07-12-2011
Im Focus
Spiele ohne Ende: Der Wechselkursstreit zwischen China und den USA
von Zhang Maorong

 

 

Seit längerem drängen die USA die chinesische Regierung zur Aufwertung der Landeswährung Yuan und drohen mit Strafzöllen auf chinesische Produkte, sollte das Land den Forderungen nicht nachkommen. Dabei erweist sich ein starker Yuan keinesfalls als Allheilmittel, um das aktuelle Ungleichgewicht der US-Wirtschaft zu beheben, wie Wirtschaftsexperte Zhang Maorong in einem Gastbeitrag in der „Beijing Rundschau" erklärt.

Erneut ist in den USA der Ruf laut geworden nach einer Aufwertung des Renminbi (RMB), der chinesischen Landeswährung. Am 11. Oktober verabschiedete der US-Senat einen Gesetzesentwurf zu Aufsicht und Reform des Währungswechselkurses für 2011, in dem er die US-Regierung auffordert, denjenigen Handelspartnern gegenüber, deren Währung als unterbewertet gilt, Zolltarife (als Maßnahme gegen Subventionen) zu erheben. Die Forderung wird vor allem als Strafmaßnahme gegen China gesehen.

 

Warum bestehen die USA auf die Aufwertung des Yuan?

Vor acht Jahren, im Jahr 2003, haben die USA zum ersten Mal den Wechselkurs des Yuan in Frage gestellt und eine Aufwertung gefordert. Die Begründung der USA: Der Wechselkurs des Yuan verursache riesige Defizite im US-Haushalt, was zu einer unausgewogenen wirtschaftlichen Entwicklung nicht nur in den USA sondern weltweit führe. Chinas Praxis der Wechselkursbindung, die den chinesischen Wechselkurs an den Wechselkurs der USA koppelt, bedeute unlautere Wettbewerbsvorteile vor allem zu Gunsten der chinesischen Fertigungsindustrie, so der Vorwurf der USA. Chinas Zentralbank habe in den Devisenmarkt so intensiv eingegriffen, dass der Yuan seit 2002 unterbewertet sei. Das habe wiederum dazu geführt, dass Chinas Devisenreserven drastisch angeschwollen seien; beim Umfang seiner Devisenreserven liege China weltweit auf Platz eins. Der Wechselkurs des Yuan, so der Vorwurf der Vereinigten Staaten, behindere die Abwertung des Dollar, so dass Defizite der USA nicht  reguliert werden könnten. Die Unterbewertung des Yuan behindere außerdem die Aufwertung der Währungen anderer asiatischer Länder gegenüber dem Dollar, störe direkt oder indirekt die natürliche Preisentwicklung, verursache ein allgemeines Ungleichheit der Weltwirtschaft und führe zu einer irrationalen Verteilung der weltweiten Ressourcen. Wenn das Problem nicht behoben werde, so die US-Regierung, werde die Regulierung künftig riesige Kosten für China, die USA sowie die übrige Welt bedeuten.

Kurz gesagt: Die USA sehen die Gründe für ihr riesiges Handelsdefizit der letzten Jahre im Wechselkurs des Yuan. Die angebliche Schieflage des RMB-Wechselkurses verursache einen unfairen Handel, der dazu führe, dass Millionen von Beschäftigten in der US-Fertigungsindustrie ihre Arbeitsplätze einbüßten. China sei ein Schlüsselfaktor für die aktuelle  Unausgewogenheit in der Entwicklung der Weltwirtschaft, und die derzeitige „Wechselkursregime" Chinas behindere den Ausgleich der Weltwirtschaft. Die Weltwirtschaft stehe, so die US-Regierung weiter, vor ernsthaften Herausforderungen, sollte der Yuan nicht aufgewertet werden und China sein Wechselkurssystem nicht ändern.

Einige US-Senatoren sind der Auffassung, dass in der Unterbewertung des Yuan die Ursache für das riesige Handelsdefizit der USA zu suchen ist. Das zeige, dass Chinas Aufstieg nicht nur eine zukünftige Bedrohung sondern auch eine aktuelle Bedrohung darstelle. Es handele sich nicht um eine militärische Bedrohung, sondern um eine Bedrohung für die Beschäftigung: Nicht nur die arbeitsintensive Fertigungsindustrie mit ihrem niedrigen Mehrwert sei gefährdet, die Wechselkursproblematik stelle auch die technikintensive Fertigungsindustrie mit ihrem hohen Mehrwert sowie die Dienstleistungswirtschaft vor enorme Herausforderungen. Auch für die Konkurrenzfähigkeit der USA insgesamt stelle die derzeitige Lage eine ernstliche Bedrohung dar, so die Senatoren. Die Wechselkurspolitik Chinas gefährde nicht nur die staatliche Sicherheit der Vereinigten Staaten, sondern stelle auch eine massive Bedrohung für die Beschäftigungssicherheit der amerikanischen Arbeitnehmer dar. Der US-Senat übte vor diesem Hintergrund wiederholt Druck auf die chinesische Regierung aus und forderte das Land auf, den Yuan aufzuwerten. Seit 2003 hat der US-Kongress Dutzende von Gesetzesentwürfen zum Wechselkurs des Yuan verabschiedet. Sie alle haben das gleiche Ziel: eine schnelle Aufwertung des Yuan. Unterschiede gibt es nur in den Methoden, die angewendet werden sollen, um dieses Ziel zu erreichen.

 

Aufwertung des Yuan kein Allheilmittel

Seit 2005 hat die chinesische Regierung infolge der Veränderung der ausländischen und inländischen Wirtschaftslage ihren Plan zur Reform des Wechselkurses, sprich eine Aufwertung des Yuan umgesetzt. Am 21. Juli 2005 um 19:00 Uhr Ortszeit verkündete Chinas Zentralbank: Der Wechselkurs des Dollars gegenüber dem RMB werde von 1 zu 8,27 auf 1 zu 8,11 herabgesetzt. Diese Entscheidung bedeutete eine Aufwertung des Yuan um 2,1 Prozent. Gleichzeitig verkündete die Zentralbank, zukünftig nicht mehr das bisherige System des Wechselkurses praktizieren zu wollen: Bisher stützten sich die Veränderungen des chinesischen Wechselkurses auf Bewegungen des Wechselkurses der USA. Dieses System wird als „floating" bezeichnet, bei dem der Wert einer Währung durch Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt bestimmt wird.

Später wurde der Wechselkurs des Yuan gegenüber dem Dollar allmählich aufgewertet. Am 15. Mai 2006 sank der Wechselkurs bei den Währungen unter die Marke von 8 RMB pro Dollar. Am 10. April 2008 gab das Chinesische Devisenhandelszentrum bekannt, der Wechselkurs des Dollars gegenüber dem Yuan auf dem bankinternen Devisenmarkt sei auf 6,992 gefallen. Seit Einführung der Reform des Wechselkurses am 21. Juli 2005 bis Ende September 2011 hat der Yuan gegenüber dem US-Dollar um rund 30 Prozent zugelegt.

Es zeigt sich aber, dass die Aufwertung des RMB letztlich nur eine untergeordnete Rolle für den Ausgleich des Handelsdefizits der USA spielt. Anfang Juni 2005 veröffentlichte die Asiatische Entwicklungsbank einen Bericht, in dem sie die Ergebnisse einer Simulation zur Aufwertung der asiatischen Währungen, einschließlich der chinesischen Währung, nach dem Oxforder Wirtschaftsprognosemodell beschreibt: Die Simulation zeigt, dass eine Aufwertung des Yuan sowohl die chinesische Wirtschaft als auch die Wirtschaften der Nachbarländer Chinas beeinträchtigen würde und nur wenig dazu beitrüge, der Weltwirtschaft aus ihrem Ungleichgewicht herauszuhelfen bzw. das Finanz- und Handelsdefizit der USA zu überwinden. Dies deckt sich auch mit den Veränderungen, die nach der Reform des Wechselkurses des Yuan in China zu beobachten sind: Obwohl der Yuan gegenüber dem Dollar 30 Prozent an Wert zulegte, nahm das Handelsdefizit der USA nicht ab, im Gegenteil – es stieg weiter an.

1   2   >