Meinungen zum Prozess um Milchskandal

Das "Jangtse Abendblatt" (Regionalzeitung aus Nanjing, Hauptstadt der Provinz Jiangsu) schreibt am 1. Januar 2009 in einem Kommentar:

"Die Frage nach Leben oder Tod von Tian Wenhua, der Geschäftsführerin der Sanlu GmbH, ist im neuen Jahr zweifellos im Fokus der in- und ausländischen Medien. Allerdings finde ich, dass man dieser Frage weniger Aufmerksamkeit schenken sollte als der Frage der Entschädigung der Opfer des Milchskandals."

Internetuser "Jishuifeishi" am 27. Dezember 2008 im Forum von cctv.com (die offizielle Homepage des chinesischen Staatsfernsehens):

"Tian hat abscheuliche Verbrechen begangen. Wenn wir sie umbringen, löst das aber noch lange nicht die zahlreichen sozialen Probleme des Landes. In allen Bereichen herrschen doch jede Menge „ungeschriebener Gesetze". Jeder weiß, dass dies nicht gut ist für unsere Gesellschaft. Aber jeder greift auf sie zurück. Wie viele Leute haben denn tatsächlich selbst ihre Abschlussarbeiten geschrieben und bei der Uni eingereicht? Die kleinen Reklamezettel mit Handynummern, auf denen die Vermittlung gefälschter Bildungsnachweise, Bescheinigungen und Ausweise angeboten werden, sind überall in unseren Städten zu sehen. Kann das Tod von Tian all diese Probleme lösen? Der Milchskandal wurde nicht von Tian, einer Einzelperson, verursacht. Die betroffenen Kinder wurden nicht nur von ihr ums Leben gebracht. Wir sollten die volle Wahrheit ermitteln."

Internetuser "Tea 3000" am 31. Dezember 2008 im Forum von people.com (Homepage der "Volkszeitung", der Zeitschrift der Kommunistischen Partei Chinas):

"Die Strafe für Tian soll nicht zum Schutzschild für andere Milchfirmen wie Mengniu, Bright und Yili werden. Die Öffentlichkeit hat Anspruch darauf, die Wahrheit zu erfahren. Die Regierung soll den Bürgern die Verantwortung übertragen."

Welch bittere Ironie: unter den Hunderten von Auszeichnungen, die Tian errungen hat, findet sich auch diese: "Ehrung für vorbildliche Jugendarbeit"!