16-05-2011
Im Focus
Bewegung auf dem Geldmarkt
Von Hu Yue

Chinas Wirtschaft bewahrt Gleichgewicht, Risiken bleiben aber bestehen.

Am 4. Mai veröffentlichte die Zentralbank den Bericht zur "Regulierung der Geldmenge Q 1 für das Jahr 2010", aus dem sich eine Konjunkturprognose ablesen lässt.

Während dunkle Wolken über der Wirtschaft der westlichen Industriestaaten dräuen, befindet sich die chinesische Volkswirtschaft unbeirrt auf Wachstumskurs. Die Nachfrage auf dem Binnenmarkt ist stark, Investitionen sind im Aufwind begriffen. Auch die krisengeschüttelte Exportwirtschaft hat sich erholt und bietet so dem Aufschwung und den Finanzmärkten eine stabile Grundlage, heißt es in dem Bericht.

Der Shanghai Composite Index legte um 4,2 Prozent zu, während der Shenzhen Component Index um 0,8 Prozent anstieg.

Auch die Versicherungsbranche boomt. Ihre Einlagen beliefen sich Ende März auf 5,4 Billionen Yuan (590 Milliarden Euro), 33,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Alle Indikatoren weisen auf einen kräftigen Aufschwung hin, dennoch scheint Euphorie verfrüht.

Für die Weltwirtschaft lässt sich noch lange keine Entwarnung geben. Auch China muss sich gegenüber Risiken absichern. Die europäische Schuldenkrise bewirkt Schwankungen an den Kapitalmärkten, während die japanische Wirtschaft mit den Folgen von Erdbeben und Tsunami zu ringen hat.

Die Schwellenländer erleben derzeit einen erhöhten Kapitalzufluss, was zu einer Überhitzung der Wirtschaft führen kann.  In China wirft die Befürchtung, dass die Inflation aus dem Ruder laufen könnte, einen Schatten über den Aufschwung, heißt es in dem Bericht.

In Form steigender Rohstoffpreise importiert auch China infolge der internationalen Verflechtung seiner Wirtschaft Inflation. Mittlerweile müssen mehr als 50 Prozent des Rohöl-, Eisenerz- und Kupferbedarfs eingeführt werden. Die Inflationsangst wird auch durch wachsende Arbeitskosten und steigende Immobilienpreise genährt. Die Regierung ist um Preisstabilität und Dämpfung der Inflation bemüht.

Dabei setzt sie jedes geldpolitische Mittel ein, das ihr zur Verfügung steht: Anhebung der Mindestreserven der Kreditinstitute, Zinskorrekturen und Transaktionen am freien Markt. Dieses Jahr wurden schon zweimal der Leitzins und viermal die Bankrücklagen angehoben. Staatsanleihen im Wert von 337 Milliarden Yuan (36,8 Mrd. Euro) wurden auf den Markt geworfen.

Um die Folgen schwankender Preisbildung auf den internationalen Rohstoffmärkten abzuwehren, ist es erforderlich, größere Vorräte wichtiger Energieträger und Rohstoffe anzulegen, die Energieeffizienz zu erhöhen und die Reform der Energiepreise zu beschleunigen, heißt es in dem Bericht.

Nicht minder wichtig ist jedoch ein Gleichgewicht zwischen Wachstum und Inflationsbekämpfung.  

"Der Kampf gegen die Inflation ist angesichts einer gesunden Wirtschaft und eines lebendigen Arbeitsmarktes eine schwierige Aufgabe", schreibt die Zentralbank. 

Während die Politik darum bemüht ist, dem Markt Liquidität zu entziehen, will sie doch zugleich für eine Förderung schwächerer Wirtschaftszweige sorgen. Die Zentralbank betont erneut die Bedeutung von Subventionen und Beihilfen für die Landwirtschaft sowie für kleine und mittelständische Betriebe. Außerdem gelte es, den Konsum zu fördern.

Ende März gab es 24,8 Prozent mehr unbediente Kredite bei kleinen und mittelständischen Betrieben als im Jahr zuvor. Bei größeren Unternehmen war die Ausfallquote nur um 3,2 Prozent gestiegen.

Die Verbesserung von Chinas Wirtschaftsstruktur erfordert es dringend, umweltbelastenden und energieverschwendenden Branchen die Kredite zu entziehen.   

 Hinsichtlich des Wechselkurses verspricht die Zentralbank eine größere Flexibilität und zugleich eine angemessene Festlegung.

Um die globale Präsenz des Renminbi zu verstärken, stellt die Zentralbank einen Ausbau seiner Rolle als Verrechnungswährung im grenzüberschreitenden Handel in Aussicht. Von Januar bis März wurden Geschäfte im Wert 360,3 Milliarden Yuan (39,3 Mrd. Euro) in Renminbi abgewickelt. Gegenüber dem letzten Quartal 2010 eine Steigerung um 19 Milliarden Yuan (2,8 Mrd. Euro).

Die Blase auf dem Immobilienmarkt sorgt weiterhin für Kopfzerbrechen. In den letzten Jahren haben steigende Preise auf dem Wohnungsmarkt für eine Arbeiterfamilie faktisch unmöglich gemacht, ein Eigenheim zu erwerben. Um die dramatische Preisentwicklung zu dämpfen, hat die Regierung die Kreditvergabe an Immobilienentwickler eingeschränkt und in den großen Städten Beschränkungen beim Kauf von Eigentumswohnungen verfügt. Zugleich wurde der Bau subventionierter Wohnungen der unteren Preiskategorie gefördert; sie sollen an weniger begüterte Bürger verkauft werden.  

Der Schlüssel zum Erfolg, so der Bericht der Zentralbank, liege in der konsequenten Umsetzung der ins Auge gefassten Maßnahmen und der Gesundung des Immobilienmarktes.

Einzelne Maßnahmen scheinen bereits zu greifen. Im ersten Quartal 2011 betrug der Umfang der ausgehändigten Hypothekenkredite nur noch 509,5 Milliarden Yuan (55,7 Mrd. Euro). 333,8 Milliarden (36,5 Mrd. Euro ) weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

"Sinkende Verkaufszahlen und Kapitalengpässe werden den Druck auf Immobilienentwickler erhöhen, die Preise zu senken", meint Qin Hong, Vizedirektor der Forschungsgruppe Wohnungsmarkt beim Ministerium für Wonung und 
Aufbau in Stadt und Land .

Die Hauptaufgabe der Wirtschafts- und Finanzpolitik liegt weniger in einer allgemeinen Dämpfung der Preise, sondern eher in der Vermeidung von Risiken für die Gesamtwirtschaft, die sich im Immobiliensektor aufbauen und unter anderem auch die Gestalt eines Preisverfalls annehmen können, befürchtet die Zentralbank.

Bei der Förderung des Baus von Wohnungen zu erschwinglichen Preisen ist es wesentlich, genau festzulegen, wer als Empfänger niedriger Einkommen zu gelten hat. Die Auswahl der Zielgruppe, die Aushändigung der erheblichen Geldmittel in nachhaltiger und transparenter Weise und die Ausarbeitung der Ausführungsbestimmungen werden die zentralen Fragen sein, die es zu beantworten gilt, meint der Bericht der Zentralbank.