07-12-2011
Im Focus
Chinas Umweltschutzkonzept der nächsten fünf Jahren
von Lan Xinzhen

China hat einen Plan zu Energiesparen und Umweltschutz für die nächsten fünf Jahre entworfen. Chinesische und ausländische Unternehmen versprechen sich gute Marktchancen.

Die Abwasseranlage der Taiyuan Iron and Steel (Group) Co. Ltd. in der Provinz Shanxi

 

Installation einer Solarnergieanlage an einer Bushaltestelle in Lianyungang in der Provinz Jiangsu

 

Die Eaton Corporation, ein global operierendes amerikanisches Industrieunternehmen für Fahrzeug- und Flugzeugkomponenten, elektrische Systeme und Stromnetzwerke gab am 12. August bekannt, dass es bis Ende 2015 in China einen Umsatz von zwei Milliarden US-Dollar erreichen wolle, was einer Verdoppelung des Umsatzes gegenüber 2010 bedeuten würde. Dieses ehrgeizige Ziel scheint nun sogar schon früher in greifbare Nähe zu rücken: China will in den kommenden Jahren umfassend die in den Sektoren Umweltschutz und Energieeinsparung aktiven Industrien fördern.

Der von der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC) herausgegebene Entwicklungsplan für die Branchen Umweltschutz und Energieeinsparung während der Laufzeit des 12. Fünfjahresplans (2011-2015) liegt bereits dem Staatsrat vor und soll schon bald veröffentlicht werden.

Der Plan teilt die betroffenen Industriezweige in drei Kategorien ein -- Energieeinsparung, Umweltschutz und umfassende Ressourcennutzung -- und stellt ihnen differenzierte Fördermaßnahmen in Aussicht. Die förderwürdigen Bereiche umfassen hocheffiziente energieeinsparende Technologien und Anlagen, hocheffiziente energieeinsparende Produkte, energieeinsparende Dienstleistungsindustrien, fortschrittliche Umweltschutztechnologien, Umweltschutzprodukte und Umweltschutzdienstleistungen.

 

Hintergrund

Nach Auffassung der NDRC können durch diese Maßnahmen der Wandel des wirtschaftlichen Entwicklungsmodells beschleunigt und der Aufbau einer Ressourcen sparenden und umweltfreundlichen Gesellschaft gefördert werden.

Mit seiner riesigen Bevölkerung verfügt China über nur wenig Ressourcen pro Kopf und leidet an zahlreichen gravierenden Umweltproblemen. Angesichts seiner raschen  Industrialisierung und Urbanisierung muss China seine Krisenbewusstheit schärfen und eine grüne und kohlenstoffarme Wirtschaftsentwicklung fördern. Mit dem Schwerpunkt auf Energieeinsparung und Emissionsreduzierung sollen in China die Voraussetzungen für eine Ressourcen sparende und umweltfreundliche Produktions- und Konsumweise verbessert und insgesamt eine nachhaltige Entwicklung gefördert werden.

„In China sind inzwischen Pläne für sieben strategisch neu zu schaffende Industrien ausgearbeitet worden, darunter Energieeinsparung und Umweltschutz. Es handelt sich um Bereiche, die für das Aufkommen neuen Wirtschaftswachstums und die Schaffung neuer Arbeitsplätze von wesentlicher Bedeutung sind", sagt Li Pumin, Leiter des Planungsbüros beim NDRC.

In einem Dokument der NDRC geht man davon aus, dass die Förderung der entsprechenden Branchen dazu führen wird, chinesische Produkte auf dem internationalen Markt konkurrenzfähiger zu machen, „da die einschlägigen Branchen überall auf der Welt noch in der Aufbauphase sind, weshalb die Entwicklungskluft zwischen den Unternehmen aus den verschiedenen Ländern noch nicht so groß ist."

 

Heftige Konkurrenz

Alexander Cutler, Vorstand und CEO von Eaton Corp., sagt, dass China eine Schlüsselrolle für die globale Entwicklung von Eaton spielt. Alle Geschäftsbereiche seines Hauses seien eng mit den Zielen des aktuellen Fünfjahresplans verbunden.

Unter anderem ist Eaton an Chinas Großraumflugzeugprojekt C919 beteiligt. Mit der Shanghai Aircraft Manufacturing Co. Ltd., einem Tochterunternehmen der Commercial Aircraft Corp. of China, hat Eaton ein Joint Venture gegründet. Außerdem liefert Easton großen chinesischen Unternehmen eine Reihe verschiedener Produkte und Dienstleistungen zur Energieeinsparung, wie z. B. Stromverteilungslösungen für U-Bahnstrecken in Städten wie Beijing, Guangzhou und Ningbo.

Weitere internationale Unternehmen und chinesische Betriebe drängen auf den Markt für Umweltschutz und Energieeinsparung, z. B. Siemens und die Haier Group. Ohne Zweifel wird die Konkurrenz hier immer heftiger.

Nach Einschätzung des Chinesischen Verbandes der Umweltschutzindustrien (CAEPI) werde Chinas Umweltschutzbranche während des 12. Fünfjahresplans weiterhin eine Wachstumsrate von mehr als 15 Prozent halten können; bis Ende 2015 soll der Gesamtwert ihrer Industrieproduktion auf 2,2 Billionen Yuan steigen. Einer anderen Schätzung der Akademie für Umweltplanung beim Umweltschutzministerium zufolge wird innerhalb der nächsten fünf Jahre die Nachfrage nach Investitionen in den Umweltschutzbranchen 3,1 Billionen Yuan erreichen, was einer Steigerung um 121 Prozent gegenüber den vorangegangenen Jahren entspricht.

„Die kommenden fünf Jahre werden eine goldene Zeit für die chinesische Umweltschutzbranche", sagt Chen Shangqin, stellvertretender Vorsitzender des CAEPI.

Die chinesische Regierung will ausländische Unternehmen dazu anregen, in Energieeinspar- und Umweltschutzindustrien zu investieren. Im April 2010 gab der Staatsrat Einige Positionen zur weiteren Nutzung ausländischer Investitionen bekannt. Kapital aus dem Ausland sind bei den High-End-Fertigungsindustrien, bei Hightech-Unternehmen, modernen Dienstleistern und im Energie- und Umweltbereich hochwillkommen. 

Viele multinationale Unternehmen sind bereits auf dem chinesischen Umweltmarkt in Erscheinung getreten, darunter auch die Veolia Environnement und Suez Group aus Frankreich und Thames Water Utilities Ltd. aus Großbritannien im Bereich Wasserwirtschaft. Bei Abfallentsorgung sind Sembcorp Industries aus Singapur und ebenfalls Veolia Environnement stark engagiert.

In Wettbewerb mit den internationalen Marktführern befinden sich chinesische Firmen oft in einer ungünstigen Position. Der Jahresumsatz internationaler Konzerne wie z. B. Veolia liegen oberhalb von 100 Milliarden Yuan, während der Umsatz großer chinesischer Unternehmen normalerweise zwischen zwei bis drei Milliarden Yuan im Jahr beträgt.

Hou Yuxuan, Experte für Umweltschutzindustrien beim CIConsulting Industrial Research Center, ist der Meinung, dass Chinas Umweltschutzbranchen im Vergleich mit dem Ausland den Nachteil kleiner Betriebsgrößen aufweisen und nur einen geringen Konzentrationsgrad besitzen. Dies entspreche nicht den Bedingungen eines rasch wachsenden Marktes.

Nach Hou sollten die Unternehmen an Fusionen und Übernahmen arbeiten, um geeignete Partner für eine zukunftsträchtige Entwicklung zu finden.

Der Präsident von CIConsulting, Zhang Yanlin, meint, dass Technologie und geistige Eigentumsrechte die größten Schwachpunkte für die Entwicklung der chinesischen Umweltschutzindustrien seien. Aufgrund hoher Kosten bei der Einführung eigener Technologien, versuchen die meisten Unternehmen durch Zusammenarbeit mit ausländischen Konzernen die Kosten zu reduzieren.  

Der Fünfjahresplan sieht die Schaffung von Unternehmenskonglomeraten mit einem Jahresumsatz zwischen fünf und zehn Milliarden Yuan vor.  

 

Engpässe überwinden

„Marktbeobachter sind davon überzeugt, dass die Regierung Maßnahmen zur Förderung der Umweltbranche ergreifen wird, aber es herrscht noch Uneinigkeit darüber, wie umfangreich diese Maßnahmen sein werden", sagt Yu Hai, Analytiker für die Umweltschutzbranche bei Shenyin and Wanguo Securities Co. Ltd.

Das bereits angekündigte Investitionsvolumen für die Grundlagenforschung in umweltbezogenen Branchen beträgt für den Zeitraum des 12. Fünfjahresplans lediglich 22 Milliarden Yuan. Die Bereitstellung von Fördermitteln für Vermarktung und Produktion sind nach Diskussionen zwischen dem  Finanzministerium, dem Ministerium für Umweltschutz und dem CAEPI jedoch noch gänzlich ungeklärt.

Nach einem Bericht der CCID Consulting Co. Ltd. machen kleine Unternehmen mit einem Anlagevermögen von weniger als 15 Millionen Yuan 85 Prozent aller Unternehmen aus, die in der Umweltbranche aktiv sind. Mit der eingeschränkten Vergabe neuer Kredite stehen diese kleinen Firmen vor Schwierigkeiten hinsichtlich des Kapitalflusses, was die Einführung neuer Technologien weiter verzögert.

Das Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben nimmt nach Auffassung der Akademie für Umweltplanung beim Ministerium für Umweltschutz ebenfalls einen negativen Einfluss auf die Entwicklung der Umweltschutzindustrien. Die Unternehmen investieren viel in Forschung und Entwicklung, aber die Produkte lassen sich aufgrund der hohen Kosten nur schwer auf dem Markt einführen.

CAEPI schlägt die Schaffung spezieller Fonds für die Förderung der kommerziellen Anwendung neuer Technologien vor. Unternehmen sollen dazu ermuntert werden, sich bei der Formulierung nationaler Normen und Standards für Umweltprodukte zu engagieren.