04-01-2009 Beijing Rundschau
Prozeß um Milchskandal

Familien, deren Kinder durch den Konsum von Milch aus verunreinigtem Milchpulver Gesundheitsschäden davongetragen haben oder sogar gestorben sind, reagierten bestürzt und verärgert auf Pressemeldungen, wonach eine der Hauptangeklagten vor Gericht eingeräumt hatte, bereits monatelang vor der Aufdeckung des Skandals von der Verunreinigung des Milchpulvers gewusst zu haben.

Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Xinhua hat Tian Wenhua, die ehemalige Geschäftsführerin der Shijiazhuang Sanlu Group Co.,in der Hauptverhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt und sich schuldig bekannt, verfälschte, qualitativ minderwertige Waren produziert und in den Handel gebracht zu haben.

Sie gab zu, bereits im Mai 2008 von Beschwerden aus dem Kreis der Verbraucher gewusst zu haben, die auf eine Unbekömmlichkeit von Sanlu-Produkten hingewiesen hatten. Sie habe die Lokalbehörden in Shijiazhuang darüber in Kenntnis gesetzt und stillschweigend im August einige Produkte aus dem Großhandel zurückgezogen. Allerdings verständigte sie nicht die Gesundheitsbehörden der Zentralregierung und startete erst im September eine Rückrufaktion.

"Ich hasse Sanlu und Frau Tian”, sagt Zhang Bao aus der Provinz Guangdong, dessen einjähriger Sohn durch den Konsum verunreinigter Milch Nierensteine bekommen hatte und sich im Juni vier Operationen unterziehen musste. Weil Sanlu die Verunreinigung des Milchpulvers geheim gehalten hatte, verabreichte die Familie dem Kleinen noch während seines Krankenhausaufenthalts Milch, die aus Sanlu-Milchpulver stammte.

"Wenn sie uns über die Probleme mit ihrem Produkt schon im Mai in Kenntnis gesetzt hätten, wäre meinen Sohn eine harte Zeit erspart geblieben”, sagt Zhang Bao.

Nach Angaben der Behörden sind 294 000 Kinder unter drei Jahren nach dem Genuss vergifteter Milch erkrankt. Sechs Säuglinge sind daran gestorben. 22 Betriebe der Milchindustrie hatten im vergangenen Jahr Milchpulver auf den Markt gebracht, das mit Melamin versetzt war. Melamin ist eine Chemikalie, die bei der Herstellung von Kunststoff verwendet wird und die, wenn man sie Milch beimengt, einen höheren Proteingehalt der Milch vortäuscht.

Neben Tian Wenhua stehen gegenwärtig drei weitere Personen aus der Führungsetage von Sanlu vor Gericht. Siebzehn weitere Anklagen, darunter gegen Leute, denen der Verkauf von Melamin zu Zwecken der Milchpanscherei vorgeworfen wird, sind bislang erhoben worden.

Einer der angeklagten Sanlu-Manager, Wang Yuliang, der frühere stellvertretende Generaldirektor, erschien im Rollstuhl vor den Schranken des Gerichts. Infolge eines fehlgeschlagenen Selbstmordversuchs ist er gelähmt. Er sei in Tränen ausgebrochen und habe Reue gezeigt für alles, was er den Kindern und ihren Familien an Leid zugefügt habe, heißt es in der Xinhua-Meldung.

Der Skandal, der zu einer der bislang größten Vertrauenskrisen in die Unbedenklichkeit chinesischer Lebensmittel geführt hat, schädigte die Milchindustrie des Landes nachhaltig und führte zu einer Reihe von Einfuhrverboten chinesischer Milchprodukte überall in der Welt. Das Milchpulver aus dem Hause Sanlu ist dabei durch einen besonders hohen Gehalt des giftigen Melamins aufgefallen.

Es werden keine weiteren Gerichtsauftritte von Frau Tian erwartet. Ihr Anwalt, Liu Xinwei, rechnet damit, dass das Urteil in etwa einem Monat ergeht und lehnt jeden weiteren Kommentar ab. Er sagte, dass seine Mandantin möglicherweise eine lebenslange Haftstrafe zu erwarten habe.

Yi Yongsheng, ein Dorfbewohner aus der Provinz Gansu, der seinen Sohn im Säuglingsalter verloren hat, sagt über Tian Wenhua: "Sie wirkt so gütig. Wie konnte sie nur so eine böse Sache tun, nur um damit Geld zu machen?”.

Sein Sohn Yi Kaixuan war im November 2007 gesund zur Welt gekommen, hatte in der Folgezeit jedoch Probleme beim Wasserlassen. Die Ärzte fanden heraus, dass eine schwere Schädigung der Nieren vorliegt, konnten aber nicht die Ursachen für die Erkrankung feststellen. Das Kind starb im Mai 2008. Yi Yongshen sagt, dass er bis auf zwei Fotografien und einem Paar gehäkelter Babyschuhe alles verbrannt habe, was an seinen Sohn erinnerte, denn der Schmerz über den Verlust sei zu groß.

Ji Cheng, ein Rechtsanwalt, der einige der betroffenen Familien, die sich dazu entschlossen haben, Sanlu auf Schadensersatz zu verklagen, beraten hat, ist der Meinung, dass die Tatbestände, deren die Verantwortlichen der Firma Sanlu angeklagt sind, schärfer gefasst werden sollten, denn „da sie wussten, dass ihre Produkte Melamin enthielten, haben sie vorsätzlich gehandelt."

 
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