11-11-2011
Im Focus
Langer Weg zur Alltagstauglichkeit: Elektroautos in China
von Lan Xinzhen

 

Um Elektroautos in China populärer zu machen, reichen die Anstrengungen der Hersteller und Händler bislang nicht aus. Gefragt ist ein dichteres Netz von Stromtankstellen, eine kluge Verkehrsplanung und eine Anpassung der Straßenverkehrsordnung. Vor allem aber geht es darum, die Herzen der Konsumenten zu erobern.

 

Erste Stromtankstelle in Yangzhou, Provinz Jiangsu: Am 19. April 2010 ist die erste Stromtankstelle in Yangzhou in Betrieb genommen worden.

Kein Losverfahren bei der Zulassung des Autos, direkt ein Nummernschild und mehr als 10 000 Yuan als Zuschuss von der Regierung. Für jemanden, der vom eigenen PKW träumt, hört sich das ziemlich attraktiv an, besonders in Beijing. Denn seit 23. Dezember 2010 wird in der Stadt eine strenge Politik der Kraftfahrzeugzulassung betrieben. Wenn man ein Auto kaufen möchte, muss man sich um die  Kraftfahrzeugzulassung bewerben. Nach einmonatiger Vorprüfung muss man dann noch an einem Losfahren teilnehmen.

Entschließt man sich jedoch zum Kauf eines Elektroautos, läuft alles wie geschmiert: Kein Warten auf die Zulassung, das Nummernschild wird einem sofort ausgehändigt. Zudem kann man von der Stadtregierung noch 10 000 Yuan Förderprämie kassieren.

Trotz alledem konnte sich Li Ru nicht dazu entschließen, ein Elektroauto zu kaufen. „Eigentlich sehe ich für das Elektroauto in China durchaus eine Zukunft. Gegenwärtig aber habe ich meine Zweifel, ob man ein E-Mobil in der Stadt wirklich reibungslos benutzen kann", meint der junge Beijinger. Lis Sorgen beschränken sich nicht nur auf die Alltagsfähigkeit des batteriebetriebenen Autos: „Der Preis für ein Elektroauto liegt viel höher als der für ein normales Auto. Und es gibt nur sehr wenige `Tankstellen` für Elektroautos", meint Li. Er kauft sich lieber ein herkömmliches Auto.

Der Weg von und zur Arbeitsstelle beträgt für Li insgesamt rund zwanzig Kilometer. Nach seiner Rechnung müsste er mit einem Elektro- oder Hybridauto dafür nur drei Yuan aufwenden, während die Fahrt mit einem Benziner mit mindestens zehn Yuan zu Buche schlägt. 

Allerdings ist der Preis eines Elektro- und Hybridautos viel höher als der für ein Auto mit herkömmlichem Antrieb. In China haben bereits viele Autohersteller, darunter BYD, Chery und Zotye, Elektroautomobile auf den Markt gebracht. Li hat sich unter den Angeboten umgesehen und herausgefunden, dass ein Elektroauto mindestens dreimal teurer als ein normales Auto ist. 

Ganz abgesehen von den höheren Anschaffungskosten war für Li Rui schließlich die Tatsache ausschlaggebend, dass es zwischen seiner Wohnung und seiner Firma keine Aufladestation für Elektroautos gibt. Damit wird das Betreiben eines Elektrofahrzeugs tatsächlich zu einem Problem. Bisher verspricht nur BYD seinen Kunden, eine kostenlose Ladestation im jeweiligen Wohnviertel einzurichten. Kauft man ein Elektromobil eines anderen Herstellers, gibt es diesen Service nicht.

2009 hat die chinesische Regierung damit begonnen, für Elektroautos die Werbetrommel zu rühren. Insgesamt 25 Städte, darunter Beijing und Shanghai, wurden als Experimentierfeld für Elektroautos gelistet. Zwei Jahre später lässt sich an Statistiken ablesen, dass die Kampagne gescheitert ist: In Beijing gibt es kein einziges Elektroauto in Privatbesitz, in Shanghai sind es weniger als zehn! Durch Hangzhou bewegen sich knapp zwanzig registrierte Elektroautos. Im ganzen Land gibt es gerade einmal tausend von ihnen. Insgesamt fahren auf Chinas Straßen zwar mehr als 10 000 Elektro-Pkws, die meisten dieser Fahrzeuge sind allerdings von der Regierung angeschafft und werden für den öffentlichen Personennahverkehr genutzt.

 

Woher kommt der Strom?

Der Hauptgrund für das mangelnde Interesse der Konsumenten ist in der Tatsache zu finden, dass es in China viel zu wenig Aufladestationen für Elektroautos gibt.

Im Jahr 2010  hatte die Shanghaier Regierung geplant, gemeinsam mit dem staatlichen Energieversorger State Grid insgesamt 360 Aufladestationen im Stadtgebiet zu bauen. Allerdings sind bis heute nur knapp 50 Aufladestationen fertig gestellt worden. Nach einer Umfrage des Staatssenders CCTV vom Juli 2011 sind potenzielle Käufer von Elektroautos vor allem durch das nichtexistente Netz von „Tankstellen" abgeschreckt: „Wenn mir unterwegs der Strom ausgeht, wo kann ich dann meine Batterien aufladen? Wie komme ich wieder nach Hause?" So oder ähnlich formulierten die Befragten ihre Ängste. Eine Mehrheit ließ durchblicken, dass sie erst dann den Kauf eines Elektromobils in Erwägung ziehen, wenn flächendeckende Aufladestationen verfügbar sind. 

Shenzhen in der Provinz Guangdong ist die Stadt, die sich am stärksten bei der Förderung von Elektromobilität engagiert. In verschiedenen Wohnvierteln sind bis jetzt über 2 000 Aufladestationen eingerichtet worden, mehr als 40-mal so viele wie in Shanghai! Trotzdem meinen viele Elektroautofahrer in Shenzhen, dass sie gelegentlich Probleme haben, unterwegs an Strom zu kommen. Ein E-Mobil ist für den Alltagsbetrieb nach wie vor weitaus weniger praktisch als ein benzingetriebenes Auto.

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