Mit dem wachsenden wirtschaftlichen Einfluss und dem politischen Status Chinas in der Welt ist das „China-Fieber" ausgebrochen. Nicht nur an den Universitäten, sondern auch an Schulen wird Chinesisch als reguläres Lehrfach eingerichtet. Nun konkurriert es mit den traditionellen Fremdsprachen Französisch und Spanisch.
Allein in Berlin kann man an über zehn Schulen Chinesisch als dritte oder sogar als zweite Fremdsprache wählen. Die Schüler können ab der 7. oder 8. Klasse Chinesisch als Wahlpflichtfach wählen und bis zum Abitur lernen. Wenn man möchte, kann man es auch als Prüfungsfach wählen. Vor sechseinhalb Jahren wurde ich vom Berliner Senat als Chinesisch-Lehrerin eingestellt. Bis jetzt habe ich schon im Bezirk Reinickendorf an vier Schulen Chinesisch-Unterricht erteilt. Viele Schüler interessieren sich für die chinesische Kultur und möchten gerne diese exotische Sprache lernen. Sie denken jetzt schon an ihre Zukunft und erhoffen sich von der chinesischen Sprache, dass sie für sie im Berufsleben vorteilhaft ist. Die Schüler haben wöchentlich drei oder vier Stunden Unterricht. Nach dem Rahmenplan wird auf Kommunikation und dazu noch auf die interkulturelle Kompetenz Wert gelegt. Das bedeutet, dass man außer der Sprache auch die chinesische Kultur kennenlernt und diese mit der eigenen vergleicht. Dies bereitet darauf vor, dass man sich später im Beruf mit verschiedenen Kulturen auseinandersetzen kann.
In der Didaktik strebt man nach moderner Methodik, also vielen spielerischen und kooperativen Lernmethoden. Besonders zu erwähnen ist die Lage an der Bettina-von-Arnim-Schule (Integrierte Sekundarschule mit gymnasialer Oberstufe): An dieser Schule wird Chinesisch auch als Kulturfach angeboten. Außer dem sprachlichen Unterricht haben die Schüler regelmäßig Projekte, in denen sie sich auch intensiv mit der chinesischen Kultur und Tradition auseinandersetzen. Dort feiert man z. B. wie in China das Frühlingsfest und das Mittherbstfest. Die Schüler bereiten dafür ein umfangreiches Programm vor. Die Vorführungen erfahren ein überwiegend positives Echo. Hierbei zeigen die Schüler nicht nur im Fach Chinesisch ihre sprachlichen Fähigkeiten, sondern sie präsentieren auch ihre interkulturelle Kompetenz. Jährlich findet ein Austauschprogramm mit einer chinesischen Schule statt, an dem sich die Schüler sehr aktiv beteiligen. Hierbei werden auch Berührungsängste mit der fremden Kultur überwunden. Die guten Erfahrungen und Erinnerungen werden auch in der Schülerzeitung weitergegeben.
Außerdem wird der Chinesisch-Unterricht sehr von der chinesischen Botschaft und anderen chinesischen Institutionen durch Lehrbücher und -kräfte unterstützt. Die Veranstaltungen von diesen Institutionen motivieren die Schüler auch beim Lernen.
Da die chinesische Sprache sich sehr stark von anderen Fremdsprachen unterscheidet, ist der Schwierigkeitsgrad wesentlich höher. Der Lernfortschritt ist dementsprechend nicht vergleichbar mit dem von europäischen Sprachen. Durch das Lernen hat man jedoch eine feste Basis und einen Überblick über das System und den Aufbau der Sprache. Viele Schüler sehen dann die chinesischen Schriftzeichen nicht mehr als „Geheimschrift", sondern als erlernbar an und haben dann auch Erfolgserlebnisse, wenn sie die Schriftzeichen lesen oder schreiben können. Insbesondere wenn man Chinesisch studieren möchte, kann man besser abschätzen, ob man für diese Richtung geeignet ist.
*Cao Yongjuan lehrt an mehreren Berliner Schulen Chinesisch. |