Demokratie ohne Formalitäten: Eine Wählerin im Dorf Yeping im Kreis Ruijin in der Provinz Jiangxi füllt ihren Wahlzettel am 24 Juni aus. GAO XUEYU

Wer die Wahl hat ...

Das Wahlgesetz sieht vor, sieben Tage vor dem Wahlakt die Namen und andere Basisinformationen über die Kandidaten zu den Wahlen der Volkskongresse auf Kreis- und Gemeindeebene zu veröffentlichen. Als Hintergrundinformationen gelten dabei Angaben über das Alter der Kandidaten, ihre Parteizugehörigkeit, ihre Ausbildung und ihre Beschäftigungsverhältnisse.

Am 1. November wurden die Namen der vier endgültigen Kandidaten für die Wahl des Abgeordneten aus dem Stimmkreis Hujialou Nord zum Volkskongress des Beijinger Bezirks Chaoyang veröffentlicht.

Auf dem Stimmzettel tauchte auch Yin Jinfeng auf, ein Name, der den Bürgern im Stimmkreis wohl vertraut ist. Yin ist seit dem Jahr 2000 Leiterin des Nachbarschaftskomitees. 2005 wurde sie als „Modellarbeiterin" ausgezeichnet. In jenem Jahr war sie der einzige Vorstand eines Nachbarschaftskomitees, dem dieser Titel verliehen wurde. Das Nachbarschaftskomitee, dem sie vorsteht, war zehn Jahre lang hintereinander als eines der besten Nachbarschaftskomitees der Stadt prämiert worden. Seit 2003 war Yin zwei Wahlperioden lang als Abgeordnete des Volkskongresses des Stadtbezirks Chaoyang tätig.

Nach der Wahl vom 8. November habe viele Bürger gesagt, dass sie ihre Stimme Yin gegeben hätten.

„Sie ist die vertrauenswürdigste Person in der Nachbarschaft", meint ein Rentner um die achtzig. Sie habe den Senioren, die alleine in der Siedlung lebten, ihre Telefonnummer gegeben, damit sie jederzeit Kontakt mit ihr aufnehmen könnten. 

„Sie hat auch Schulen in der Nachbarschaft gebeten, achtzig mittellosen Bürgern berufsbildenden Unterricht zu erteilen und versucht, ihnen Arbeitstellen zu vermitteln", berichtet ein anderer Wähler.

In den Augen vieler Wähler ist Yin jemand, der ein offenes Ohr für ihre Probleme hat, für sie spricht und ehrlich darum bemüht ist, ihnen zu helfen.

Li Lan, ein Bewohner der Siedlung, hat ein Beispiel parat. In der Nachbarschaft werden rund 300 gemeldete Hunde gehalten. Einige Hundehalter versäumen es allerdings regelmäßig, die Hinterlassenschaften ihrer Haustiere von den Straßen zu räumen, wozu sie jedoch gesetzlich verpflichtet sind. Yin fand dieses Frühjahr eine originelle Lösung für das Problem: Hundehalter und andere Bewohner des Viertels sind dazu aufgerufen, den Hundekot zu einer örtlichen Sammelstelle zu bringen, wo er zu Dünger verarbeitet wird. Anlieger, die bei der Aktion mitmachen, werden alle vier Monate belohnt. 

Viele Wähler sehen am Beispiel von Yin, welche Rolle ein Volkskongressabgeordneter für die Verbesserung des Lebens in Wohngebieten spielen kann. Der Rentner Guo Yi sagt, dass Yin viel dazu beigetragen habe, die über sechzig Jahre alte Siedlung moderner, sauberer und schöner zu machen. In allen Gebäuden sind Gegensprechanlagen installiert worden, was die Sicherheit der Bewohner erhöht. Regelmäßig werden Versammlungen zur Besprechung wichtiger Fragen abgehalten. 

Am wichtigsten aber sei, so Guo, dass das von Yin geleitete Nachbarschaftskomitee "den Schwachen hilft, soziale Spannungen entschärft und Maßnahmen zur Lösung drängender öffentlicher Fragen ergreift."

Einer der anderen drei Kandidaten in Hujialou Nord arbeitet bei Chinas staatlichem Fernsehsender CCTV, dessen neues Verwaltungsgebäude sich unweit der Wohnsiedlung befindet. Viele Wähler haben ihn in der Hoffnung unterstützt, dass er als Mann der Medien Öffentlichkeit für die Belange des Stimmkreises herstellen wird. 

Am 15. November hat das Wahlamt der Stadt Beijing das vorläufige Ergebnis der Wahlen vom 8. November veröffentlicht. Demnach hätten von 9,37 Millionen Wahlberechtigten 9,1 Millionen ihre Stimme abgegeben, was einer Wahlbeteiligung von 97 Prozent entspräche. Zu den Volkskongressen von 16 Kreisen und Bezirken wurden 4 349 Delegierte gewählt, zu den Volkskongressen auf Gemeindeebene 9 931 Delegierte. 45 Wanderarbeiter errangen Sitze in Volkskongressen auf der Landkreis- und Bezirksebene und vier in Volkskongressen auf der Gemeindeebene.