21-05-2009 Beijing Rundschau
Chancen und Risiken der Schnäppchenjagd
von Niu Yingju

Mit der Ausweitung der Wirtschaftskrise ist der Börsenwert vieler internationaler Finanzinstitute und Industriebetriebe erheblich gesunken, so dass immer mehr chinesische Unternehmen im Ausland auf „Schnäppchenjagd“ gehen, um in Bedrängnis geratene Firmen ganz oder teilweise zu übernehmen. Mit von der Partie sind eine Reihe von Automobilherstellern und Zulieferern. So hat Cheely kürzlich das bislang noch von Autobauern unabhängige, auf Getriebe spezialisierte Unternehmen DSI übernommen. Weichai Power Co.,Ltd. hat zum Preis von 2,99 Mio. Euro durch ein Tochterunternehmen die französische Moteurs Baudouin ersteigert.

Risiken und Chancen

Die Wirtschaftskrise bietet China eine günstige Gelegenheit zur Übernahme von ausländischen Unternehmen, denn viele von ihnen leiden derzeit unter Liquiditätsmangel. Autokonzerne sehen sich gezwungen, ihre Marken oder Tochterunternehmen abzustoßen, um an flüssiges Kapital heranzukommen und die Kosten zu reduzieren. Außerdem gibt es für chinesische Unternehmen nun viel weniger Vorbehalte und administrative Hürden zu überwinden, um sich im Ausland einzukaufen. In früheren Jahren waren Übernahmewünsche chinesischer Unternehmen oft an den Bedenken gescheitert, die viele westliche Manager und Politiker gegenüber der nach wie vor hohen Staatsbeteiligung an Unternehmen aus China haben. Angesichts der Finanzkrise müssen sich nun jedoch europäische und amerikanische Firmen alle Mühe geben, um Kapital zu akquirieren. Dadurch hat sich die Bereitschaft erhöht, Beteiligungen staatseigener Unternehmen aus China zu akzeptieren.

Allerdings lauern auch Gefahren der Expansion: die Perspektiven scheinen günstig, aber auch die Risiken sind nicht zu unterschätzen. Im Zuge der Wirtschaftskrise ist die ökonomische und gesellschaftliche Stabilität vieler Länder ins Schwanken geraten. Der tatsächliche Wert von Übernahmekandidaten lässt sich deshalb nur sehr schwer einschätzen. Der erste Schritt zu einer erfolgreichen Übernahme ist die realistische Betrachtung des materiellen und immateriellen Werts des Zielunternehmens. Daraus leitet sich der angemessene Preis für eine Übernahme ab. Setzt man den Wert zu hoch an, kauft man sich zu teuer ein und verfügt nicht mehr über ausreichende Mittel für eine Sanierung des Unternehmens.

Außerdem lässt sich nur schwer entscheiden, welches Unternehmen für eine Übernahme geeignet ist. Was auf den ersten Blick als eine kluge Wahl erscheint, stellt sich immer dann als höchst problematisch heraus, wenn zwei grundverschiedene Unternehmenskulturen aufeinander stoßen und sich die Neuerwerbung nicht oder nur unter großen Mühen in den Konzern des Käufers integrieren lässt. Die missglückte Fusion von Daimler und Chrysler ist ein warnendes Beispiel aus jüngerer Zeit. Bei Übernahmen westlicher Firmen durch chinesische Unternehmen spielt die größte Rolle Technologietransfer, der gute Klang eines traditionsreichen Markennamens und die internationalen Distributionskanäle, welche von der Neuerwerbung in den Konzern eingebracht werden. Ob sich die gewünschten Effekte aber wirklich realisieren lassen, hängt davon ab, ob das Management zur Integrationsleistung in der Lage ist. Und die ist noch immer die größte Herausforderung für chinesische Unternehmen.

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