Im März prangerte CCTV in einem Fernsehbeitrag die Produktionspraxis des südkoreanischen Reifenherstellers Kumho an. In einem Tochterwerk in Tianjin habe der Konzern minderwertiges Recyclingmaterial bei der Reifenproduktion verwendet. Der Skandal erschütterte das Vertrauen von Autoherstellern und Verbrauchern, wie sich auf der Internationalen Automobilausstellung in Shanghai zeigte. Die gute Marktposition des Unternehmens scheint trotzdem vorerst nicht in Gefahr.

Ein Arbeiter überprüft in einer Vertragswerkstatt im Beijinger Stadtbezirk Haidian Reifen von Kumho. In Beijing gibt es 41 Werkstätten für die Überprüfung von zurückgerufenen Reifen. Wang Dan
Auf der 14. Internationalen Automobilausstellung in Shanghai (Shanghai Auto 2011) zeigte sich der südkoreanische Reifenhersteller Kumho Tires, einer der größten Reifenanbieter auf dem chinesischen Markt, ungewohnt öffentlichkeitsscheu. Einige Autohersteller verzichteten auf Kumho-Reifen an ihren Modellen und auch viele Messebesucher suchten gezielt nach Modellen ohne Reifen des südkoreanischen Konzerns. Dabei hatte die Marke Kumho bis vor kurzem in China einen ausgezeichneten Ruf genossen. Seit ein Kumho-Tochterunternehmen in Tianjin aber für negative Schlagzeilen gesorgt hat, bröckelt das Image des Reifenriesen bei Verbrauchern wie Autoherstellern.
Die Ursache für den Imageschaden war ein zum Weltverbrauchertag am 15. März ausgestrahlter Bericht des chinesischen Staatsfernsehens CCTV, der die Produktionspraxis in einem Kumho-Tochterunternehmen in Tianjin angeprangerte. Das Werk soll bei der Herstellung in großem Maße auf recycelte Reifen als Rohmaterial zurückgegriffen haben, was die Gefahr eines Reifenbruchs deutlich erhöhe, so der Bericht.
Kumho Tires war 1994 in den chinesischen Markt eingestiegen und unterhält heute vier Fabriken in China. Neben dem Werk in Tianjin betreibt das Unternehmen zwei Produktionsstätten in Nanjing in der ostchinesischen Provinz Jiangsu sowie eine weitere in Changchun in der nordostchinesischen Provinz Jilin. Nach den Vorkommnissen in Tianjin hat Kumhos Image in ganz China Schaden genommen.
Kumho Tires produziert derzeit landesweit jährlich rund 30 Millionen Reifen und beliefert namenhafte in- und ausländische Autohersteller in China, darunter Hyundai, General Motors, Volkswagen, Peugeot Citroën sowie den einheimischen Produzenten Great Wall Motors.
Autohersteller reagieren mit Rückrufaktion
Bisher hatten 16 Autohersteller in China bei insgesamt 35 ihrer Modelle auf Kumho-Reifen gesetzt. Die Negativschlagzeilen aber haben ihre Spuren hinterlassen. Am 12. April kündigten Beijing Hyundai Motor, Great Wall Automobile und Dongfeng Yueda KIA Motors gegenüber der Behörde für Qualitätssicherung, Inspektion und Quarantäne (AQSIQ) – Chinas höchster Instanz in Sachen Qualitätssicherung – eine groß angelegte Rückrufaktion an. Am 15. April riefen die drei Hersteller rund 75 000 betroffene Fahrzeuge mit Kumho-Reifen zurück. Beijing Hyundai Motor ordnete für rund 63 600 Autos eine Nachinspektion an, bei Great Wall Automobile waren es rund 4700, bei Dongfeng Yueda KIA Motors rund 6400 Wagen.
Zur Begründung hieß es in einem Bericht der drei Unternehmen, dass die Reifen der zurückgerufenen Fahrzeuge einen großen Anteil von recycelten Materialien enthielten, worunter möglicherweise die Qualität leide. Zum Schutz der Verbraucher werde man die Fahrzeuge prüfen und die Reifen kostenlos ersetzen.
Der Rückruf wird durch das Vertriebs- und Service-Netz der Autohersteller abgewickelt, wie die AQSIQ mitteilte. Die Verbraucher wurden für weitere Informationen auf die allgemeine Webseite der Behörde (www.aqsiq.gov.cn), das Service-Center für Produktreklamationen (www.dpac.gov.cn) und die chinesische Internetseite für Automobilrückrufe (www.qiche365.org.cn) verwiesen. General Motors Shanghai teilte mit, das Unternehmen werde alle Kundenbeschwerden und Anfragen zum Thema zügig bearbeiten.
Beijing Hyundai verwendete bisher für sieben seiner acht Modelle Kumho-Reifen. „Die Rückrufaktion bedeutet für uns eine große Belastung, sowohl was die Arbeitsleistung als auch unsere Betriebskosten angeht. Wir verhandeln derzeit mit Kumho Tires über Kompensationszahlungen. Noch können wir nicht eindeutig sagen, auf welche Höhe sich der Schaden belaufen wird", erklärte ein Mitarbeiter von Beijing Hyundai.
Es dürfte nicht billig werden, soviel steht fest. In einer vergleichbaren Aktion im Mai 2001 hatte der Autohersteller Ford nach eigenen Angaben drei Milliarden US-Dollar für den Austausch von 13 Millionen Firestone-Reifen aufwenden müssen.
Als Reaktion auf den Skandal kündigten einige Hersteller ihre Zusammenarbeit mit Kumho Tires auf. Bereits auf der Automobilausstellung in Shanghai verwendete ein Großteil von Kumhos früheren Kunden Reifen anderer Hersteller. Weder an den Modellen Golf, Satigar und New Bora von Volkswagen noch am Elantra und Verna von Hyundai waren Reifen der Marke Kumho zu sehen. Zusätzlich befeuert wurden die Bedenken der Autohersteller dadurch, dass die AQSIQ dem Tianjiner Werk ihr Qualitätssiegel entzog. Das dürfte zu Produktionsstopps für einige Automodelle führen.
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