07-05-2010 Beijing Rundschau
Lokale Internetforen und Fragen von öffentlichem Interesse

People.com ist das Internetportal der „Volkszeitung", dem Zentralorgan der Kommunistischen Partei Chinas. Ihm angeschlossen ist das „Zentrum zur Erforschung der Öffentlichen Meinung". Diese Einrichtung versteht sich als Ohr der Partei, sie durchforstet das Internet, um einen Eindruck von der Stimmung unter der Bevölkerung zu bekommen. 

„Das Internet ist durch jähen Wechsel von Wind, Wolken und Sonnenschein geprägt, genau wie das Wetter," sagt Shan Xuegang, stellvertretender Direktor des „Zentrums zur Erforschung der Öffentlichen Meinung". In seinem Büro starrt er genauso  gebannt auf seinen Bildschirm, wie ein Meteorologe Bilder auswertet, die ein Wettersatellit zur Erde funkt. 

„Die ideale Reihenfolge der Problemlösung sieht doch so aus: Ein Vorfall, den man Missstand oder Skandal empfindet, wird im Internet publik gemacht. So zieht er größere Kreise und die zuständigen Behörden bemühen sich, dem Missstand abzuhelfen. Am Ende heißt es dann: Problem gelöst!" , so Shan weiter, „In Internet erfüllen Foren vor allem den Zweck der Aufdeckung von Missständen". Nach Angaben des Zentrums für die Erforschung der öffentlichen Meinung seien rund ein Drittel der 2009 in China publik gewordenen Skandale als erstes im Internet veröffentlicht worden.

Verbreitung aller Missstände keine Ideallösung

Professor Mao Shoulong vom Forschungsinstitut für Informationspolitik an der Volksuniversität in Beijing ist ein bekannter Verwaltungsexperte. Er schätzt die Rolle des Internet für die Gesellschaft sehr hoch ein. Sein Interesse am weltweiten Netz ist nicht nur beruflicher Natur: in seiner Freizeit schreibt er in seinen Blogs und Microblogs. 

„Traditionell wird öffentliche Meinung durch die Abgeordneten des Volkskongresses oder die Mitglieder der Politischen Konsultativkonferenz artikuliert," sagt Mao Shoulong. Zudem kann das Volk durch Eingaben und Vorsprache bei Beschwerdestellen seine Meinung äußern. Medienberichte, Umfrageergebnisse, wissenschaftliche Studien von Gelehrten seien weitere Kanäle für die Veröffentlichung von Meinungen.

„Das Internet hat die Situation doch verändert, durch dieses neue Medium werden alle bestehenden Kanäle miteinander verbunden; es ist eine neue Plattform zur Meinungsäußerung entstanden", so Mao Shoulong.

Shan Xuegang ist der Auffassung, dass das Internet als öffentliches Meinungsforum kostengünstig sei und rasche Wirkung zeitigt, weshalb Lokalregierungen mit Hilfe des Internets eine ganze Reihe der gesellschaftlichen Probleme lösen können.

Shan hält allerdings wenig davon, Skandale gleich an die große Glocke landesweiter Foren zu hängen: „Viel wichtiger ist es doch, ein Problem zu lösen, anstatt mit ihm in ganz China hausieren zu gehen und dabei viel Staub aufzuwirbeln." Für ihn ist es demnach nicht die beste Lösung, ein Problem unter einem Druck zu lösen, der landesweit von der Öffentlichkeit ausgeübt wird. Er setzt darauf, dass lokale und regionale Foren künftig eine größere Rolle bei der Bekanntgabe und Lösung von Missständen spielen werden.

Der kurze Weg: geringe Kosten, rasche Lösung

Im März hat sich ein Internetbenutzer namens „Renzheng" („Sorgfältig") in der Stadt Changzhou in der Provinz Jiangsu eine Belohnung verdient. Im Juli 2009 hatte sich „Renzheng" im lokalen Forum bbs.zhong5.cn in einem Beitrag darüber beklagt, dass das Wasser des Beitang-Flusses gelb verfärbt sei, die alarmierte Umweltbehörde aber zu langsam reagierte und so nicht den Verursacher der Verschmutzung ermitteln konnte. „Renzheng" übte heftige Kritik am Behördenleiter, den er zum Rücktritt aufforderte. Viele Internetuser schlossen sich dieser Kritik an. Am darauffolgenden Tag antwortete die Umweltbehörde im Internet, dass sie die Kritik begrüße und bemüht sein werde, den Verursacher des Umweltskandals zu ermitteln. Dies geschah dann auch in der Folgezeit, das betreffende Unternehmen wurde mit einer empfindlichen Strafe belegt. Am 11. März 2010 gab der Direktor der Umweltbehörde auf bbs. Zhong5.cn bekannt, dass „Renzheng", der ihn vergeblich zum Rücktritt aufgefordert hatte, eine Belohnung von 2000 Yuan erhalten soll.

„Der Internetbenutzer hat eine ehrliche Kritik geäußert, die Regierung reagierte positiv, das Problem wurde gelöst," sagt Shan, das Beispiel von „Renzheng" zeichne ein anschauliches Bild davon, wie man durch ein lokales Forum effektiv Probleme aus der Welt schaffen kann, indem man öffentlichen Konsens herstellt und dadurch allgemeine Anerkennung findet.

Shan Xuegang erklärt, dass sich in lokalen Foren mehr Menschen aus der Umgebung versammelten, die bei Gleichheit ihrer Interessen leicht Übereinstimmung erzielen könnten. Außerdem könnten Probleme bereits im Prozess ihres Entstehens erkannt und zur Sprache gebracht werden.

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