07-12-2011
Im Focus
Spiele ohne Ende: Der Wechselkursstreit zwischen China und den USA
von Zhang Maorong

Dass es ein Handelsungleichgewicht zwischen China und den USA gibt, ist nicht zu leugnen. Die Hauptgründe hierfür sind allerdings nicht in der Wechselkurspolitik zu suchen; vielmehr in der Finanzpolitik, den Konsum- und Spargewohnheiten der US-Bürger, in den unterschiedlichen makroökonomischen Wirtschaftsstrukturen auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen beider Länder und der Beschränkung des Exports amerikanischer High-Tech-Produkte nach China. Dass es vor allem die Unterbewertung des Yuan ist, die die Konkurrenzkraft chinesischer Produkte auf dem Weltmarkt steigern soll, ist nur ein Trugschluss. Chinas Produkte sind aufgrund anderer Faktoren wie etwa den niedrigen Lohn- und Arbeitskosten vergleichsweise billig. Dem stimmt auch Joseph E. Stiglitz, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften zu. Er erklärte, dass die Regulierung des Wechselkurses, besonders die Regulierung des Wechselkurses der USA und Chinas, nicht maßgeblich dazu beitragen würde, das Defizit der USA im bilateralen Handel zu überwinden. Wenn die USA ihre Textilien nicht aus China importierten, dann täten sie es stattdessen aus Bangladesh oder Pakistan, so Stiglitz. Deshalb könne eine Aufwertung des Yuan weder die Stellung der USA im Welthandel beeinflussen, noch die Beschäftigungssituation in den USA verbessern.

Es lässt sich ebenfalls nicht leugnen, dass die Fertigungsindustrie der USA nicht durch die Aufwertung des Yuan gerettet werden kann, im Gegenteil: Eine RMB-Aufwertung würde die Beschäftigung in anderen Bereichen negativ beeinträchtigen. Eine Aufwertung des Yuan würde bedeuten, dass China in großem Maßstab Vermögen aus den USA erwerben würde. Durch eine Reduzierung großer Summen von chinesischem Kapital gerieten die USA unter den Druck, ihre Zinssätze zu erhöhen, gleichzeitig würde sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt verschärfen. Auch Daniel Griswold, Leiter des Cato-Forschungszentrums für Handelspolitik, sieht in einem aufgewerteten Yuan kein Heilmittel für Wirtschaft und Fertigungsindustrie der USA. Die US-Strategie, die chinesische Regierung durch Strafzölle für chinesische Produkte zur Aufwertung ihrer Währung zu zwingen, bewertet der Ökonom als großen Fehler: Dies würde letztlich zu steigenden Warenpreisen in den USA führen, die die US-Verbraucher stark belasten und die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft im Ganzen maßgeblich beeinflussen würden, so Griswold. Die USA sollten nicht stur Kritik an China üben, sondern stattdessen eigeninitiativ die Wirtschaftsstruktur ihres Landes regulieren, ihre Finanzdefizite sowie die öffentlichen Schulden reduzieren und gleichzeitig die Sparrate erhöhen. Auch müssten die US-Bürger ihre Konsumgewohnheit ändern, um ihre gravierend aus dem Gleichgewicht geratende Wirtschaftslage zu korrigieren, so der Experte.

 

Zuverlässige Reform des RMB-Wechselkurses

Da der Wechselkurs des Yuan die Öffnung und die wirtschaftliche Entwicklung Chinas betrifft, nimmt die chinesische Regierung eine überlegte Haltung zur Aufwertung des Yuan ein. Es ist allgemein bekannt, dass die schnelle Aufwertung einer Landeswährung große Nachteile mit sich bringt: Eine überhastete Aufwertung des Yuan würde zum Schrumpfen des chinesischen Exports führen, was die chinesische Wirtschaft schwerwiegend beeinträchtigen würde. Deshalb bedarf es einer besonnenen Aufwertungspolitik: Durch eine langsame Aufwertung des Yuan kann das Gleichgewicht der chinesischen Wirtschaft stabil wiederhergestellt werden. In einem solchen Prozess kann die chinesische Fertigungsindustrie neue ausländische Kunden gewinnen und den Verlust bisheriger ausländischer Kunden kompensieren. Außerdem kann auf diese Weise die Arbeitslosenquote in einem vernünftigen Rahmen gehalten werden. Legt der Yuan jedoch zu schnell an Wert zu, gerät die chinesische Wirtschaft aus dem Gleichgewicht. Die Exportunternehmen würden vor die Alternative gestellt, entweder Bankrott anzumelden oder sich in andere Länder zu verlagern. Das würde bedeuten, dass viele chinesische Arbeitnehmer ihre Stelle verlören, das Einkommen chinesischer Familien abnehme und das Konsumniveau sinke. Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao lehnte eine überhastete Aufwertung des Yuan entschieden ab, weil sie die Arbeitslosigkeit massiv erhöhen würde und die gesellschaftliche Stabilität gefährde. Zhou Xiaochuan, Direktor der chinesischen Zentralbank, erklärte, dass die Reform der chinesischen Wechselkursmechanismen schrittweise erfolge und das Tempo der Reform von der internationalen Zahlungsbilanz Chinas abhänge. Die Aufwertung des Yuan werde ordnungsgemäß und schrittweise vorgenommen. Bei der Reform seiner Währung gebe China selbst den Ton an.

Die Prinzipien für die zukünftige Reform des Wechselkurses lauten: Initiativ, progressiv und kontrollierbar. Beim weiteren Vorantreiben der Reform des Wechselkurses muss sich China am natürlichen Lauf der Dinge orientieren, Vorteile anstreben und Nachteile vermeiden, um so negative Einflüsse zu minimieren. Erstens muss die chinesische Regierung gewährleisten, dass Wechselkursschwankungen in kontrollierbarem Umfang gehalten werden, um auch das so genannte Überschießen des nominellen Wechselkurses zu vermeiden. Zweitens muss das Zepter der Reform in den Händen der chinesischen Regierung bleiben. Es muss auf einen geordneten, floatenden Wechselkurs gesetzt werden, der der grundlegenden Lage der chinesischen Wirtschaft und den makroökonomischen Bedürfnissen entspricht. Drittens müssen progressive Methoden zur Verwaltung und Steuerung des Wechselkurses des Yuan angewendet werden, damit Unternehmen angemessene Zeit haben, Strukturanpassungen vorzunehmen, die Unternehmen die Einflüsse des floatenden Wechselkurses schrittweise reduzieren können, Industriezweige geordnet angesiedelt werden können und ihr Niveau gehoben werden kann. Ziel muss es sein, dass chinesische Unternehmen ihre generelle Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt behalten und sie gleichzeitig angeleitet werden, mehr Arbeitskräfte einzustellen oder sich auf andere Dienstleistungsbereiche umzustellen. Viertens sollen Aufsicht und Management von kurzfristigem Investitionskapital verstärkt werden, um zu verhüten, dass Spekulationskapital in großem Umfang nach China strömt. Ansonsten wären fatale Auswirkungen auf das chinesische Finanzsystem unausweichlich.

Seit Beginn der Reform des Wechselkurses des Yuan vor sechs Jahren hat sich China an den Prinzipien „initiativ, progressiv und kontrollierbar" orientiert. Die Reform wurde nach dem natürlichen Lauf der Dinge vorangetrieben, was im Allgemeinen einen aktiverenden Einfluss auf die chinesische Realwirtschaft ausgeübt, günstige Bedingungen für die makroökonomische Steuerung geschaffen, eine bedeutende Rolle bei der Veränderung der inländischen und internationalen Lage gespielt, sowie die erwarteten Erfolge gezeitigt hat.

Kurzum: China hat die Finanzrisiken, die aus der Aufwertung des Wechselkurses des Yuan resultieren könnten, voll berücksichtigt, die Lehren aus der unheilvollen Aufwertung des japanischen Yen gezogen und aktive und vernünftige Gegenmaßnahmen ergriffen. Der Wechselkurs bildet den Kern der Geldpolitik eines Landes. Die Aufwertung der eigenen Währung darf deshalb nicht von anderen Ländern bestimmt werden. Obwohl die chinesische Wirtschaft vor großen Herausforderungen wie einer Strukturveränderung, der Steigerung der inländischen Nachfrage und der Reduzierung der Abhängigkeit von Exporten steht, muss die Wechselkurspolitik des Yuan sorgfältig vor dem Hintergrund des Abwägens langfristiger Entwicklungserfordernisse der chinesischen Wirtschaft beschlossen werden. Andernfalls müssen wir mit schwerwiegenden Folgen rechnen, nicht nur für die chinesische Wirtschaft, sondern für die gesamte Weltwirtschaft.

 

 

 

  Zhang Maorong ist Außerordentlicher Forschungsrat des Instituts für Weltwirtschaft bei der Forschungsakademie für gegenwärtige internationale Beziehungen.

 

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