16-06-2011
Im Focus
Wie werden die Delegierten zu den Parteitagen der Kommunistischen Partei Chinas gewählt?
von Chen Zhigang

Auf dem XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in Beijing (Quelle: Xinhua) 

Im Oktober 2007 fand der XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in Beijing statt, an dem 2217 Delegierte teilnahmen, die zuvor auf den von 38 Wahleinheiten einberufenen Parteitagen bzw. Kongressen auf der Basisebene gewählt worden waren. Die Wahl von 2217 Delegierten aus den Reihen der mehr als 70 Millionen Parteimitgliedern ist ein großes Projekt, das eindeutiger Standards und eines wissenschaftlichen und strikten Verfahrens bedarf. Zur Vorbereitung der Wahl der Delegierten druckte und verteilte das ZK der KPCh kurz nach dem XVI. Parteitag das „Rundschreiben über die Wahl von Delegierten zum XVII. Parteitag" (im folgenden „Rundschreiben"), in dem klar dargelegt wurde, welchem Anforderungsprofil die Delegierten genügen müssen:

Erstens sollen sie das Parteistatut einhalten und durchführen, hochfliegende kommunistische Ideale und feste Zuversicht in den Sozialismus chinesischer Prägung haben, den Anforderungen an die Fortschrittlichkeit der Parteimitglieder genügen, fleißig den Marxismus-Leninismus, die Mao-Zedong-Ideen, die Deng Xiaoping-Theorie und die wichtigen Ideen des „Dreifachen Vertretens" studieren und gewissenhaft das wissenschaftliche Entwicklungskonzept in die Tat umsetzen.

Zweitens sollen sie die Grundlinie, die verschiedenen Richtlinien und politischen Maßnahmen der Partei entschieden durchführen, den Geist der Anweisungen des ZK der Partei richtig verstehen und gewissenhaft durchführen, mit dem ZK der Partei Schritt halten, Wert auf Politik legen, d.h. von den politischen Bedingungen ausgehend denken und handeln, Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit nehmen, einen festen Standpunkt einnehmen, klar zwischen Richtigem und Falschem unterscheiden und in kritischen Momenten allen Prüfungen standhalten.

Drittens sollen sie die sozialistische Auffassung von Ehre und Unehre mit gutem Beispiel durchsetzen, sich eifrig ihrer Arbeit widmen, merkliche Leistungen in ihrer Arbeit und Produktion erzielen, einen guten ideologischen Stil, einen guten Arbeitsstil und eine gute Lebensweise haben, gerecht und ehrlich, redlich und unbestechlich sein, über eine hohe Moral verfügen und gemäß des Parteistatuts strenge Anforderungen an sich selbst stellen.

Viertens sollen sie sich eng mit den Volksmassen verbinden und von ihnen unterstützt werden, eine große Fähigkeit zur Mitbestimmung bei Parteiangelegenheiten besitzen und Meinungen und Forderungen der Volksmassen aktiv und wahrheitsgetreu berichten, die demokratischen Rechte der Parteimitglieder richtig ausüben und den Pflichten der Delegierten treu nachkommen.

Um die Verwirklichung der demokratischen Wahl zu gewährleisten, legte das „Rundschreiben" wissenschaftliche und strenge Bestimmungen über die Wahlprozedur von Delegierten zum XVII. Parteitag fest.

1.     Empfehlung und Nominierung. Die Empfehlung und Nominierung von Kandidaten für das Amt eines Delegierten sollen auf der Basisebene erfolgen; die Parteimitglieder sollen umfassend mobilisiert werden, wodurch eine hohe Beteiligungsrate gewährleistet werden soll. Übergeordnete und untergeordnete Parteiorganisationen sind dabei zu enger Zusammenarbeit verpflichtet; die Kandidaten sollen durch wiederholtes Durchsprechen und in Übereinstimmung mit der Meinung der Mehrheit der Parteiorganisationen oder Parteimitglieder bestimmt werden.

2. Prüfung seitens der Parteiorganisation. Gemäß den Anforderungen an die Delegierten werden die Bewerber für eine Kandidatur zum Amt eines Delegierten geprüft. Politische Kriterien stehen dabei an erster Stelle; Personen, die als Kandidaten in Frage kommen, sollen auf ihre ideologisch-politische Qualität, ihr Verhalten, ihre Moral, ihre Redlichkeit und Selbstdisziplin, ihren Arbeitsstil, ihre Vertrauenswürdigkeit bei den Volksmassen und ihre Fähigkeit zur Mitbestimmung bei Parteiangelegenheiten geprüft werden.

3. Bestimmung und Bekanntmachung der Namensliste der Bewerber um eine Kandidatur. Gemäß der zulässigen Kandidatenzahl (unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Anzahl der Kandidaten die Zahl der zu vergebenden Delegiertenämter übersteigt) in der jeweiligen Wahleinheit, den Anforderungen an die Kandidaten und der Zusammensetzung der Kandidaten sowie den Prüfungsergebnissen soll das jeweilige Parteikomitee die Bewerber um eine Kandidatur überprüfen und eine erste Namensliste aufstellen. Die jeweilige Wahleinheit wird sodann beauftragt, diese Namensliste innerhalb der Wahleinheit in angemessener Weise bekannt zu machen. Bevor die Namensliste festgelegt wird, soll die Meinung des Disziplinkontrollorgans der gleichen Ebene erbeten werden.

4. Festlegung der Bewerber um eine Kandidatur für ein Delegiertenamt. Die Plenarsitzung des Parteikomitees (bzw. je nach Parteiebene, des Arbeitskomitees oder der Führungsgruppe) bestimmt im Rahmen einer Tagung, wer auf die Liste der Bewerber um eine Kandidatur gesetzt wird, und legt diese Liste innerhalb der festgelegten Frist der Organisationsabteilung beim ZK der Partei zu einer ersten Prüfung vor. Bevor die Plenartagungen der Parteikomitees der Provinzen, der autonomen Gebiete und der regierungsunmittelbaren Städte einberufen werden, sollen die demokratischen Parteien, die Vereinigung der Industriellen und Kaufleute und parteilose Persönlichkeiten darüber benachrichtigt und ihre Meinung erbeten werden.

5. Wahl der Delegierten. Auf einer Plenarsitzung des Parteikomitees (bzw. des Arbeitskomitees oder der Führungsgruppe) wurden die Delegierten zum XVII. Parteitag durch Konkurrenzwahl gewählt.

Um die innerparteiliche Demokratie weiter zu entfalten und die Massenlinie beharrlich durchzuführen, hat die KPCh sechs Maßnahmen zur Wahl der Delegierten zum XVII. Parteitag ergriffen:

Erstens wurde die Zahl der Kandidaten erhöht. Bei der offiziellen Wahl der Delegierten lag die Zahl der Kandidaten um 15 Prozent über der Zahl der zu vergebenden Delegiertenämter und um fünf Prozentpunkte über der Zahl der Kandidaten für die Wahl zu Delegierten des XVI. Parteitags. Dies trug dazu bei, dass die Besten ausgewählt wurden.

Zweitens wurde die Namensliste auf der Kreis- und Bezirksebene empfohlen; die Kandidaten wurden vom ständigen Ausschuss des Parteikomitees auf diesen Ebenen nominiert und von der Plenarsitzung des jeweiligen Parteikomitee diskutiert und bestimmt, anstatt dass die Namensliste wie bei der Wahl der Delegierten zum XVI. Parteitag nur durch den ständigen Ausschuss des jeweiligen Parteikomitees diskutiert und  festgelegt wurde. Damit wurde die Demokratie in diesem Bereich erweitert und vervollkommnet, was dazu beigetragen hat, die Besten auszuwählen.

Drittens wurden die Bewerber um eine Kandidatur geprüft und bekannt gemacht. Die Wahleinheit machte die jeweilige Namensliste der Bewerber in einem bestimmten Rahmen und in angemessener Weise bekannt, um ein möglichst breites Meinungsbild zu gewinnen.

Viertens sollten die Parteikomitees der Provinzen, der autonomen Gebiete und der regierungsunmittelbaren Städte vor Ausarbeitung ihrer jeweiligen Namenslisten die demokratischen Parteien, die Vereinigung der Industriellen und Kaufleute und parteilosen Persönlichkeiten über die Bewerber zur Kandidatur für Delegiertenämter informieren. So kann auch von gesellschaftlichen Gruppierungen außerhalb der Partei Einfluss genommen werden auf die Auswahl der Delegierten zum Parteitag. Diese Kontrolle der Kandidatenauswahl demonstriert das Selbstvertrauen und die Reife der KPCh.

Fünftens arbeitete das ZK der Partei konkrete Bestimmungen über die Zusammensetzung der Delegierten in allen Wahleinheiten aus, um sowohl die Fortschrittlichkeit der Delegierten als auch deren Repräsentativität zu gewährleisten. Das ZK der Partei verlangte, dass der Anteil der führenden Parteikader an den Delegierten aus den Provinzen, den autonomen Gebieten und den regierungsunmittelbaren Städten 70 Prozent nicht überschreiten durfte, der Anteil der Delegierten aus Industrie, Gewerbe und Wissenschaft nicht unter 30 Prozent liegen sollte, und der Anteil von Delegierten aus der Arbeiter- und Bauernschaft, den technischen Berufen und fachspezifischen Tätigkeiten eine steigende Tendenz aufweisen sollte. Außerdem galt, dass der Anteil weiblicher Delegierter und Delegierter aus den Reihen der nationalen Minderheiten höher liegen sollte, als der Frauen- und Minderheitenanteil unter den Parteimitgliedern in der jeweiligen Wahleinheit. Die Parteikomitees der Provinzen, der autonomen Gebiete und der regierungsunmittelbaren Städte sollten einen angemessenen Anteil der Delegiertenämter den Vertretern der Privatwirtschaft und neuen gesellschaftlichen Organisationen vorbehalten.

Sechstens wurde die Öffentlichkeitsarbeit rund um die Wahl von Delegierten verbessert. Im Sinne erhöhter Transparenz der organisatorischen Arbeit der Partei wurden der Plan, die Prozedur, die Verfahren und entsprechenden Anforderungsprofile für die Wahl von Delegierten zum XVII. Parteitag rechtzeitig durch die Medien verbreitet. Über die Auswahl der Delegierten in den verschiedenen Wahleinheiten und Stufen der Entscheidungsfindung wurde zeitnah berichtet. Dank der Verbesserung der Informationspolitik konnten die Parteimitglieder die Kandidaten für ein Delegiertenamt besser kennen lernen.

Die KPCh folgt bei der Wahl der Delegierten nicht dem westlichen Wahlsystem, dennoch unterliegt es keinem Zweifel, dass das angewandte Wahlverfahren demokratischen Prinzipien entspricht. Die KPCh misst bei der Wahl der Delegierten zum Parteitag nicht nur der formalen Demokratie, sondern auch der materialen Demokratie Gewicht bei, schenkt der Arbeitsleistung von Delegierten sowie der Auswahl von Delegierten unter tugendhaften und fähigen Parteimitgliedern große Aufmerksamkeit, was man als Verkörperung kultureller Besonderheiten der jahrtausendealten chinesischen Zivilisation sehen kann. Da die Delegierten auf allen Ebenen ausgewählt werden, aus den Reihen der Parteieliten stammen und die grundlegenden Interessen der Volksmassen vertreten, kann gewährleistet werden, dass die KPCh den Wünschen des Volkes entspricht, das Vertrauen des Volkes genießt, eine gute Führung an den Tag legt, das Land gut regiert und Formalismus bei der Entfaltung der Demokratie vermeidet.

 

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Marxismus an der  Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften.