„China wird den Zufluss von spekulativem Kapital unter Kontrolle halten, auch wenn die jüngsten Klarstellungen zur Geldpolitik eine Zufuhr von ´heißem Geld´ auslösen könnte", sagt ein ehemaliger Berater der Zentralbank.
Die chinesische Zentralbank veröffentlichte am vergangenen Samstag eine Erklärung zur Reform des Wechselkurssystems, in dem sie betonte, dass die Reform mit dem Ziel einer Erhöhung der Flexibilität der Wechselkurse fortgesetzt werde. Allgemein wurde dies als der Beginn einer Aufwertung der chinesischen Währung gegenüber dem US-Dollar interpretiert. In den letzten 23 Monaten wurde der Yuan gegenüber dem US-Dollar stabil gehalten.
Am Sonntag veröffentlichte die Zentralbank jedoch eine weitere Erklärung, in der sie betonte, dass ein stabiler Wechselkurs gehalten werde und keine drastische Veränderung im Wert des Yuan zu erwarten sei. „Es wird zu keiner einmaligen Anpassung des Yuan kommen. Die Wertveränderungen müssen kontrolliert werden um von Marktkräften verursachte Schwankungen zu vermeiden. Es gibt keine Basis für eine großangelegte Aufwertung des Yuan" ist in der Mitteilung vom Sonntag zu lesen. Des Weiteren wurde betont, dass der Yuan an einen Währungskorb gekoppelt werden soll. Der US-Dollar soll nicht der einzige Maßstab für die Beurteilung des Renminbi-Wechselkurses sein. Den Kurs auf einem vernünftigem und ausgewogenem Niveau zu halten, werde zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen und helfen, die chinesische Wirtschaft in Richtung Konsum und Dienstleistungen zu restrukturieren, heißt es weiter.
„Die Richtung ist damit klar: Der Yuan wird schrittweise aufgewertet", sagt Zhang Xiaojing, Ökonom an der Akademie für Sozialwissenschaften. „Obwohl eine Abwertung angesichts des fallenden Euros nicht ausgeschlossen ist, könnte der Yuan kurzfristig steigen", so Zhang weiter.
Dieser Ansatz hat jedoch die Befürchtung ausgelöst, das mehr Risikokapital ins Land fließen wird, um von der Aufwertung des Yuan zu profitieren. „Die Möglichkeit ist durchaus gegeben", bestätigt Yu Yongding, ein ehemaliges Mitglied im Komitee für Währungspolitik der Zentralbank. „Panik ist jedoch nicht angebracht. Vielmehr sollten wir eine gewisse Flexibilität zulassen, da wir so das grenzüberschreitende Kapital unter Kontrolle halten können", sagte Yu zu China Daily. „Mehr Flexibilität heißt aber nicht einseitige Aufwertung. Es wäre vielmehr eine zweiseitige Bewegung erforderlich, um Währungsspekulationen auszubremsen. Die Entscheidung, einen Währungskorb als Referenzwert für die chinesische Währung einzuführen wird auch der Politik mehr Spielraum geben, um grenzüberschreitendem Kapital Einhalt zu gebieten ", betont Yu, Direktor der chinesischen Gesellschaft für Weltwirtschaft.
Eine maßvolle Währungsaufwertung wird zwar den Zufluss von Risikokapital erhöhen, kann gleichzeitig aber auch dabei helfen, den negativen Kapitalverkehr einzugrenzen, äußeren sich Analysten hinsichtlich der aktuellen Debatte.
„Wenn die jährliche Aufwertung unter drei Prozent gehalten werden kann, wird es für Spekulanten schwierig sein, daraus Profit zu schlagen. Die Transaktionskosten wären dann in etwa genau so hoch, wie der Gewinn, den sie mit einem steigenden Yuan erwirtschaften könnten. Wenn der Yuan aufgewertet werden soll, dann nur in langsamen Schritten", meint Zhou Shijian, leitender Ökonom der Forschungsstelle für die sion-amerikanisch Beziehungen an der Tsinghua-Universität. „Eine vorschnelle Aufwertung würde die Kontrolle des Risikokapitals erschweren und der chinesischen Wirtschaft schaden." Als Beispiel führt er Statistiken über den Handelssektor, Insolvenzen und Arbeitsplatzverluste vom Oktober 2007 bis Juli 2008 an. In diesem Zeitraum wurde der Yuan um etwa elf Prozent gegenüber dem Dollar aufgewertet, verglichen mit rund acht Prozent in den vorangegangenen zweieinhalb Jahren. „Die Behörden haben aus den Erfahrungen dieser Jahre offenbar eine Lehre gezogen, wenn sie jetzt sagen, dass es keine einmalige Aufwertung des Yuan geben wird", sagte Zhou.
Seit 2005 ist der Yuan gegenüber dem US-Dollar um 21 Prozent gestiegen. Ökonomen zufolge kommt eine langsame Aufwertung der Wirtschaft zugute, könnte aber auch zu Unsicherheiten führen, da die europäische Schuldenkrise die chinesischen Exporte nach Europa,Chinas wichtigstem Handelspartner, dämpft. Ein steigender Yuan würde außerdem die Importe günstiger machen. Die Volksrepublik importiert große Mengen Öl und Eisenerz. Die wirtschaftliche Umstrukturierung würde ebenso die Dienstleistungs- und Konsumwirtschaft beschleunigen.
„Auf kurze Sicht werden auch die Anstrengungen zur Inflationsbekämpfung erfolgreich sein", sagt Nouriel Roubini, Wirtschaftsprofessor und Gründer der Unternehmensberatung Roubini Global Economics LLC. „Eine steigende Inflation und eine sukzessive Aufwertung des Yuan wären nicht nur für die USA nützlich, auch China selbst würde profitieren, da der Binnenkonsum begünstigt würde und der Kreditmarkt sich abkühlen könnte."
Die internationale Gemeinschaft hat positiv auf die neuesten Entwicklungen reagiert. US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Bewegung als einen „konstruktiven Schritt", der Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn bewertet die Entscheidung als „eine begrüßenswerte Entwicklung." „Chinas Entscheidung, die Wechselkurse zu flexibilisieren ist ein konstruktiver Schritt und trägt zur Erholung und Entwicklung einer ausgewogenen Weltwirtschaft bei", sagte Obama in einer Erklärung. Der IWF-Chef wies darauf hin, dass die neuen Entwicklungen im Reich der Mitte dazu beitragen könnten das chinesische Haushaltseinkommen zu erhöhen und außerdem die nötige Anreize schaffen würden um eine Neuorientierung der chinesischen Wirtschaft voranzutreiben. Auch die Europäische Union äußerte sich positiv: „Ein solches Vorgehen wird sowohl der chinesischen Wirtschaft, als auch der Weltwirtschaft zugute kommen", hieß es aus der Europäischen Zentralbank. |