, dass die Zentralregierung auch dieses Jahr die Regierungen der nachgeordneten Ebenen dazu auffordern solle, die Verpflichtungen der Lokalregierungen zum Baun von Wohnungen für Bedürftige und durchschnittlich Verdienende weiter zu verstärken, ein Rechenschaftssystem zur Kontrolle des Wohnungsmarktes zu etablieren und Beamte und Verantwortliche des Immobilienhandels zu bestrafen, wenn in ihrem Amtsbereich die Immobilienkontrollen nicht umgesetzt würden.

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