07-12-2011
Im Focus
Auf dem Weg zur internationalen Währung
von Hu Yue

Zur Stärkung der weltweiten Präsenz der Landeswährung plant China die Freigabe von Direktinvestitionen in Form von im Ausland gehandelten RMB.

Yuan auf Auslandskonten: Am 17. August fliegt ein Hubschrauber Reklame für den Erwerb von Staatsanleihen, die in Yuan emittiert wurden.

Ausländische Investoren werden in Kürze in der Lage sein, Direktinvestitionen in Form von in Übersee legal erworbenen Yuan (RMB) in China zu platzieren. Das Handelsministerium (MOFCOM) hat kürzlich eine entsprechende Weisung veröffentlicht, die derzeit zur Diskussion gestellt ist.

„Die neue Regelung soll dazu dienen, Außenhandel und Investment in Renminbi zu erleichtern und Auslandskapital besser nutzen zu können", sagt der Sprecher des Handelsministeriums Shen Danyang. „Voraussichtlich im September soll das Programm gestartet werden."

Der Schritt hin zu einer größeren Internationalisierung der chinesischen Währung wird den Umlauf von RMB-Fonds innerhalb und außerhalb Chinas beschleunigen.

Gegenwärtig kann der Renminbi noch nicht frei zwischen Kapitalkonten zirkulieren, die Regierung entscheidet über genehmigungspflichtige Auslandstransfers von Fall zu Fall. So hat zum Beispiel die amerikanische Fastfood-Kette McDonald´s im August Schuldverschreibungen im Wert von 200 Millionen Yuan (22,6 Millionen EUR) über die Börse in Hongkong zugeteilt, um mit dem erworbenen Kapital ihre Geschäftsaktivitäten auf dem chinesischen Festland auszubauen.  

Das Handelsministerium ließ verlautbaren, dass die im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr erworbenen RMB-Beträge und Schuldverschreibungen für die Verwendung bei Direktinvestitionen zugelassen sind. Ebenfalls erlaubt ist nun die Nutzung von im Ausland erzielten Einkünften in RMB und Erträge von Aktien- und Anlagenverkäufen in Übersee.

Diese ausländischen Yuan-Bestände können jedoch weder direkt noch indirekt in begebbare Wertpapiere und Finanzderivate investiert werden. Ebenfalls unzulässig ist eine Verwendung der Gelder zur Ablösung zweckgebundener Kredite oder zur Rückzahlung inländischer und ausländischer Darlehen.

Bei ausländischen Direktinvestitionen im Wert von über 300 Millionen Yuan (33,9 Millionen EUR) sind die Anleger verpflichtet, eine Zustimmung des Handelsministeriums einzuholen. Genehmigungspflichtig sind auch Investitionen im Finanzwesen und in Branchen, die Überkapazitäten aufweisen, darunter die Stahl-, Zement- und Schiffsbauindustrie. 

 

Der Weg über Hongkong

In den vergangenen Jahren hat China alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen, um die Rolle der Landeswährung im Welthandel und im Weltfinanzsystem auszubauen. Mittlerweile ist die Verwendung des Yuan im Außenhandel flächendeckend möglich. Kostenersparnis durch Verzicht auf Wechselgebühren und Spekulationen um eine Aufwertung des Yuan haben Exporteure und Importeure dazu ermutigt, vom Dollar als Rechnungswährung zum Yuan zu wechseln. In der ersten Jahreshälfte 2011 belief sich der in RMB abgewickelte Außenhandel auf 957,57 Milliarden Yuan (108 Milliarden EUR), 13,3-mal so viel wie im Jahr zuvor.

Durch die Erweiterung des Zuflusses von Yuan aus dem Ausland legt China die Grundlagen für eine Karriere des RMB als Weltwährung.

Hongkong zum Versuchslabor für diese Art Währungspolitik gemacht zu haben, kann bereits als Erfolg verbucht werden, denn Hongkong ist rasch zum weltweit freiesten Markt für den Yuan und yuangebundene Finanzprodukte geworden. Hongkonger Banken bieten nun Yuan-Konten und entsprechende Dienstleistungen rund um die Währung der Volksrepublik an. Mehr als 80 chinesische und ausländische Banken haben Schuldverschreibungen in Yuan aufgelegt, darunter die Weltbank, der amerikanische Maschinenbauer Caterpillar, Volkswagen und McDonald´s.

Nach Angaben der Hongkonger Bankenaufsicht haben sich die Kontoeinlagen in Yuan seit Anfang dieses Jahres um 76 Prozent auf 550 Milliarden (62,2 Milliarden EUR) Ende Juni erhöht.

Aber obwohl sich die Verfügbarkeit von Yuan außerhalb der Landesgrenzen stark verbessert hat, haben ausländische Kapitaleigner noch immer wenig Anlagemöglichkeiten jenseits schwach verzinster Spareinlagen.

Einem Bericht der in Hongkong ansässigen Bank HSBC zufolge, hat es den Anschein, als bewege sich die Regierung in Beijing in Richtung eines transparenteren und standardisierteren Rahmenwerks zur Behandlung ausländischer Direktinvestitionen.

"Die Neuregelung soll die größten Barrieren beseitigen, die einem Rückfluss von Yuan-Kapital nach China entgegenstehen", sagt Ma Jun, Chefökonom der Deutschen Bank in Hongkong. "Wir haben neulich eine Umfrage unter 44 multinationalen Unternehmen durchgeführt. 65 Prozent von ihnen sind daran interessiert, in China in Yuan anstatt in Fremdwährungen zu investieren."  

"Die Politik wird zunächst eine Verbindung schaffen zwischen dem Yuan-Auslands- und dem Inlandsmarkt, damit die Marktkräfte ein ausgeglichenes Kursverhältnis für den Yuan auf dem Auslandsmarkt finden können. In einem zweiten Schritt wird dann der Inlandsmarkt angegangen", glaubt Chen Xingdong, Chef der China-Abteilung von BNP Paribus in Beijing.

 

Auf dem Weg zur Weltwährung: Eine Bankangestellte im Autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang erläutert Kunden die Regelung zur Verwendung von Yuan im Außenhandel

 

Ein Meilenstein

Viele Volkswirte gehen davon aus, dass die Neuregelung die weltweite Präsenz des Yuan vergrößern und den Weg zur Internationalisierung der Währung ebnen wird. 

"Dies ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg des Renminbi zur vollen Konvertierbarkeit", sagt Zuo Xiaolei, Chefökonom der China Galaxy Securities Co. Ltd. in Beijing. „Ausländische Unternehmen werden besser motiviert sein, Bestände in Yuan zu halten, da sie davon ausgehen, dass die Aussichten für eine vorteilhafte Reinvestition in China blendend sind."

Als weitere währungspolitische Maßnahme hat die chinesische Regierung zugesagt, das R-QFII-Programm zu lancieren. Dies gestattet institutionellen Anlegern aus dem Ausland auf dem chinesischen Festland Wertpapiere in Yuan zu erwerben. Dafür ist anfangs eine Quote von 20 Milliarden Yuan vorgesehen (2,3 Milliarden EUR)

Mei Xinyu, Wissenschaftler an der Chinese Academy of International Trade and Economic Cooperation, erblickt darin eine Chance zum Abbau der übergroßen Devisenreserven: „Die Akzeptanz des Yuan im Ausland wird sich erhöhen. Dadurch wächst die Bereitschaft, Produkte aus China in Yuan zu bezahlen, was wiederum den Zufluss von US-Dollar nach China verringert."

Wang Jinbin, Professor an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Volksuniversität, sagt, dass China schrittweise die Kontrolle über die Zirkulation der Landeswährung lockern wird, damit der RMB zu einer Weltwährung werden kann. „Am besten wäre es natürlich, wenn der Yuan in großem Umfang im Ausland zirkulierte, ohne nach China zurückzufließen. Bis es so weit ist, muss der Yuan aber ganz offensichtlich erst noch an Attraktivität und Stärke gewinnen."

 

Bedenken werden laut

Zu den positiven Stimmen gesellen sich jedoch auch warnende, die auf bedenkliche Nebenwirkungen der neuen Politik hinweisen.

„Ein massiver Kapitalzufluss kann die Stabilität des chinesischen Finanzsystems und des Kapitalmarktes gefährden", findet Zhang Yansheng, Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung bei der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform. „Es ist unverzichtbar, die Aufsicht zu verschärfen und effektive Maßnahmen gegen den Zufluss heißer Gelder aus dem Ausland zu ergreifen. Wir müssen sicherstellen, dass dieses Kapital in die Realwirtschaft fließt, und nicht zur Spekulation auf dem Kapitalmarkt verwendet wird."

„Da in Hongkong die Zinsen niedriger sind als auf dem Festland, wird es zu einer springflutartigen Schwemme von Yuan auf dem Festland kommen", befürchtet Fu Bingtao, Volkswirt bei der Agricultural Bank of China Ltd. „Das wird zu überhöhter Liquidität führen und die Inflation anheizen."

Lu Zhengwei, Chefvolkswirt der Industrial Bank Ltd., teilt diese Auffassung: „China muss bei der Öffnung für Direktinvestitionen in Yuan aus dem Ausland schrittweise und bedächtig vorgehen und dabei die möglichen Risiken für die Volkswirtschaft im Auge behalten."

Die chinesische Währung wird einem größeren Aufwertungsdruck ausgesetzt sein, wenn sie für ausländische Investoren attraktiver ist, meint Xi Junyang, stellvertretender Direktor des Forschungszentrums für Modernes Finanzwesen an der Shanghai University of Finance and Economics.

 "Im Ergebnis muss China bei der Internationalisierung seiner Währung ein angemessenes Tempo einhalten und versuchen, zwischen Risiken und Vorteilen ein Gleichgewicht zu wahren", so Xi.