Stadt im Nebel: Starker Nebel, der die Sicht auf weniger als 100 Meter beschränkte, hüllte Beijing am 30. Oktober ein.
Neue Kriterien
Der jüngste Vorwurf, das Ausmaß der Luftverschmutzung in der Hauptstadt zu unterschätzen, motiviert die Verantwortlichen dazu, nach Wegen zu suchen, die Methoden der Messung von Luftverschmutzung zu verbessern.
„Das BMEPB wendet den derzeitigen nationalen Standard an, der aber angehoben werden wird. Technisch sind wir bereits in der Lage, auch den PM2,5 Standard zu übernehmen", erklärt Du.
China führte 1995 den PM10 Standard ein, der auf die Messung grober inhalierbarer Partikel abzielt, deren Größe zwischen 2,5 und 10 Mikrometern Durchmesser liegen. Damit verschärfte das BMEPB ihre Messungsstandards von PM100 auf PM10.
„Zurzeit liegt der Fokus der Qualitätsüberwachung in China bei groben Partikeln. Im übertragenen Sinne sind wir also dabei, erst einmal die Steine zu entfernen, bevor wir daran gehen, die Straße vom Staub zu reinigen. Genauso müssen wir uns zuerst um die großen Partikel kümmern, bevor wir uns den kleinen widmen", rechtfertigt Du die Messpraxis.
Und so kommt es, dass die Konzentration von groben Partikeln sinkt, während zugleich die Konzentration der Feinstaubpartikel regelmäßig jede Toleranzgrenze überschreitet.
„Feinstaub ist weitaus gefährlicher für die Gesundheit. Er kann Herz- und Lungenleiden hervorrufen, weil die Partikel so klein sind, dass sie in das Atemsystem eindringen können. Gröbere Partikel werden dagegen schon von unseren Nasenhaaren blockiert", wendet Pan Xiachuan ein, Professor an dem Institut für öffentliche Hygiene an der Peking Universität .
Inzwischen, so Pan, sei die Anwendung der PM2,5-Messmethoden weltweit auf dem Vormarsch. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Beijing nachzieht", so seine Einschätzung.
Wei Qiang zufolge, auch er ein Ingenieur des Nationalen Zentrums für Umweltbeobachtung, verfügt das Zentrum bereits über Überwachungsstationen, die Beijings Schadstoffverschmutzung im Rahmen der PM2,5- und sogar der PM1-Messung sichtbar machen. „Diese Daten werden aber erst in der Zukunft herausgegeben, wenn alle Messstationen in der ganzen Stadt den PM2,5-Standard erfüllt", erklärt Wei.
Anfang 2007 verkündete das Nationale Zentrum für Umweltbeobachtung, dass es durch Pilotprojekte in den Städten Tianjin, Shanghai und Chongqing, sowie Guangzhou und Shenzhen in der Provinz Guangdong und Nanjing in der Provinz Jiangsu inzwischen Erfahrungen bei der PM2,5-Messung gesammelt habe.
Und am 1. November dieses Jahres führte das Ministerium für Umweltschutz ein Regelwerk ein, das erstmals den Standard für die PM2,5-Messung festlegt.
Experten warnen allerdings davor, dass viele chinesische Städte große Schwierigkeiten haben würden, den PM2,5-Standard einzuhalten, wenn er eingeführt würde.
Pan zufolge sei es besonders schwierig zu entscheiden, ob die Standards verlässlich und effektiv seien. Unklar sei zudem, ob der PM2,5-Standard auf die Anzahl oder die Masse der Partikel in der Luft beruhen sollte.
„Die MEP hat bereits seit vielen Jahren darüber nachgedacht, die PM2,5-Messung in die nationalen Qualitätsstandards aufzunehmen, hat es bis heute aber nicht getan. Das Abwägung zwischen den Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Parameter sind wahrscheinlich der Grund für das lange Zögern", so Pans Einschätzung.
Dennoch rechnet Pan damit, dass binnen der nächsten fünf Jahre überarbeitete Standards eingeführt werden, die auch die Messung der PM2,5 berücksichtigen. Im September erklärte der stellvertretende Umweltminister Zhou Jian auf einer Konferenz, dass China sein Programm von Umweltstandards in den nächsten fünf Jahren erneut auswerten und überarbeiten werde.
Eine Aufräumaktion
Du gibt offen zu, dass es derzeit noch viel Spielraum für Verbesserungen bei der Veröffentlichung von Daten zur Luftqualität des BMEPB gebe.
„Wir haben nicht genug getan, oder waren nicht schnell genug, was die Aufklärung der Menschen über die Qualitätsüberwachung der Luft angeht", schreibt Du in einem Blog am 1. November. „Viele Menschen haben keine Ahnung davon, was wir tun, weil wir bislang keinen benutzerfreundlichen Informationsservice zur Verfügung gestellt haben. Wir haben vor allem jede Menge auf Fachchinesisch publiziert, aber nie erklärt, was es zu bedeuten hat."
2008 hat Beijing ein gigantisches Projekt gestartet, um seine Luft zu säubern.
Die durchgeführten Maßnahmen umfassen die Umsiedlung von umweltverschmutzenden Fabriken nach außerhalb der Stadt, die Umstellung der Heizsysteme in alten Wohnvierteln von Kohle- auf Elektrobetrieb und den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs.
Als Ergebnis dessen, so das BMEPB in einem Bericht vom 6. November, kann Beijing eine leichte Verbesserung seiner Luftqualität verkünden.
Dem Bericht zufolge gab es in Beijing in den ersten 10 Monaten dieses Jahres 63 Tage von bester Luftqualität. Es waren dies 12 Tage mehr, als während des gleichen Messzeitraums im Jahr 2008.
Hinzu kommt, dass bislang an 239 Tagen der Wert des API unter 100 blieb, was dem BMEPB zufolge auf eine gute Luftqualität hinweist.
Der Bericht besagt darüber hinaus, dass der dichte Nebel, der die Stadt mehrere Tage einhüllte, die Ursache dafür lieferte, dass die Stadt das Ziel des nationalen „ Blauen Himmel"-Standards verfehlte. Eine ähnliche Situation sei bereits zur gleichen Jahreszeit in den Jahren 2008 und 2010 aufgetreten.
Vergangenen April beschloss die Beijinger Stadtregierung einen Aktionsplan zur Verbesserung der Umwelt durch die stufenweise Abschaffung von kohlebetriebenen Boilern. Sie erwartet, dass spätestens im Jahr 2015 an 80 Prozent der Tage sehr gute oder gute Luftbedingungen herrschen werden. |