24-05-2010
Im Focus
Goldgräberstimmung bei ausländischen Unternehmen auf der EXPO

 

Die Sonnenstrahlen gelangen durch das klare Wasser des Teiches in den unterirdischen Sitzungssaal. Die riesige Acryl Glaswand erlaubt den Blick auf die Mitte des Teichs, die kleine Meerjungfrau sitzt mitten im dänischen Expo-Pavillon, von den Besuchern mit Kameras umstellt.

Im Sitzungssaal unter dem Teich ergreifen die Dänen die einmalige Chance und erzählen, wie sie Umweltgeschichte geschrieben haben: „Heute ist in allen Häfen  Kopenhagens das Wasser von Badequalität, vor Jahrzehnten aber stank das Meerwasser zum Himmel. Wollen Sie wissen, wie wir das geschafft haben?" Die dänischen Unternehmer machen es spannend für die anwesenden chinesischen Beamten. 

Am 12. Mai nachmittags fanden sich hochrangige Regierungsbeamte aus mehreren Städten Chinas im dänischen Pavillon ein, sie machten eifrig Notizen und ließen sich geduldig die ökologischen Ideen Dänemarks erklären, um sie getrost in ihre Heimatstädte tragen zu können. Gleich nach dem Ende der Sitzung waren einige von ihnen bereits Feuer und Flamme: "Die Ideen sind gut, könntet ihr auch bei uns so ein Projekt durchführen?" 

Geschäfte folgen Ideen 

Aus dem Umkreis der EXPO stammt die Meldung, dass dänische Unternehmen mit zwei chinesischen Städten offizielle Vereinbarungen geschlossen hätten. Es geht um den Bau von Ökostädten. Das bedeutet, dass die dänischen Unternehmen nun mit vereinten Kräften eine Vielzahl an Aufträgen erhalten können: vom Entwurf bis zum Kauf der Ausstattung arbeiten diese Ökostädte nun hauptsächlich mit dänischen Unternehmen zusammen. Dabei spielt die Vermarktung der Okö-Ideen dänischer Art vor dem Hintergrund der EXPO eine entscheidende Rolle. 

„Beim Besuch chinesischer Ökostädte sehen wir oft Solarleuchten die Straßen säumen, die Botschaft soll sein, dass es dort sehr umweltfreundlich, sehr ökologisch zugeht. Darüber lässt sich allerdings streiten", klärt Yan Jianping, Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Grundfos Pumpen AG China die chinesischen Teilnehmer auf. 

In den Augen der Dänen seien die Solarzellen teuer in der Anschaffung und kurzlebig, weshalb sie nicht sehr lohnend für die Investoren seien. Außerdem belaste ihre Entsorgung stark die Umwelt. Dies sei weder nachhaltig noch umweltfreundlich. 

Durch „Zurechtbiegen" der chinesischen Öko-Ideen konnten dänische Unternehmen wie Grundfos bereits häufig größere Aufträge verbuchen. "All diese Projekte sind sehr einfach zu handhaben, kommen ohne viel Hightech aus und sind daher leicht realisierbar. Das ist in Dänemark schon längst gang und gäbe, nur die Chinesen sind wohl noch nicht darauf gekommen." 

Einigen dänische Unternehmen ist es durch den Ersatz von Dämm- und Baustoffen auf einfache aber effektive Weise gelungen, den Energieverbrauch zu reduzieren: „Wir finden, dass diese Methode noch umweltfreundlicher und emissionsärmer als der Einsatz von Solarzellen ist", wirbt Yan. Auf der EXPO scheint das Modell „Geschäfte folgen Ideen" aufzugehen.

 

Fachverbände als Strippenzieher 

Auf der Expo hinterlässt die gemeinsame Offensive der von Fachverbänden zusammengeführten kleinen und mittleren Unternehmen einen tiefen Eindruck. Der Ausstellungsbereich der Region Rhône-Alpes aus Frankreich in Zone E in Puxi steckt voller Geschäftsideen. 

„Der chinesische Markt ist groß genug für jede Menge Geschäftsmöglichkeiten",

meint Daniel Gouffe, Präsident der Entreprise Rhône-Alpes International (ERAI). Er trägt einen weißen Vollbart und blinzelt bei der Pressekonferenz freundlich in die Kameras der Fotografen.  

Dank seiner guten Vorbereitung haben die Mitgliedsunternehmen des regionalen Konsortiums bereits zahlreiche Aufträge aus dem Bereich traditioneller Branchen wie Lichttechnik und Skiausrüstung erhalten.

Das Nordostchina-Büro des Verbands hat Aufträge zur Anlage von mehr als zwanzig Skipisten erhalten, das Shenzhen-Büro hat den Auftrag zur Installation eines Teils der städtischen Beleuchtung dieser südchinesischen Metropole akquiriert.

Verbindungsbüros dieser Art haben die alpinen Franzosen bereits in 24 Ländern eröffnet. Der von Gouffe geführte Verband wurde 1987 gegründet und vertritt mit seinen mehr als 100 Mitarbeitern über 80 Unternehmen aus der Region Rhône-Alpes.  

 „Unser Verband wird von unserem Regionalparlament finanziert, deswegen ist unsere Investition auf der EXPO gleichbedeutend mit einer Investition der Region."

Zum Gesamtbudget von fünf Millionen Euro Budget hat die Region drei Millionen beigesteuert, die Stadt Shanghai ist mit zwei Millionen beteiligt. Der Wert der von den teilnehmenden Firmen gelieferten Ausstattung der Präsentation wird mit einer Million Euro veranschlagt. Diese Firmen trugen nicht nur den größten Anteil zum Budgets bei, sondern hatten sich auch ein gutes Stück vom Kuchen der Beleuchtungstechnik für das gesamte Expo-Gelände gesichert.  

Unternehmen aus der Region Rhône-Alpes konnten vier Projekte für die EXPO unter dem Namen „Strahlende Stadt" an Land ziehen. Gesamtwert für diese Projekte zur Straßen- und Gebäudebeleuchtung: Fünf Millionen Euro. 

Kleine und mittlere Unternehmen in Feststimmung 

 

Zeitgleich zur Eröffnung der EXPO feierte das German Center Shanghai auf seinem Gelände im östlichen Teil Pudongs die Eröffnung eines so genannten „Innovationspavillons" und den Pavillon für das deutsche Energie- und Schulungszentrum. Hier sollen Lösungsansätze deutscher Unternehmen in Sachen nachhaltiger Entwicklung, Energieeinsparung, Umweltschutz und modernem Stadtleben präsentiert werden.   

Bin Zhang, ein Manager des German Center Shanghai, sagt, dass die meisten der 34 am Bau und der technischen Ausstattung des Innovationspavillons beteiligten Unternehmen den Chinesen eher unbekannt seien. Aber das soll sich nun dank der Plattform zur Geschäftsanbahnung ändern, die mit den beiden Pavillons geschaffen worden ist, die dauerhaft auf dem Ausstellungsareal des German Centers stehen bleiben sollen.  

Da ist zum Beispiel der Baumaterialspezialist Baumit. Als technischer Partner des Innovationspavillons hat er Materialien und Technologien für das Wärmerhaltungssystem der Außenwände beigesteuert. 

"Im Zuge des großen Interesses, dass das Thema Nachhaltigkeit und Energieeinsparung auf der EXPO genießt, wird sich unsere Anwesenheit in Shanghai sicher auszahlen. Unsere führenden Technologien und innovativen Ideen zum Thema  Wärmeerhaltung werden gewiss eine größere Verbreitung finden", davon zeigt sich Hao Fan, Marktingchef der Baumit Baumaterial GmbH Shanghai im Interview überzeugt. 

Leenderson Panel Boards Holding aus Holland, z.B. erregte großes Aufsehen durch seinen Einsatz von Spanplatten aus Stroh beim Vanke-Pavillon, dem führenden Immobilienentwickler Chinas; der französische Veolia Umweltservice erweiterte seine Geschäftsmöglichkeiten durch die Übernahme der Entsorgung auf dem EXPO-Gelände ... Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. 

Den zahlreichen ausländischen Unternehmen bietet die Expo nicht nur umfangreiche Aufträge bei der Erstellung der Infrastruktur, der Lieferung von Baumaterial und dem Verkauf von Hi-Tech Geräten, sondern auch die einmalige Chance, ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen. Ersteres bedeutet kurzzeitige, ansehnliche  Gewinne, Letzteres aber vielleicht die noch viel attraktivere Aussicht, sich Zutritt zu Chinas Riesenmarkt der Zukunft zu verschaffen.