08-12-2009 Quelle: China Daily Präsident der Europäischen Handelskammer: Überkapazitäten schaden der chinesischen und der europäischen Volkswirtschaft von Joerg Wuttke
![]() Nach dem EU-China-Gipfel von Nanjing stellt sich die Frage nach dem Zustand der chinesisch-europäischen Beziehungen. Eine Bestandsaufnahme ist fällig und eine Betrachtung darüber, wie sich die Beziehungen zwischen Europa - dem größten Markt der Welt - und China - der erstaunlichsten Comeback-Geschichte in der Wirtschaftsgeschichte aller Zeiten - verbessern lassen. Ende 2008 befanden sich die Wirtschaftsbeziehungen auf einem Tiefpunkt, mittlerweile aber mehren sich die Anzeichen, dass beide Seiten auf den Weg des Dialogs zurückgekehrt sind. Glücklicherweise steht ein Konfrontationskurs, bei dem beide Seiten auf sich selbst und die Konsolidierung ihrer eigenen Wirtschaft fixiert wären, nicht länger auf der Tagesordnung. Angesichts der Herausforderungen durch wachsende Arbeitslosigkeit in Europa und durch steigenden Einfluss bestimmter Interessensgruppen in China, die darauf aus sind, ihre Monopole zu festigen, stehen gegenwärtig weder in den europäischen Hauptstädten noch in Beijing die Zeichen auf Liberalisierung von Handel und Kapital. Allerdings gibt es auch eine Reihe von positiven Signalen: zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen hat die EU schnell reagiert und ihr Beratungsbüro für Urheberrechtsfragen in Beijing personell verstärkt. Auf chinesischer Seite sind einige Projekte zur Mittelstandsförderung angestoßen worden. Es bleibt ein Problem, von dem beide Regierungen betroffen sind: Überkapazitäten in der Weltwirtschaft. Die Beijinger Zentralregierung hat dieses Problem in Angriff genommen. Bereits am 26. August hat der Staatsrat ein Statement veröffentlicht, in dem Überkapazitäten als ein ernsthaftes Problem vieler Branchen bezeichnet wurde. Namentlich wurden genannt: Eisen und Stahl, Zement, Flachglas für die Bauindustrie, Kohlechemie, Silikonherstellung und Windanlagen. Die schärferen Kontrollmaßnahmen enthalten Zugangsbeschränkungen zum Markt, verschärfte Umweltkontrollen, verbesserte Aufsicht über die Landnutzung und strengere Regeln der Kreditvergabe.
Bericht über Überkapazitäten Die EU-Handelskammer begrüßt und unterstützt diese Maßnahmen. Letzte Woche hat die Kammer eine Studie herausgegeben, die Einblick bietet in die Problematik übermäßiger Produktionskapazitäten und – das ist noch wichtiger – Empfehlungen ausspricht, wie man diese Probleme in den Griff bekommt. In der Studie wird herausgestellt, dass in China Überkapazitäten schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Die extrem geringen Nutzungsraten in Branchen, die Überkapazitäten aufgebaut haben gehen Hand in Hand mit der Verschwendung von Ressourcen. Die Firmen sparen an allen Ecken und Enden und vernachlässigen dabei oft Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsstandards und umgehen Arbeits- und Sozialgesetze. Unternehmen in Branchen mit Überkapazitäten leiden unter geringen Gewinnen und Geldmangel für die Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, was Innovationen behindert. Während auf der einen Seite Banken den Ausbau überflüssiger Kapazitäten finanzieren, wächst die Gefahr fauler Kredite. Zugleich werden die globalen Auswirkungen durch wachsende Spannungen in Handelsfragen spürbar. Da sich diese Reibereien negativ auf die Wertschöpfungskette auswirken, gefährdet dies die positiven Effekte der Globalisierung. Unsere Studie hat herausgefunden, das Überkapazitäten entstehen durch - Hohe Geldreserven, die durch die Rücklage von Gewinnen staatseigener Betriebe entstehen; - Einbruch der Nachfrage auf Exportmärkten, vor allem in den USA; - Schwache Inlandsnachfrage; - Mangelnde Konsequenz bei der Durchsetzung von Regulierungsmaßnahmen; - Niedrige Entstehungskosten aufgrund staatlicher Fördermaßnahmen; - Zu geringe Geldbeschaffungskosten in China; - Ein Steuersystem, das Lokalregierungen dazu ermutigt, zu viel Kapital anzuziehen; - Protektionismus auf lokaler und regionaler Ebene; - Kostengünstige und leichte Verfügbarkeit von Technologie; - Regionalismen, die zu einer Fragmentierung industrieller Produktion führen; - Nicht vollständig implementierte Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsstandards - Überbetonung des Strebens nach Marktanteilen anstelle von Rentabilität. Die Studie zeigt auf, dass die von der chinesischen Regierung in letzter Zeit ergriffenen Maßnahmen zum Abbau der Überkapazitäten ein wichtiger erster Schritt sind. Die europäische Geschäftswelt in China sieht jedoch noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten der Verbesserung und unterbreitet in diesem Zusammenhang mehr als dreißig Vorschläge, darunter: - Bemühung um Verringerung des Kapitaleinsatzes; - Verstärkte Ausschüttung von Dividenden bei Staatsunternehmen und Verteilung der Gewinne auf die chinesischen Haushalte (indirekt durch Staatsausgaben für soziale Absicherung, Gesundheitsfürsorge und Bildung); - Erhöhung staatlicher Aufwendungen für ein Renten- und Gesundheitssystem mit dem Ziel, ein soziales Netz zu schaffen, das es Privathaushalten ermöglichte, mehr zu konsumieren; - Öffnung des Marktes für spezialisierte, effiziente private Anbieter von Finanzdienstleistungen durch die Förderung kleiner und mittlerer Betriebe und privaten Risikokapitals; - Reform des Steuersystems, die der lokalen und regionalen Regierung eine bessere Finanzierung ermöglichte; - Weitere Öffnung des Dienstleistungssektors für private Anbieter und Förderung des Wettbewerbs; - Verbesserung der geistigen Eigentumsrechte, damit Innovationen geschützt sind und chinesische Unternehmen den Anreiz erhalten, mehr Geld für Forschung und Entwicklung aufzuwenden; - Verbesserung der Marktbedingungen für mittelständische Unternehmen; - Die konsequentere Durchsetzung von Umwelt-, Sicherheits- und Gesundheitsstandards sowie des Arbeitsrechts; - Anpassung der Entstehungskosten durch Anhebung der Rohstoffpreise und die Erhebung von Umweltschutzabgaben; - Reduzierung der Subventionen für Energie, die der Industrie geliefert wird, und eine Anpassung der Gebühren für Strom, Wasser und Gas sowie die Erhebung einer Kohlenabgabe. - Schrittweise Aufwertung des Yuan.
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