Warum hat China sich gerade jetzt dazu entschlossen, den Wechselkurs des Renminbi flexibler zu gestalten?
Im Juli 2005 kündigte die Zentralbank an, künftig den Kurs der Landeswährung nach einem Währungskorb zu berechnen, in dem als wichtigste Währungen der Dollar, der Euro und der koreanische Won enthalten seien. Innerhalb der folgenden drei Jahre gewann so der Yuan 21 Prozent an Wert gegenüber dem Dollar. Im Angesicht der sich abzeichnenden amerikanischen Kreditkrise hob die chinesische Zentralbank im Juli 2008 diese Regelung jedoch wieder zu Gunsten einer de facto Bindung an den Dollar auf. Entsprechend gering sind die Schwankungen seitdem ausgefallen: der Preis für einen US-Dollar bewegt sich zwischen 6,82 und 6,84 Yuan.
„Unter den Stürmen der weltweiten Wirtschaftskrise kann sich die Lage durch eine weitere Aufwertung des Renminbi nur verschlimmern. Wenn man maßvoll die Schwankungsbreite des Wechselkurs verringert, ist dies besser für Chinas Wirtschaft, sie kann sich dann konstanter entwickeln. Eine stabile wirtschaftliche Entwicklung in China kann auch zur Stabilität der Weltwirtschaft beitragen", sagt Ba Shusong, Vizedirektor der Finanzakademie beim Entwicklungs- und Analysezentrum des Staatsrates. „Während des Höhepunkts der Wirtschaftskrise wurden die Währungen vieler Länder gegenüber dem US-Dollar in großem Umfang abgewertet, während der Renminbi statt Abwertung, sondern eine geringfügige Aufwertung erlebt hat. Von Juli 2008 bis Februar 2009 ist der Exportanteil am chinesischen Außenhandel um 16 Prozent gesunken, der Anteil der Importe aber nur um 11 Prozent, was erheblich zum Ankurbelung der Weltwirtschaft beigetragen hat."
Allmählich setzt sich jedoch auch in China die Auffassung durch, dass die Bewegung der Währung innerhalb einer engen Schwankungsbreite nur eine Notlösung vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise sein kann, keineswegs aber eine Dauerlösung.
„Die aktuelle Reform des Wechselkursmechanismus ist ein weiterer Reformschritt, der einer größeren Flexibilität der Währung dienen soll", sagt Ba Shusong. „Es ist kein neuer Reformansatz, sondern ein Voranschreiten auf dem Weg der von der Wirtschaftskrise nur unterbrochenen Reform."
Während der diesjährigen Tagung des Volkskongresses und des Landeskomitees der Politischen Konsultativ Konferenz meinte Zhou Xiaochuan, Präsident der Zentralbank, dass die Finanzpolitik, an der er während der Wirtschaftskrise in China festgehalten habe, früher oder später auslaufen werde.
Ha Jiming, Chefökonom und CEO der China International Financial Limited, meint, derzeit sei ein günstiger Zeitpunkt für eine Fortsetzung der Reformen des Wechselkursmechanismus der Landeswährung. Chinas Wirtschaft laufe derzeit stabil, was die Risiken einer Reform minimiere.
„Die Aussicht auf eine erhebliche Renminbi-Aufwertung ist gering, denn einige wirtschaftliche Eckdaten weisen in China inzwischen wieder nach unten und auch der Euro befindet sich auf Talfahrt. Wenn man jetzt die Reform des Wechselkursmechanismus fortsetzt, wird es nicht so leicht zu einer einseitigen Aufwertung des Renminbi kommen", so Ha Jiming.
Ist Flexibilisierung gleichbedeutend mit einer Aufwertung des Renminbi?
Grundlage der Kursermittlung seien nach wie vor Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt wie sie sich im Währungskorb spiegeln. „Es ist wünschenswert, die Reform der Wechselkurs-Politik voranzutreiben und die Flexibilität des Wechselkurses zu erhöhen", meint der Pressesprecher der Zentralbank Chinas. Es gebe allerdings keine Veranlassung für eine „Aufwertung im großen Stil".
Nach Auffassung von Experten ist eine Aufwertung des Renminbi nicht das Ziel weiterer Reformen des Wechselkursmechanismus. Vor allem wenn sich Chinas Außenhandelsbilanz ausgeglichener gestalte, entfalle ein wichtiges Argument für die Aufwertung der Währung.
Das allgemeine Umfeld für die Wirtschaftsentwicklung ist im Jahr 2010 besser als ein Jahr zuvor. Allerdings steht China im Prozess der Erholung der Wirtschaft noch vor zahlreichen Problemen. Aus Sicht der Weltwirtschaft dauert die Krise fort, und auch die Binnennachfrage ist längst noch nicht stark genug. Die Inflationsgefahr wächst. In einem derartigen Umfeld erscheint eine Aufwertung des Renminbi problematisch.
Hinzu kommt, dass die Regulierung des RMB-Wechselkurses in Bezug auf einen Korb von Währungen erfolgt, nicht nur gegenüber einer einzigen Währung. „Bekommen die Europäer zum Beispiel die Schuldenkrise in den Griff, wird sich der Wert des Euro gegenüber dem Dollar erhöhen. Da der Wechselkurs des Renminbi sich auch vom Währungskorb herleiten soll, wird der Kurs gegenüber dem Dollar vermutlich steigen. Verschlimmert sich Europas Verschuldung hingegen, wird dies den Euro nachhaltig abwerten, während der Wert des Dollars steigen wird. Der Renminbi wird dann gegenüber dem Dollar aber nicht aufwerten, sondern wahrscheinlich abwerten", sagt Ha Jiming.
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